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Russland: Sohn von Kremlsprecher Peskow wollte ein Held sein – und flog auf


Nikolai Peskow
Wie der Sohn des Kremlsprechers ein Held sein wollte – und aufflog


Aktualisiert am 16.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Nikolai Peskow: Der Sohn des Kreml-Sprechers erfand vermutlich einen Kampfeinsatz für die Gruppe Wagner.Vergrößern des Bildes
Nikolai Peskow: Der Sohn des Kremlsprechers erfand vermutlich einen Kampfeinsatz für die Gruppe Wagner. (Quelle: Nikolai Peskow auf Facebook)

An den Kindern der Kreml-Elite gibt es Kritik, weil sie sich angeblich dem Krieg in der Ukraine entziehen. Im Mittelpunkt dieser Kritik steht auch der Sohn von Putins Sprecher.

"Einmal ein Held sein", könnte sich Nikolai Peskow gedacht haben – und erfand deshalb vermutlich seine Teilnahme an Russlands Krieg gegen die Ukraine als Teil der Söldnertruppe Wagner. Denn während er laut Angaben des Wagner-Chefs Jewgenij Prigoschin unter einem falschen Namen "bis zu den Knien im Dreck" stand und einen Wagner-Raketenwerfer in der Ukraine bediente, wurde Peskows Tesla laut Angaben des russischen Investigativmediums "Meduza" mehrmals in Moskau geblitzt.

Nun muss sich Peskow Vorwürfe von mehreren Medien, unter anderem dem Investigavportal "Meduza", gefallen lassen, dass er die Geschichte erfunden habe. Indizien wie sein geblitzter Tesla oder Aussagen seines Umfeldes sprechen dafür. Aber warum sollte jemand so eine Geschichte erfinden?

Das hängt mit Peskows Vater zusammen – dem Kremlsprecher Dmitri Peskow. Denn der 33-jährige Nikolai gehört zu den Kindern der Moskauer Machtelite, denen oft vorgeworfen wird, sie würden sich aus dem Krieg in der Ukraine heraushalten und stattdessen ein Luxusleben führen. Eine mögliche Erklärung dafür, warum sich Peskow mit der mutmaßlichen Erfindung eines Kampfeinsatzes in der Ukraine als besonders ruhmreich darstellen wollte.

Kleinkrimineller in Großbritannien

Peskow alias Nikolay Choles (der Name seines britischen Stiefvaters) lebte zehn Jahre in Großbritannien. Dort wurde er nicht etwa auf eine Laufbahn im russischen Staatswesen vorbereitet. Stattdessen verbrachte er 15 Monate in einer Strafanstalt für junge Gewalttäter, nachdem er zusammen mit zwei weiteren Männern einem Teenager das Handy geraubt und dem Opfer dabei ins Gesicht geschlagen hatte.

Seit 2010 lebt Choles wieder in Russland und nutzt vermehrt den Namen seines Vaters. Er trat den strategischen Raketenkräften in der russischen Armee bei und nahm laut einem Bericht des russischen Mediums "Rucompromat" an der Parade zum "Tag des Sieges" am 9. Mai 2012 in Moskau teil.

Schläger in Russland

Allerdings konnte Peskow seine kriminelle Vergangenheit nicht ganz ablegen. Im Jahr 2016 veröffentlichte das russische Investigativportal "Rospres" einen Polizeibericht, der nahelegte, dass der Sohn des Kremlsprechers seine eigene Großmutter verprügelt habe. Da allerdings kurz nach seiner Festnahme ein Gesetz erlassen wurde, das körperliche Gewalt gegen nahe Verwandte erlaubte, wurde er nie verurteilt.

Im September 2022, ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges, wurde bekannt, dass Peskow sich bislang der Teilmobilisierung der russischen Armee entzogen hatte. Ein Angehöriger des Teams um den Oppositionellen Alexei Nawalny rief den Sohn des Kremlsprechers an, gab sich als Rekrutierungsoffizier der Armee aus und fragte, warum sich Peskow noch nicht beim zuständigen Kreiswehrersatzamt gemeldet habe.

Die Antwort sagt viel über den Nepotismus in Russland aus: "Ich bin Herr Peskow und werde diese Angelegenheit auf eine andere Ebene bringen". Da das Team Nawalny den Anruf bei Peskow öffentlich machte, erfuhren viele Russinnen und Russen, dass sich Peskow der Rekutierung entzogen hatte.

Prigoschin: "Peskow war Artillerieschütze bei Wagner"

Im April 2023 erklärte der Wagner-Chef Jewgenij Prigoschin dann im Gespräch mit der russischen Website "rbc.ru", der Sohn des Kremlsprechers habe als Artillerieschütze in einer Raketenwerfer-Einheit der Wagner-Gruppe in der Ukraine gedient. Dabei habe er tapfer gekämpft. Peskow selbst sagte der Zeitung "Komsomolskaja Prawda", er habe für seine Leistungen in der Ukraine eine Medaille bekommen. Wagner sei er unter einem falschen Namen beigetreten, um als einfacher Soldat dienen zu können.

Es gibt allerdings Zweifel an der Darstellung, berichtet "Meduza". Peskows Freundinnen und Freunde hätten dem investigativen Telegram-Kanal "VChK-OGPU" mitgeteilt, Nikolai Peskow sei während des Krieges nicht für längere Zeit verreist oder verschwunden gewesen. Dazu kommen die Aufnahmen von Blitzer-Kameras, die Peskows Tesla beim Überschreiten des Geschwindigkeitslimits in Moskau zeigen.

Der Telegram-Kanal "VChK-OGPU" erklärte außerdem, er habe viele Wagner-Söldner aus verschiedenen Artillerieeinheiten nach Peskow oder einem ihm äußerlich ähnlich sehenden Mann gefragt. Als Antwort habe er stets zu hören bekommen, dass weder Peskow noch jemand, der ihm ähnlich sieht, in den Haupteinsatzgebieten der Söldner gesehen worden sei. Beweisen lässt sich Peskows mögliche Lüge so nicht. Der Ruf eines Betrügers und Kleinkriminellen hängt ihm dennoch an.

Verwendete Quellen
  • meduza.io: "Сын пресс-секретаря Путина, как утверждается, полгода воевал в Украине и служил в ЧВК Вагнера по подложным документам"
  • rospres.com: "Песков-Чоулз безнаказанно избил 'бабушку Буденного'"
  • fr.de: "Fronteinsatz mit Fragezeichen"
  • tagesschau.de: "Peskows Sohn will nicht in die Ukraine"
  • Telegram: "VChK-OGPU"
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