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Corona-Pandemie: Wo stehen arme Länder bei der Impfung?


Impfstoff für Entwicklungsländer
Arm dran?

dpa, Von Gioia Forster und Rachel Boßmeyer

09.12.2020Lesedauer: 4 Min.
Ein Corona-Patient wird beerdigt: Während Impfungen damit für Menschen in der EU immer weiter in Sicht rücken, ist der nahende Durchbruch für etliche ärmere Länder bittersüß.Vergrößern des BildesEin Corona-Patient wird beerdigt: Während Impfungen damit für Menschen in der EU immer weiter in Sicht rücken, ist der nahende Durchbruch für etliche ärmere Länder bittersüß. (Quelle: ZUMA Wire/imago-images-bilder)
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Bei der Versorgung von Impfdosen sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf der sicheren Seite. Was aber geschieht in den Entwicklungsländern, die keine Mittel haben? Ein Überblick.

Die ersehnte Rettung scheint nah zu sein – zumindest für einige: in Großbritannien haben die Massenimpfungen bereits begonnen, in der Europäischen Union soll noch im Dezember über die Zulassung für einen ersten Corona-Impfstoff entschieden werden. Während Impfungen damit für Menschen in der EU immer weiter in Sicht rücken, ist der nahende Durchbruch für etliche ärmere Länder bittersüß.

Schon früh war klar, dass sich viele Entwicklungsländer auf dem Impfstoff-Markt kaum alleine behaupten können. Deswegen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO zusammen mit den Impfstoff-Allianzen Gavi und Cepi bereits vor Monaten die Covax-Initiative gegründet. Sie soll die gerechte Verteilung der Impfstoffe sicherstellen.

Der Initiative haben sich bislang Dutzende Länder angeschlossen – einige, die ihre Impfdosen selbst finanzieren, andere, die finanzielle Unterstützung brauchen. Letzteren verspricht Covax genug Impfdosen, um bis zu 20 Prozent der jeweiligen Bevölkerung des Landes zu impfen. Das Programm umfasst zurzeit neun Kandidaten – darunter die vielversprechenden Impfstoffe von Astrazeneca und Moderna, aber nicht den von Biontech und Pfizer.

EU unterstützt Programm mit 400 Millionen Euro

Auch die Europäische Union hat ihre Unterstützung für Covax zugesagt und bislang 400 Millionen Euro eingezahlt. Für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist die gerechte Verteilung von Impfdosen ein besonderes Projekt. Die studierte Ärztin wird nicht müde, zu betonen, dass man nur sicher sei, wenn alle Menschen sicher seien. "Das bedeutet, dass jede Person Zugang zu Tests, Behandlungen und Impfungen hat."

Noch im Frühjahr gab von der Leyen den Startschuss für einen internationalen Spendenmarathon, um so schnell wie möglich Gelder auch für einen Impfstoff für alle zu sammeln. Bei der "Coronavirus Global Response" wurde insgesamt eine Summe von knapp 16 Milliarden Euro zugesagt – davon 11.9 Millionen von EU-Mitgliedsländern, der Europäischen Investitionsbank und der EU-Kommission.


Obwohl stetig globale Solidarität betont wird, hat aber auch die EU sich in Verträgen mit sechs Herstellern exklusive Bezugsrechte für Impfdosen eingekauft. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus hatte in Bezug auf solche Vorauskäufe unlängst vor einem "Impfstoff-Nationalismus" gewarnt.

Knapp zwei Milliarden Impfdosen gehen an Mitgliedsstaaten

Mit den Verträgen hat die EU sich bis zu knapp zwei Milliarden Impfdosen gesichert. Sobald ein Impfstoff zugelassen ist, sollen alle EU-Staaten gleichzeitig auf die Dosen zugreifen können. Die Verteilung erfolgt nach Bevölkerungsgröße. Den Staaten ist es dabei aber selbst überlassen, wie viele der für sie reservierten Dosen sie für sich behalten und wie viele sie an Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen spenden. Wie viel Solidarität es bei der Verteilung also wirklich geben wird, ist noch ungewiss.

Zwei Milliarden Impfdosen will auch Covax bis Ende 2021 zusammenbringen. Die Finanzierung dafür ist aber noch nicht gesichert. Die Initiative habe bislang rund 5,5 Milliarden Dollar gesammelt, sagte jüngst die Afrika-Chefin der WHO, Matshidiso Moeti. Allerdings würden weitere rund 4,2 Milliarden Dollar benötigt.

Merkel: "Beunruhigt mich"

Trotz fehlender Mittel hofft Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass es bei Covax nun zügig voran geht. "Ich finde, das Allerwichtigste ist jetzt, dass Covax mit dem Geld, das es hat, die Verhandlungen mit den Herstellern potenzieller Impfstoffe führt", sagte sie kürzlich. "Wir werden jetzt mit Gavi sprechen, wann diese Verhandlungen beginnen. Denn das beunruhigt mich jetzt etwas, dass da noch gar nichts gemacht ist." Einem Gavi-Sprecher zufolge seien aber bereits Hunderte Millionen Impfdosen gesichert worden. Eine Absichtserklärung für 200 Millionen weitere Dosen wurde demnach kürzlich getroffen. Weitere Abkommen wolle man dann zu gegebener Zeit bekannt geben.

Doch Covax alleine reicht bei weitem nicht aus, um das Coronavirus in Entwicklungsländern zu besiegen. Afrika habe zum Ziel, 60 Prozent der Bevölkerung des Kontinents zu impfen, um eine Herdenimmunität zu erreichen, erklärte jüngst John Nkengasong, der Chef der Africa CDC, die Gesundheitsorganisation der Afrikanischen Union (AU). Covax stellt aber nur genug Impfdosen für maximal 20 Prozent der Bevölkerung. Daher bemüht sich die Africa CDC laut Nkengasong, zusätzliche Mittel von der Weltbank und der African Export-Import Bank für weitere Impfdosen zu sichern.

Logistik ist größte Herausforderung

Die wohl größte Herausforderung wird aber die Logistik sein. Der Pfizer-Impfstoff etwa muss bei rund minus 70 Grad Celsius gelagert werden. "Diese Bedingungen machen es sehr schwer für unseren Kontinent, die Impfungen schnell zu bekommen", sagte Nkengasong. Der Astrazeneca-Impfstoff sei wegen einfacheren Kühl-Vorgaben attraktiver für Afrika, allerdings sei dieser weniger effektiv. Eine weitere Schwierigkeit wird es sein, die Menschen in entlegenen Dörfern und Konfliktregionen zu erreichen. Daher ermahnt Nkengasong zur Geduld. "Wir müssen realistisch sein, dass wir erst Mitte nächsten Jahres die Impfungen wirklich nach Afrika kriegen."

In Afrika steht daher nun viel auf dem Spiel. Sollte nicht schnell genug ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung geimpft werden, könnte das verheerende Langzeitfolgen haben. "Das letzte, was wir wollen, ist, dass Covid auf dem Kontinent zu einer endemischen Krankheit wird", sagte Nkengasong – eine, dessen Ausrottung wie beim wilden Poliovirus Jahre oder gar Jahrzehnte dauert. Das wäre nicht nur für Afrika eine Bedrohung, sondern für die ganze Welt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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