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Brosius-Gersdorf zieht zurück: Blamage für SPD und Union im Bundestag


Brosius-Gersdorf zieht zurück
Das Gewürge ist vorbei

MeinungEin Kommentar von Christoph Schwennicke

07.08.2025 - 14:27 UhrLesedauer: 2 Min.
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Richterwahl geplatzt: SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf zieht sich zurück (Quelle: dpa)
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Frauke Brosius-Gersdorf hat ihre Kandidatur für einen Richterposten im Bundesverfassungsgericht zurückgezogen. Damit ist ein erbärmliches Schauspiel beendet, in dem sich alle politisch Beteiligten blamiert haben.

Wenn es ein Gutes im Schlechten gibt in diesem Trauerspiel auf dem Theaterboden des Deutschen Bundestags, dann das: Das Gewürge ist vorbei. Frauke Brosius-Gersdorf hat ihre Odyssee hinter sich. Man möchte der achtbaren Juristin einfach nur alles Gute wünschen und alle Kraft, diese Kafkaeske zu verarbeiten, die sie im Bemühen um einen Posten als Bundesverfassungsrichterin auf SPD-Ticket durchleben musste.

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Wenn man sich vor Augen führt, was es für eine Spitzenjuristin bedeuten muss, bald vielleicht ganz oben in der Judikative dieses Landes über dessen Verfassung und seine Einhaltung zu wachen, kann man in etwa ermessen, was dieser jähe Absturz bedeutet.

Ansonsten aber: auch jenseits der Ex-Kandidatin nur Verlierer, wohin man schaut.

Da ist zunächst die SPD-Bundestagsfraktion. Sie hat offenbar nachlässig gearbeitet beim Einfliegen ihrer Kandidatin. Wer so eine Personalie vorbereitet, muss alle etwaigen Einfallstore für Kritik (und Häme und üble Nachrede) sehen und vorher so wasserdicht wie möglich machen. Das Gebräu aus Zitaten und Verzerrungen hätte jeder einigermaßen versierte Krisenkommunikator kommen sehen können. Stattdessen hat die SPD ihre Kandidatin ohne Asbestanzug ins Feuer geschickt. Tragisch.

Zweitens hat sich die Union, genauer die Unionsfraktion und deren Vorsitzender Jens Spahn aufs Peinlichste blamiert. Viele ihrer Abgeordneten haben die Jauchebrühe bereitwillig absorbiert und sich zu eigen gemacht, die von einem rechtskonservativen Pöbel angerührt wurde. Ehrabschneidend, wahrheitswidrig. Und sich nicht davon distanziert, als immer deutlicher wurde, dass die Vorwürfe nicht haltbar sind.

Ein Bamberger Bischof hat diese Größe gezeigt und Frau Brosius-Gersdorf öffentlich rehabilitiert, nachdem aber auch er sich erst hatte aufwiegeln lassen. Warum haben das Spahn und seine Fraktion nicht geschafft? Einfach trotzig am Fehler festhalten – das spricht weder für die politische noch die sittliche Reife dieser Parlamentarier.

Auch der Kanzler ist beschädigt

Beschädigt ist damit auch die Koalition als Ganzes, inklusive ihres Kanzlers, der seinen Vorgänger Scholz einmal abschätzig einen "Klempner der Macht" genannt hat. Vielleicht sollte Friedrich Merz in dieser hohen Handwerkskunst doch besser noch mal einen Schnellkursus besuchen, bevor sich ein Vorgang dieser Dimension wiederholt. Seine eigene Wahl ging schließlich auch fast in die Hose.

Verloren hat schließlich auch und zuvorderst die Debattenkultur in diesem Land. Nichts wird in einer heißgelaufenen Social-Media-Welt noch einmal durchdacht, geschweige denn gecheckt. Stattdessen lassen sich bis in die höchsten Kreise des Politischen allzu viele einfach triggern und sofort zu einer Reaktion verleiten, die nur mehr von Reflex und nicht von Reflexion künden.

Es ist ein großes Privileg, als Abgeordneter oder Abgeordnete nur dem eigenen Gewissen gegenüber Rechenschaft schuldig zu sein. Dieses Privileg ist aber verbunden mit der Pflicht, vorher das Hirn einzuschalten und nicht aus dem Rückenmark heraus zu agieren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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