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Kommentar: Soll das Wort "Asyl" alle Einreiseformalitäten ersetzen?


Migrationsdebatte der CDU
Soll das Wort "Asyl" alle Einreiseformalitäten ersetzen?

MeinungEin Gastbeitrag von Wolfgang Bosbach, CDU

09.02.2019Lesedauer: 3 Min.
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Ein Flüchtling mit Frau und Kind nach seiner Ankunft auf der griechischen Insel Lesbos 2015: Die Union muss klare Antworten auf wichtige Fragen der Asyl- und Migrationspolitik finden, fordert CDU-Politiker Wolfgang Bosbach.Vergrößern des Bildes
Ein Flüchtling mit Frau und Kind nach seiner Ankunft auf der griechischen Insel Lesbos 2015: Die Union muss klare Antworten auf wichtige Fragen der Asyl- und Migrationspolitik finden, fordert CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. (Quelle: imago-images-bilder)

Die CDU will über die Migrationspolitik sprechen – dafür hat sie "Werkstattgespräche" anberaumt. Danach muss die Partei glasklare Antworten liefern, fordert CDU-Politiker Wolfgang Bosbach in einem Gastbeitrag.

Die Flüchtlingskrise 2015 hat die CDU in eine nicht enden wollende Debatte gestürzt: Während ein großer Teil der Partei hinter der Entscheidung stand, die Grenze offen zu halten, äußerten viele danach auch Kritik.

Unter neuer Führung will die Partei nun die zukünftige Migrationspolitik klären. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach fordert in einem Gastbeitrag klare Antworten auf aus seiner Sicht zentrale Fragen.


Wolfgang Bosbachcoremedia:///cap/blob/content/85217688#data
, geboren 1952, war stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion. Von 2009 bis 2015 war der Rechtsanwalt Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Im Herbst 2017 erklärte er seinen Rückzug aus der Politik.

Wer das Wort "Werkstatt" hört, denkt eigentlich weniger an Gespräche als an schweißtreibende Arbeit: Da wird meistens irgendetwas hergestellt oder repariert. Da wird gehämmert und gebohrt, geschweißt und gefräst, abgeschliffen und gehobelt. Da läuft der Bohrer heiß und die Späne fliegen. Und am Ende des Tages ist das Werk vollbracht und steht abholbereit auf der Rampe. Meistens.

Aber eben nicht immer. Bei sogenannten "politischen Werkstattgesprächen" ist die Lage völlig anders: Da soll eine eher geistige Leistung erbracht werden. Da wird debattiert, argumentiert und abgewogen – aber ob am Ende irgendetwas praktisches, greifbares auf der politischen Rampe steht, ist völlig offen.

Schwierige Situation für AKK

Und deshalb wird nach den "Werkstattgesprächen" der Union zu Migration und Integration das interessierte Publikum mit Sicherheit fragen: "Aha. Und jetzt?"

Und natürlich wird Satz für Satz, Zeile für Zeile sorgfältig analysiert: Grenzt sich Annegret Kramp-Karrenbauer, zur Vermeidung phonetischer und grammatikalischer Unfälle kurz AKK genannt, von der Kanzlerin ab oder wandelt sie haargenau auf deren Spuren? AKK wird sich bestimmt fragen: Wie grenze ich mich ab, ohne dass die Abgrenzung erkannt wird? Gar nicht so leicht.

Die rechtlichen Positionen sind klar

Zunächst sollen in der Werkstatt juristische Fragen debattiert werden. Auch ohne Abschluss Prophet mit Diplom lässt sich das Ergebnis erahnen: Die hochkarätigen Rechtsexperten bleiben bei ihren bekannten Positionen und wer die umstrittene "Grenzöffnung" vom September 2015 als jedenfalls rechtlich fragwürdig betrachtet, wird sich bestätigt sehen – die Anhänger gegenteiliger Ansichten auch. Und jetzt?

Wichtig wäre eine glasklare, unmissverständliche Antwort auf die nahe liegende Frage: Soll es auch in Zukunft dabei bleiben, dass allein das Asylgesuch an der Landesgrenze ausreicht, um einreisen zu dürfen – auch ohne Pass oder andere Personaldokumente? Dass also das Wort "Asyl" die ansonsten vorgeschriebenen Einreiseformalitäten ersetzt – obwohl alle Antragsteller über sichere, verfolgungsfreie Staaten und stabile Demokratien einreisen möchten?

Nie waren die Grenzen durchlässiger

Die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen im Schengenraum erfolgte Zug um Zug gegen das Versprechen sicherer EU-Außengrenzen. Sicher gegen illegale Migration. Nie waren diese Grenzen jedoch durchlässiger als in den letzten Jahren. Und jetzt? Konkrete Konsequenzen?

Mittlerweile hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass doch nicht alle Flüchtlinge Ärzte, Ingenieure oder Architekten sind. Für Sprach- und Integrationskurse gibt der Bund über 700 Millionen Euro aus – pro Jahr. Ein großer Teil der Mittel muss für Alphabetisierungs- oder für Umalphabetisierungskurse aufgewandt werden. Trotzdem erreicht nur etwa die Hälfte der Kursteilnehmer das angestrebte Unterrichtsziel bzw. Sprachniveau. Und jetzt?

Welche Konsequenzen ziehen wir?

Was muss der Staat ganz konkret tun, um die Integrationschancen der Migranten mit Bleiberecht zu verbessern und um einen Daueraufenthalt in den Sozialsystemen zu verhindern?

Und nicht zuletzt: Bei Ausreisepflichtigen mit geklärter Identität und Nationalität und mit klarer Altersfeststellung sind Ausweisung und Abschiebung leichter vollziehbar, als bei Personen mit völlig unklarer Identität und Nationalität. Ist es dann für Antragsteller mit höchst unsicherer Anerkennungsperspektive nicht vorteilhafter, ohne Papiere einzureisen? Und jetzt? Welche Konsequenzen ziehen wir daraus?


Zeit genug hat die Werkstatt, satte zwei Tage nimmt sich die CDU Zeit. Gut so. Aber dann muss beim Feierabend auch was auf der Rampe stehen. Bitte kein "Hauptsache, wir haben mal darüber gesprochen!"

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung des Autors wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

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