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Block-Prozess: Star-Anwalt Kury entlassen – was steckt hinter dem Bruch?


Prozess gegen Christina Block
Zwei Anwälte, zwei Strategien – ein Verlierer


06.08.2025 - 16:25 UhrLesedauer: 5 Min.
Christina Block wirft ihrem Verteidiger Ingo Bott einen fast schwärmerischen Blick zu. Zu Otmar Kury hälz sie meistens Distanz.Vergrößern des Bildes
Christina Block wirft ihrem Verteidiger Ingo Bott einen fast schwärmerischen Blick zu. Zu Otmar Kury (r.) hält sie meistens Distanz. (Quelle: Marcus Brandt/dpa)
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Ein Anwalt alter Schule, ein "bunter Hund" mit Krimiserie – und mittendrin Christina Block. Im Entführungsprozess fliegt einer raus. Was steckt hinter dem Bruch?

In Hamburg läuft in diesem Sommer ein Mammutprozess: Fast 40 Verhandlungstage sind angesetzt, rund 140 Zeugen sind vorgeladen, die Anklageschrift umfasst 148 Seiten. Die Verhandlung zur Entführung der Block-Kinder ist nicht nur hochkomplex – sie ist auch prominent besetzt.

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Gleich zwei der bekanntesten Strafverteidiger des Landes standen bislang Christina Block zur Seite: Otmar Kury und Ingo Bott. Beide sind prominente Namen in der deutschen Justizszene, stehen aber für ganz unterschiedliche Typen: Auf der einen Seite der hanseatische Altmeister im Maßanzug, auf der anderen der mediengewandte Krimiautor mit Social-Media-Präsenz.

Doch genau diese Unterschiede dürften auch zu Spannungen geführt haben – mit weitreichenden Folgen. Denn wie der NDR berichtet, hat sich Christina Block nun von Kury getrennt. Kury bestätigte dem NDR, dass er entlassen wurde. Gleichzeitig kündigte er an, auch seine Entbindung als Pflichtverteidiger beim Gericht zu beantragen. Nach Jahren der Zusammenarbeit Blocks im Familienrechtsstreit mit ihrem Ex-Mann Stephan Hensel ist das ein abrupter Bruch.

Zwei Verteidiger – zwei Welten

Zu den Ursachen äußerte sich Kury bislang nicht. Aber ein Konflikt zwischen den Verteidigern scheint plausibel zu sein. Schon der Einzug von Kury und Bott in den Gerichtssaal war auffällig in seiner Gegensätzlichkeit. Während Kury im Nadelstreifenanzug auftrat, zog Bott mit dunklem Vollbart, lässigem Auftreten und gezielten Gesten nicht nur die Aufmerksamkeit der Presse auf sich – sondern auch die seiner Mandantin.

Auffällig beim Prozess: In den Pausen stecken Bott und Block die Köpfe zusammen, er flüstert ihr während der Verhandlung etwas ins Ohr, sucht ihre Nähe. Kury hingegen verfolgt das Verfahren analytisch aus einiger Distanz, greift dann aber präzise ein – mit langen Ausführungen, scharfer Rhetorik und juristischer Ausdauer.

Otmar Kury – der Hanseat alter Schule

Über zehn Jahre lang war Kury Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer. In der Hamburger Justizszene ist der Zwei-Meter-Mann mit der sonoren Stimme und dem Hang zu formvollendeter Sprache eine Institution. Obwohl sein fachlicher Schwerpunkt im Wirtschaftsrecht liegt, ist er seit Jahrzehnten auch in komplexen Strafprozessen aktiv – meist mit ruhiger Hand im Hintergrund. So etwa im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft, wo er den Bankier Max Warburg vertrat.

Die Verteidigungsstrategie von Kury

Auch im Prozess gegen Christina Block wurde Kury zunächst als prägende Figur wahrgenommen. Am ersten Verhandlungstag sprach er eine Stunde lang über mögliche Versäumnisse der Staatsanwaltschaft, sprach von der "angeklagten Dame Block" und einem "vorzüglichen Rechtsstaat Radbruch'scher Prägung". Die Radbruchsche Formel, benannt nach dem Rechtsphilosophen Gustav Radbruch, beschreibt eine Situation, in der ein Gesetz so ungerecht ist, dass es nicht mehr als Recht gelten kann.

Für Beobachter im Saal wirkt das zuweilen aus der Zeit gefallen – für Kury ist es schlicht Berufsethos. Inhaltlich vertrat Kury eine klare These: Nicht Christina Block, sondern ihre Mutter, Christa Block, habe die Entziehung der Kinder veranlasst. Die damals 82-Jährige habe kurz vor ihrem Tod 120.000 Euro in bar abgehoben – angeblich, um eine Sicherheitsfirma zu bezahlen. Christina Block, so Kury, habe davon nichts gewusst. Doch von dieser Darstellung distanzierte sich die Unternehmerin am dritten Verhandlungstag.

Seine Ausstiegsankündigung im Fall Block ist für viele Beobachter mehr als nur eine juristische Fußnote.

Ingo Bott – der medienwirksame Bestsellerautor

Ingo Bott ist das genaue Gegenteil von Kury. Der 42-jährige Düsseldorfer Anwalt stieß erst kurz vor Prozessbeginn zum Verteidigerteam von Christina Block. Dunkles Haar, dunkler Bart, sportlicher Auftritt. "Ich spiele gern ein wenig mit Klischees, die auch im Zusammenhang mit meiner Person existieren", sagte er einmal dem "Stern". "Ich bin ja so was wie ein bunter Hund und polarisiere sicher auch."

Im Gerichtssaal geht Bott nicht auf Distanz – er sucht Nähe. Er sitzt stets dicht neben Block, beobachtet aufmerksam ihre Reaktionen.

Mit Fällen von Kindesentführungen ist Bott vertraut: 2023 reiste er nach Paraguay, wohin zwei Enkelkinder des früheren Essener Oberbürgermeisters Wolfgang Reiniger von ihrem Vater entführt worden waren. Bott übernahm vor Ort eine vermittelnde Rolle – mit Erfolg: Die Kinder konnten nach Deutschland zurückgebracht werden.

Auch in anderen Verfahren trat Bott öffentlichkeitswirksam auf. Er verteidigte den früheren Planungsdezernenten Jürgen Dressler im Loveparade-Prozess sowie einen Londoner Fondsmanager im Cum-Ex-Komplex. Als Professor in Lima und Social-Media-Persönlichkeit auf Instagram, TikTok und LinkedIn vermarktet er nicht nur seine Kanzlei, sondern auch sich selbst – inklusive seiner Bücher. Die Nähe zur Öffentlichkeit ist für Bott keine Gefahr, sondern Teil seiner Strategie.

Die Verteidigungsstrategie von Bott

Seine Version der Ereignisse unterscheidet sich deutlich von der seines Kollegen Kury: Nicht Block selbst habe die Entführung beauftragt, sondern eine israelische Sicherheitsfirma namens Cyber Cupula habe eigenständig gehandelt – und mit der Verzweiflung ihrer Mandantin ein Geschäft gemacht. Damit rückt er von der bisherigen Strategie seines Kollegen Kury deutlich ab.

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Im Gespräch mit der "Mopo" sagte Bott: "Ich bin der festen Überzeugung, dass Frau Block für das, was geschehen ist, nichts kann." Das Unternehmen habe die Ängste Blocks um ihre Kinder gezielt ausgenutzt. "Das Problem ist, dass der Sorgerechtsstreit auch in der Öffentlichkeit stattfand und dadurch auch Menschen angezogen wurden, die ein gutes Geschäft machen wollten, mit der Angst und der Hoffnung meiner Mandantin."

Bott zufolge habe das Unternehmen eigenständig gehandelt, in der Erwartung, für die mutmaßliche Entführung später Geld zu erhalten. Christina Block habe jedoch die Entführung weder in Auftrag gegeben noch dafür bezahlt.

Die Anklage gegen Christina Block

Offenbar favorisiert Block diese Verteidigungslinie. Der Prozess läuft seit dem 11. Juli. Die Unternehmerin steht wegen der mutmaßlichen Entführung ihrer beiden jüngsten Kinder aus Dänemark in der Silvesternacht 2023/24 vor Gericht. Block wies während der Verhandlung die Vorwürfe entschieden zurück. "Ich habe die Entführung an Silvester nicht in Auftrag gegeben", beteuerte sie vor Gericht. Sie habe von der Aktion nichts gewusst.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll Block zusammen mit ihrem Partner, dem Moderator Gerhard Delling, den Auftrag erteilt haben, ihre beiden Kinder der Obhut des ebenfalls sorgeberechtigten Vaters zu entziehen. Laut Anklage sollen die damals 10 und 13 Jahre alten Kinder von mehreren Männern gewaltsam ihrem in Dänemark lebenden Vater entrissen und nach Deutschland gebracht worden sein. Am 15. August soll der Prozess fortgesetzt werden. Dann wohl ohne Otmar Kury, der nicht mehr Teil des Verteidigerteams ist.

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