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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Woher die Papstwähler kommen Europas Vormacht beim Konklave bröckelt

Beim bevorstehenden Konklave zeigt sich ein Wandel: Europas Dominanz in der Papstwahl schwindet zugunsten anderer Kontinente. Asien und Lateinamerika gewinnen an Einfluss.
Am Mittwoch, dem 7. Mai, beginnt im Vatikan das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes. 133 der 135 wahlberechtigten Kardinäle ziehen nach aktuellem Stand in die Sixtinische Kapelle ein, um einen Nachfolger auf dem Stuhl Petri zu bestimmen. Bis zu vier Wahlgänge täglich sieht das Kirchenrecht vor.
Das Konklave endet, sobald ein Kandidat die nötige Zweidrittelmehrheit erreicht und das Amt annimmt. Dabei vertreten die Kardinäle alle Kontinente dieser Welt. Asien und Lateinamerika stellen gemeinsam inzwischen fast genauso viele wahlberechtigte Würdenträger wie Europa. Vor allem Papst Franziskus hat das Gremium während seines Pontifikats deutlich internationaler gemacht – mit gezielten Ernennungen aus Regionen, in denen das Christentum wächst.
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Die Karte zeigt die stille Machtverschiebung im Vatikan: Wer künftig in der katholischen Welt das Sagen hat, entscheidet sich zunehmend nicht mehr in Europa.
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Europa bleibt mit 53 Wahlkardinälen zwar noch stärkste Einzelregion, verliert aber an Gewicht. (Bei der Wahl von Franziskus 2013 waren 52 Prozent der wahlberechtigten Kardinäle aus Europa.) Lateinamerika kommt auf 21 wahlberechtigte Kardinäle, Afrika auf 18, Asien auf 23. Nordamerika ist mit 16 Kardinälen vertreten, Ozeanien mit 4. Von Benedikt XVI. wurden 22 der heutigen Wähler ins Kardinalskollegium aufgenommen, von Papst Franziskus 108.
Trotz der wachsenden Vielfalt ist Italien mit 17 Wahlkardinälen weiterhin das am stärksten vertretene Land. Dennoch ist auch hier ein Rückgang zu verzeichnen. 2013 hatten 28 italienische Kardinäle an der Papstwahl teilgenommen. Aus Deutschland gehen drei Kardinäle ins Konklave: Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, Gerhard Ludwig Müller, früherer Erzbischof von Regensburg und Präfekt der Glaubenskongregation, sowie der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki.
Der jüngste Kardinal beim Konklave ist mit 45 Jahren Mikola Bychok (Australien), der älteste ist der 79-jährige Spanier Carlos Osoro Sierra, der am 16. Mai das 80. Lebensjahr vollendet. 15 Länder werden in der Sixtinischen Kapelle erstmals mit einheimischen Wählern vertreten sein, darunter Luxemburg, Schweden, Haiti, Ruanda, Tonga und Myanmar.
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"Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus"
Die Frage, aus welchem Teil der Welt der neue Papst kommen sollte, wird oft diskutiert. Aber ob die Kardinäle ihre Wahl von der Geografie beeinflussen lassen, ist ungewiss. Der katholische Ordenspriester Paulus Terwitte betont im Gespräch mit t-online: "Wenn es um die Wahl eines neuen Papstes geht, kann niemand ernsthaft Prognosen wagen: Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus", laute eine alte Weisheit.
Die 135 Kardinäle aus aller Welt brächten eigene Erfahrungen, Erwartungen und Dynamiken mit – und wie diese sich entwickeln, sei völlig offen. "Das ist wie Lottospielen", sagt Terwitte. Schon der Film "Konklave" zeige eindrucksvoll: "Manchmal genügt eine einzige starke Persönlichkeit, um die Stimmung im Raum komplett zu kippen. Genau das könnte auch in Rom passieren."

Dieser Name ist im Favoriten-Spiel: Pierbattista Pizzaballa
Dennoch kursieren seit Wochen bereits Namen möglicher Favoriten. Ein Name fällt im Vorfeld des Konklaves erstaunlich oft. "In aller Munde ist derzeit der Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa. Seine Symbolkraft wäre enorm: Jerusalem, Stadt des Friedens im Namen, aber voller Konflikte – ein Papst aus dieser Stadt wäre ein starkes Zeichen in bewegten Zeiten", so der Ordenspriester.
Auch der Vatikankenner Simon Biallowons schätzt seine Kandidatur als sehr spannend ein: "Der Lateinische Patriarch von Jerusalem ist jung – zumindest nach vatikanischen Maßstäben – und hat in einem der härtesten Ämter der Kirche eine erstaunliche Souveränität gezeigt. Seine Ausstrahlung ist fast greifbar. Und dann auch noch Italiener? Wäre interessant, wenn sich die Kurie tatsächlich wieder für einen Italiener entscheidet", sagt er im Interview mit t-online.
"Mit ihm holst du dir ein heißes Eisen ins Haus, weil er natürlich auch polarisiert hat. Da kommen Konflikte mit, die auch die Kirche schon länger beschäftigen. Aber genau das macht ihn auch so spannend", erklärt der Autor und Geschäftsführer des Herder Verlags die Ausgangslage vor dem anstehenden Konklave.
Doch ebenso sei eine konträre Entscheidung denkbar, gibt Terwitte zu bedenken: "Die Wahl eines erfahrenen Verwaltungsprofis, etwa aus dem Staatssekretariat, der die Strukturreformen innerhalb des Vatikans endlich konsequent umsetzt. Oder man entscheidet sich bewusst für jemanden, den niemand auf dem Radar hat – um deutlich zu machen, dass die Kirche dort am stärksten ist, wo sie bei den Armen und einfachen Menschen bleibt."
- Interview mit dem katholischen Ordenspriester Paulus Terwitte
- Interview mit dem Autor und Geschäftsführer des Herder-Verlags, Simon Biallowons
- Hubert Wolf: Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl, 2. Auflage, München 2017
- youtube.com: "Conclave: Getting to Know Cardinal Pizzaballa"
- youtube.com: "Vatican conclave: Who are the top contenders to be the next pope?"
- books.google.de: "Konklave – Wer wird der nächste Papst?"
- vaticannews.va: "Vatikan: Konklave zur Wahl des neuen Papstes – international geprägt" (Deutsch)