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Tagesanbruch: Tod von Schauspielerin Hannelore Elsner – "Ein herber Verlust"


Was heute wichtig ist
Wir sind stärker als die Verbrecher!

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 24.04.2019Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Pakistaner gedenken der Opfer von Sri Lanka.Vergrößern des Bildes
Pakistaner gedenken der Opfer von Sri Lanka. (Quelle: imago-images-bilder)

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Und hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es gibt diese Szene im Film "Die Unberührbare": Hannelore Elsner spielt eine Schriftstellerin, deren Lebenstraum in einer Nacht zerbricht. Der Mauerfall raubt der Kommunistin, die nie in der DDR gelebt hat, die Illusion einer besseren Gesellschaft. Nur dort wurden ihre Bücher noch verlegt; mit dem sozialistischen Staat stirbt auch ihre Existenz als Künstlerin. Sie raucht, sie telefoniert, sie spricht über das Arsen-Fläschchen in ihrer Hand, inhaliert, schweigt. Und dann schlägt sie die Augen auf, blickt für einen kurzen Moment durch uns hindurch zu Horizonten, die wir nur erahnen können, dann senkt sie die Lider und spricht den Satz: "Ich bring mich jetzt um, ich leg auf."

Es ist die Eröffnungsszene in Oskar Roehlers grandiosem Schwarz-Weiß-Film (hier können Sie die Szene sehen), und sie bündelt die Schaffenskraft der herausragenden deutschen Schauspielerin Hannelore Elsner. Ihr genügten winzige Gesten, um große Gefühle auszudrücken, mit einem leicht dahingeworfenen "Ach...?" vermochte sie eine ganze Geschichte zu erzählen, schon mit einem Kurzauftritt veredelte sie seichte Fernsehfilme zu Kunst. Nun hat sie unsere Welt verlassen, was ein herber Verlust ist. Vielleicht hat man sie ein Stockwerk höher einfach zu dringend gebraucht. Ich bin sicher, dort wird sie auf ihre unnachahmliche Art weiterspielen. Und rauchen.

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Der Terror bekommt ein Gesicht: Wir sehen einen jungen Mann mit Rucksack über eine Straße gehen, vorbei an Passanten, einem Kind. Wir sehen ihn vor der Tür einer vollbesetzten Kirche. Dann endet das Video, doch was Augenblicke später geschehen ist, wissen wir inzwischen. Die Zahl der Opfer durch die Selbstmordanschläge in Sri Lanka ist weiter gestiegen. Der "Islamische Staat" habe sich dazu bekannt, erfahren wir, die Attacken seien Vergeltung für den Anschlag im neuseeländischen Christchurch, bei dem ein Rechtsextremist 50 Moscheebesucher getötet hatte.

Terror gegen den Terror? In Leitartikeln und sozialen Medien ist nun wieder viel von Samuel Huntingtons These vom Kampf der Kulturen die Rede. Die islamische und die christlich-westliche Zivilisation würden in blutigen Konflikten aufeinanderprallen; Kriege und Anschläge seien eine unweigerliche Folge dieser "Clashes". Die These wird allerdings nicht dadurch besser, dass man sie ständig wiederholt; wissenschaftlich wurde sie vielfach widerlegt. Es hat sich gezeigt, dass Konflikte nicht zwischen kulturellen Blöcken ausgetragen werden. Vielmehr sind sie entweder eine Folge konkreter Machtpolitik oder die Brandherde liegen innerhalb der Kulturen, vor allem in Staaten mit mehreren Ethnien und Religionen.

Eines aber hat sich bewahrheitet: Terroristen sind erschreckend erfolgreich darin, Religionen für ihre perfiden Ideologien zu instrumentalisieren. Sie erheben einen Absolutheitsanspruch auf die alleinige Wahrheit, trennen scharf zwischen Freund und Feind, beschwören die Propaganda der Tat und einen "Endkampf" ums Überleben ihrer Rasse oder Religion. Darin unterscheiden sich die Terroristen des "Islamischen Staates" nicht von den Terroristen Brenton Tarrant in Christchurch oder Anders Breivik in Norwegen. Indem sie Gewalttaten im Namen ihrer kruden Weltsicht begehen – gegen den Islam, das Christentum oder den gottlosen Westen – propagieren sie Bruchlinien, die es so apodiktisch in unserer dynamischen Welt gar nicht gibt. Die monotheistischen Weltreligionen haben sich über die Jahrhunderte zu heterogenen Kultur- und Identitätsstiftern entfaltet, deren Erscheinungsformen rund um den Globus mannigfach verschieden sind. Den islamischen Volksglauben in Indonesien unterscheidet vom fundamentalistischen Wahhabismus Saudi-Arabiens ähnlich viel wie den Katholizismus Oberbayerns vom Eiferertum amerikanischer Puritaner. Die Vielfalt der religiösen Erscheinungsformen nimmt zu, nicht ab. Und die Gewalttäter sind nur eine Minderheit inmitten Millionen friedliebender Menschen. Das sollten wir nicht vergessen, wenn wir nun mancherorts allzu simple Deutungen lesen. Lassen wir es nicht zu, dass die perfide Logik der Fundamentalisten unser Denken infiziert. Überlassen wir den Kulturkämpfern nicht das Feld. Wir sind stärker als die Verbrecher!


WAS STEHT AN?

Selten habe ich die Gelegenheit, die tägliche Frage im Tagesanbruch "Was wird?" so global zu beantworten: Eine bessere Welt wird es werden. Für viele Millionen Menschen. Manche von ihnen bekommen sogar ihr Leben geschenkt. Denn einem der größten Killer unter den Krankheiten, der Malaria, geht es nun ans Leder. 435.000 Menschen starben allein im Jahr 2017 daran, 219 Millionen erkrankten. Zur Verdeutlichung der Größenordnungen: In Deutschland leben gerade einmal 83 Millionen Menschen. Am schlimmsten wütet die Krankheit unter den Kindern. Und die Infektionszahlen, die bis 2017 zurückgingen, steigen inzwischen wieder an.

Der heilige Gral, nach dem Wissenschaftler seit langem gesucht haben, ist ein Stoff, der vorbeugen und dem Erreger Paroli bieten kann. Dreißig Jahre hat die Entwicklung eines solchen Mittels gedauert. Dreißig. Jahre. Jetzt ist es soweit: In Malawi hat ein Impfprogramm begonnen, das in Kürze auf zwei weitere afrikanische Staaten ausgedehnt werden und im ganz großen Stil Daten über die Wirksamkeit des Serums liefern soll. Mindestens 360.000 Kinder pro Jahr werden den Impfstoff erhalten. Ein Wundermittel ist es nicht: Malaria-Erreger entziehen sich mit besonderer Hartnäckigkeit der effektiven Bekämpfung. In früheren Studien bewahrte das Serum nur vier von zehn Kindern vor einer Infektion und nur drei von zehn vor dem Tod. Niemand wird nach einer Impfung auf Moskitonetze verzichten und die Mückenschutzmittel in den Müll werfen können. Doch angesichts der horrenden Opferzahlen kann selbst die bisherige, eingeschränkte Wirkung genügen, um vielen, vielen Menschen das Leben zu retten. Jahr für Jahr.

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Deshalb ist der Beginn des Pilotprojekts in Malawi nicht die etwas dröge Nachricht aus dem Medizinbereich, als die sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Sondern vielleicht die wichtigste Nachricht dieser Woche. Und die beste.


In Köln beginnt heute der Prozess gegen einen Angeklagten, der weggeworfene Skizzen von Gerhard Richter aus dessen Altpapiertonne entwendet haben soll. Er soll versucht haben, die von dem Maler entsorgten Entwürfe zu verkaufen. Sachen gibt's.

In Witten beginnt der Prozess gegen einen Angeklagten, der eine historische Weltkarte aus der Uni-Bibliothek Innsbruck gestohlen haben soll. Dafür soll er sich als Fachbesucher ausgewiesen und nach dem wertvollen Buch gefragt haben, angeblich für eine wissenschaftliche Arbeit. Also echt: Sachen gibt's.


WAS LESEN?

Wir haben uns daran gewöhnt, den Brexit mit politischen Volten von Theresa May, langen Verhandlungsnächten in Brüssel und ulkigen Ooooorder-Rufen im britischen Parlament gleichzusetzen. Dabei gibt es Menschen, für die das Gezerre um den Brexit alles andere als ulkig ist. Die von der Ungewissheit zermürbt werden und fürchten müssen, dass das politische Chaos ein noch viel schlimmeres Chaos in ihren Städten nach sich zieht. Meine Kollegin Nathalie Helene Rippich hat diese Menschen im nordirischen Belfast besucht.


"You're My Heart, You're My Soul…": Erinnern Sie sich noch? Genau: Ob man ihn mochte oder nicht, jeder hatte den Song im Ohr, damals in den Achtzigern, als alles noch voll cool war. Uns ging es sogar jetzt noch so, also Thomas Anders unseren Newsroom in Berlin besuchte. Wir erlebten einen Mann, der nicht nur voll cool, sondern auch mit sich im Reinen ist, großen Anteil an den politischen Entwicklungen und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt – auch im Interview mit meinen Kollegen Luca Cordes, Martin Trotz und Nicolas Lindken, in dem er erklärt, warum er sich um die freie Meinungsäußerung in Deutschland sorgt.


Auf dem Brot, in der Pause, im Restaurant: Käse, Käse, immerzu Käse. Benedikt Höwedes verschlingt Käse wie andere Leute Schokolade. In seiner Kolumne auf t-online.de erklärt der Fußball-Weltmeister, wie er zum Veganer wurde – und vor welche Herausforderungen ihn das in seiner Wahlheimat Moskau stellt.


WAS AMÜSIERT MICH?

Tod, Gewalt, Elend: So kennen wir den Nahen Osten aus den Nachrichten. Aber wissen Sie was? Das ist gar nicht das ganze Bild.

Ich wünsche Ihnen einen überraschend fröhlichen Tag.

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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