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Uralte Stadt in der Türkei wird im Wasser versinken


Vom Touristenziel zur Geisterstadt
Uralte Stadt in der Türkei wird im Wasser versinken

Von afp
10.01.2019Lesedauer: 3 Min.
Langsam steigt das Wasser nahe Hasankeyf: Seit 1981 gilt in der Stadt ein Bauverbot.Vergrößern des BildesLangsam steigt das Wasser nahe Hasankeyf: Seit 1981 gilt in der Stadt ein Bauverbot. (Quelle: Mustafa Alkac/imago-images-bilder)
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In Hasankeyf leben seit 12.000 Jahren Menschen. Weil die Stadt wegen eines Staudamms geflutet wird, müssen die Bewohner ihre Häuser verlassen – und auch Jahrhunderte alte Gebäude ziehen um.

Noch lebt Hasankeyf, doch vom einstigen Charme der jahrtausendealten Stadt im Südosten der Türkei ist nicht mehr viel geblieben. Bis vor wenigen Jahren war die in einem idyllischen Tal gelegene Stadt wegen ihrer Zitadelle, den Moscheen und Mausoleen ein beliebtes Touristenziel. Doch viele der Sehenswürdigkeiten sind verschwunden und statt der Touristenbusse drängen sich heute Baufahrzeuge auf den Straßen. Denn in wenigen Monaten soll die uralte Stadt in einem Stausee versinken.

"Es gibt so viel Geschichte hier. Bei jedem Spatenstich stößt man auf eine andere Zivilisation", sagt Ridvan Ayhan mit finsterem Blick, während er von der Zitadelle auf die Altstadt am Ufer des Tigris schaut. "Hasankeyf zerstören bedeutet, ein großes Verbrechen begehen", sagt der Rentner, der mit seinem Verein "Hasankeyf am Leben erhalten" seit Jahren gegen den Ilisu-Staudamm kämpft, der den Tigris zu einem riesigen See aufstauen soll.

Für Archäologen ist der Staudamm eine Katastrophe

Assyrer, Römer, Seldschuken und zahlreiche andere Kulturen haben ihre Spuren in der Stadt hinterlassen, und die Klippen oberhalb des Flusses sind voller Höhlen, die über Jahrtausende bewohnt waren. Doch all das soll verschwinden. "Meine Enkel werden nicht sehen, wo ich aufgewachsen, wo ich gelebt habe", sagt Ridvan. "Wenn sie mich fragen, 'Opa, woher kommst du? Wo hast du gelebt?', was soll ich antworten? Ihnen den See zeigen?"

Auch aus Sicht von Archäologen ist die Flutung von Hasankeyf und rund hundert weiteren Dörfern eine Tragödie, doch haben sie den Staudamm nicht aufhalten können. Für die Regierung von Recep Tayyip Erdogan, der 2006 den Grundstein gelegt hat, ist der Damm ein zentrales Element des Projekts zur Entwicklung des lange vernachlässigten Südosten Anatoliens (GAP), das vor allem auf Bewässerung und Energieproduktion setzt.

In den vergangenen Monaten sind mehrere von der Flutung bedrohte Moscheen und Grabmäler auf fahrbaren Plattformen in einen archäologischen Park transportiert worden. Der Park am Rande der Neustadt, in die die 3.000 Einwohner von Hasankeyf demnächst umziehen sollen, soll zum Anziehungspunkt für die Touristen werden. Auch sollen die Zitadelle und mehrere Höhlen restauriert werden, die vom Wasser verschont bleiben.

Bis es soweit ist, gleicht die einst pittoreske Altstadt allerdings einer riesigen Baustelle voller Matsch und Lärm. "Es gibt keine Touristen mehr. Wer will dies auch sehen?", fragt Zeki, der "seit jeher" einen Metzgerladen im alten Basar betreibt, doch seit Monaten kaum noch Kunden hat. "Bei jedem Schritt tritt man in ein Loch", meint er. Doch nicht alle Einwohner sehen die Entwicklung so negativ, da die Entwicklung ihnen auch Vorteile bringt.

Wasser soll dieses Jahr die Stadt erreichen

Der frühere Schäfer Ahmet Akdeniz etwa, der heute den Kulturverein von Hasankeyf leitet, unterstützt den Staudamm und kann es kaum erwarten, in eine moderne Wohnung in der Neustadt zu ziehen. "Wir wollen endlich unser neues Leben beginnen", sagt er. Seitdem Hasankeyf 1981 zu einer Schutzzone erklärt wurde, gilt dort ein Bauverbot mit der Folge, dass kaum noch jemand dort investieren wollte und viele Einwohner fortzogen.

Mit sechs Angehörigen wohnt Akdeniz heute auf 45 Quadratmetern. "Schaut, wie wir hier leben", sagt er und deutet auf den Holzofen und die rissigen Wände. "Alles, was wir wollen, ist ein Leben in Würde." Wann der Umzug kommt, ist aber unklar. Medienberichten zufolge soll das Wasser noch dieses Jahr Hasankeyf erreichen, doch noch sind die Schleusen nicht geschlossen, und einen offiziellen Terminplan gibt es nicht. So heißt es für die Bewohner weiter warten – zwischen Bangen und Hoffen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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