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Habeck-Rentner Stefan Niehoff: Meme bringt ihm AfD-Honorar ein


Vortrag zum "Schwachkopf"-Fall
Habeck-Rentner hat Honorarvertrag der AfD in der Tasche

Von t-online, law

27.06.2025 - 18:58 UhrLesedauer: 4 Min.
Nicht mit leeren Taschen: Rentner Stefan Niehoff bekam ein (übliches) Honorar, durch das Foto wurde es bekannt.Vergrößern des Bildes
Nicht mit leeren Taschen: Rentner Stefan Niehoff (l.) bekam ein Honorar, durch das Foto wurde es bekannt. (Quelle: Afd_Fraktion im Bundestag/Montage: t-online)
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Die AfD lädt sich zum Thema Meinungsfreiheit Rentner Stefan Niehoff ein, der nach einem "Schwachkopf"-Meme die Polizei im Haus hatte. Ein Detail auf dem Foto vom Besuch macht Furore.

Ein voll besetzter Saal, in dem sonst ein Ausschuss des Bundestags tagt. Neben den Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner und Martin Renner sitzt Stefan Niehoff und erzählt vom 12. November 2024: Ein Polizeibesuch machte ihn da bundesweit bekannt. Niehoff ist zu einer Galionsfigur geworden für jene, die eine übergriffige Justiz als willige Vollstreckerin einer politischen Elite sehen, die die Meinungsfreiheit einschränken wolle. AfD-Chefin Alice Weidel ließ sich prompt mit dem Franken fotografieren, als der am Mittwoch zu einer Veranstaltung "Für die Freiheit der Rede" eingeladen war.

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Das gemeinsame Foto und ein weiteres Bild mit Brandner verrieten ein Detail, das danach im Netz zum Spott über die AfD diente: Niehoff wurde von der AfD bezahlt. Allerdings ist das gar nichts Ungewöhnliches.

Beim Zoomen in das Foto ist zu erkennen, dass in Niehoffs Brusttasche ein Stück Papier steckt – Aufschrift: "Honorarvereinbarung". Das entdeckte eine Nutzerin im Netzwerk X, wo AfD-Anhänger Bilder von dem Treffen verbreiteten, und postete den vergrößerten Ausschnitt. Dieser zog dann rasch Kreise. So ein Posting sei "einer der Gründe, X und die Findigkeit der X-User, trotz allem zu lieben", meint Andreas Kynast aus dem ZDF-Hauptstadtstudio. Die Findigkeit bekämen alle Parteien zu spüren und "oft genauso zu Recht". Nutzer schauen genau hin, greifen kuriose Details auf – und plötzlich geht es um ganz andere Dinge als vom Politiker im Posting ehemals beabsichtigt.

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Bezahlung von Referenten bei Fraktionsveranstaltungen üblich

Weidels Sprecher Daniel Tapp kommentiert die Entdeckung auf Anfrage von t-online amüsiert: "In den aktuellen Zeiten ist es doch schön, wenn man auch mal etwas Lustiges findet." In den Vorgang war er nicht eingebunden. Ein Sprecher der AfD-Fraktion bestätigte t-online, dass Niehoff, der mit Tochter und Ehefrau nach Berlin gereist war und seine Kosten erstattet bekam, auch ein Honorar gezahlt wurde.

Ein Aufreger sei das aber nicht, heißt es aus anderen Fraktionen. "Wenn es kein exorbitanter Betrag war – und das ist unwahrscheinlich." Wenn Arbeitskreise Referenten einladen, würden regelmäßig Honorare gezahlt. Ein Formular der Bundestagsverwaltung für eine Honorarvereinbarung gibt es nicht. Die Abwicklung liegt bei der jeweiligen Fraktion.

Bei der Planung solcher Veranstaltungen werden Kostenaufstellungen gemacht, die von Arbeitskreisverantwortlichen oder dem Fraktionsvorstand genehmigt werden müssen. In vielen Fällen bekomme man Referenten für Veranstaltungen gar nicht, wenn man ihnen nicht ein Honorar zahle. Diese Aufwände bewegten sich hierbei im dreistelligen Bereich. Einblick nimmt später möglicherweise der Bundesrechnungshof, der schaue dabei auch genau hin und prüfe die Plausibilität.

Sieben Minuten spricht Niehoff vor der AfD-Fraktion

Wie viel Niehoff gezahlt wurde, will die AfD-Fraktion nicht verraten. Nach Informationen von t-online lag der Betrag im unteren bis mittleren dreistelligen Bereich. Niehoffs Auftritt bei der Veranstaltung ist in einer Aufzeichnung zu sehen – er dauert sieben Minuten.

Dort erzählt Niehoff, was bereits durch die Presse ging. Beim Aktionstag gegen Hasskriminalität im November klingelte es morgens um 6.15 Uhr an seiner Tür. Niehoff sprang aus dem Bett, das er sich mit kleinen Kampfhunden teilt, während Frau und Tochter in einem anderen Stock schlafen. Im Schlafanzug öffnete er den zwei Polizisten die Tür.

Am Küchentisch mit den Beamten las er den Durchsuchungsbeschluss. Auf der ersten Seite stand etwas von "Paragraf 130 Volksverhetzung", auf der zweiten Seite das, was dann republikweit viel Empörung auslösen sollte: Vorgeworfen wurde ihm eine Straftat nach Paragraf 188. Dieser umfasst gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung. Konkret ging es um ein Bildchen – angelehnt an das Logo der Kosmetikmarke "Schwarzkopf" – aber mit einem Schattenriss von Robert Habeck und dem Text "Schwachkopf". "Wegen dem Schwachsinn steht ihr so früh auf und weckt mich?", habe er den Polizisten gesagt.

"Der PC bleibt hier!"

Die Beamten wollten seine elektronische Geräte mitnehmen als möglichen Beweis, dass er den Kommentar gepostet hatte. "Ich habe gesagt, der PC bleibt da. Das Tablet könnt ihr mitnehmen." Hierauf gewährte er den Beamten Zugriff auf seinen X-Account, in dem er den Beitrag gepostet hatte. Der PC blieb da, die Beamten gingen mit dem Tablet.

Niehoff erzählt ferner, wie er die Medienlawine ins Rollen brachte: "Ich habe die einschlägigen Medien kontaktiert wie 'Epoch Times' und 'Nius'." Die "Welt" sei als Erste bei ihm gewesen. Er habe ausdrücklich mit Namen und Foto erscheinen wollen, damit die Berichte mehr Wirkung entfalteten. Dafür erntete er in der AfD-Veranstaltung kräftigen Applaus.

Habeck hatte zum Zeitpunkt der Durchsuchung noch gar keine Kenntnis von dem Fall gehabt. Und Niehoff wurde später auch nicht deshalb belangt – sondern wegen anderer Postings. Gegen die geringe Geldstrafe möchte er rechtlich vorgehen. Sein Fall hatte aber die Diskussion um den Paragrafen 188 angeheizt. Die AfD fordert in einem Gesetzesantrag seine Abschaffung, Stephan Brandner sticht dabei als Wortführer hervor.

Brander bestätigte vor den Zuhörern zudem Recherchen von t-online, wonach auch Alice Weidel eine Fülle von Strafanträgen wegen Beleidigung nach dem Paragrafen gestellt hatte. Er verteidigte das Vorgehen: "Solang es geltendes Recht ist, und die anderen es nutzen, ist es ein Gebot der Waffengleichheit." Außerdem, so Brandner, "gibt es auch eine Grenze, wo man sagt, das ist wirklich eine üble Beleidigung." Zudem gehe die Initiative meist von der Staatsanwaltschaft aus. "Auch ich bekomme die Post mit der Frage, ob ich Strafantrag stellen will."

Brandner erklärte, der Paragraf sei in guter Absicht entstanden: Er solle "ehrenamtliche Kommunalpolitiker besser schützen". Das sei aber völlig aus dem Ruder gelaufen. Hauptamtliche Politiker, die eigentlich mehr aushalten müssten, nutzten das Gesetz, um ihre Anwaltsfirmen das Internet mittels KI nach Beleidigungen durchforsten zu lassen. Damit spielte Brandner vor allem auf die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann an, die mehr als 2.000 Strafanträge gestellt hatte.

Verwendete Quellen
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