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US-Wahl 2024: Schafft Donald Trump es ins Weiße Haus wie Grover Cleveland?


Kampf ums Weiße Haus
Ihm gelang, was Trump um jeden Preis erreichen will

Von Marc von Lüpke

Aktualisiert am 11.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Grover Cleveland: Trump will es seinem Vorgänger nachmachenVergrößern des Bildes
Grover Cleveland: Trump will es einem seiner Vorgänger nachmachen. (Quelle: UIG/Everett Collection (Montage: U.Frey/t-online)/imago-images-bilder)

Donald Trump will 2024 ins Weiße Haus zurück, nach vier Jahren Abwesenheit. Das gelang bisher nur einem seiner Vorgänger – der trotz höchst umstrittener Entscheidungen als besserer Präsident als Trump gilt.

46 Einträge umfasst die Liste der Präsidenten, die die Vereinigten Staaten seit 1789 bis heute regiert haben. Doch waren es nur 45 Personen, die das höchste Staatsamt der USA bislang bekleideten. Wie ist das möglich? Weil die Amerikaner Grover Cleveland gleich zweimal gewählt haben, allerdings nicht in direkter Reihenfolge: Deshalb wird der 1885 und 1893 ins Weiße Haus eingezogene Cleveland als 22. und 24. Präsident der USA gezählt. Der Demokrat Cleveland war bislang der einzige, dem dieses politische Kunststück gelang.

Nun schickt sich Donald Trump – Nummer 45 auf der Liste – an, nach Möglichkeit auch die Position 47 zu bekleiden. 2020 musste sich der Republikaner nach seiner Amtszeit Joe Biden von den Demokraten geschlagen geben, doch 2024 will Trump die nächste Wahl für sich entscheiden. Dann würde Trump mit seinem Vorgänger Cleveland gleichziehen, allerdings weniger im öffentlichen Ansehen.

"Skandal" glimpflich überstanden

Denn während Donald Trump in der Präsidentenrangliste des US-Senders C-Span von 2021 als einer der schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten gilt, rangiert Cleveland in der von zahlreichen Forschern ermittelten Rangfolge immerhin im Mittelfeld. Doch wer war dieser Grover Cleveland? Und wie erreichte er seinen bisher ungebrochenen Rekord?

In gewisser Weise – und anders als Donald Trump – durch entwaffnende Ehrlichkeit. Im Wahlkampf des Jahres 1884 ging es schmutzig zu, so schmutzig, dass ihn der Historiker Raimund Lammersdorf einmal als einen der "schmutzigsten in der amerikanischen Geschichte" charakterisierte. Allerdings lange bevor Donald Trump neue Maßstäbe setzte – in negativer Hinsicht.

Was ging 1884 vor? Dem Präsidentschaftskandidaten Cleveland, 1837 als Sohn eines Pfarrers in New Jersey zur Welt gekommen, wurden von den Republikanern schwere moralische Verfehlungen vorgeworfen. Cleveland hatte einst eine Liaison mit einer Frau gepflegt, die einen Sohn zur Welt brachte. Obwohl die Vaterschaft unklar war, erkannte Cleveland das Kind als seines an; nachdem die Mutter aufgrund einer seelischen Erkrankung zur Behandlung eingewiesen worden war, sorgte er für die Aufnahme des Sprösslings in eine Pflegefamilie.

1884 sollte diese Geschichte Cleveland den Weg ins Weiße Haus versperren, so erhofften es sich die republikanischen Granden. Doch Cleveland machte ihnen dieses Vorhaben schwer, indem er sich offen und ehrlich zu den Geschehnissen bekannte – und der Schmutzkampagne so kräftig Wind aus den Segeln nahm. Der Vorwurf, er sei ein eiskalter Lüstling, verpuffte. Auf einmal war er ein Mann, der in seiner Jugend einen Fehler gemacht hatte und nun die Konsequenzen trug.

Pferdefutter aus eigener Geldbörse

Dem Wahlvolk gefiel letztere Version besser, siegreich zog Grover Cleveland 1885 ins Weiße Haus ein. "Onkel Jumbo", wie Cleveland aufgrund seiner Leibesfülle genannt wurde, entfaltete einen gewaltigen Arbeitseifer im Amt. "Von früh bis spät" arbeitete das US-Staatsoberhaupt, wie Historiker Raimund Lammersdorf schrieb. Donald Trump hingegen soll während seiner Präsidentschaft eher weniger durch übermäßigen Fleiß aufgefallen sein.

Für Festliches hatte Cleveland wenig Sinn, sein Kampf galt der Korruption. Die Anhänger von Klatsch und Tratsch kamen aber trotzdem auf ihre Kosten. Denn der ledig ins Weiße Haus eingezogene Cleveland heiratete 1886 Frances Folsom: Er war 49, sie 21, ein Skandal, zumindest ein von Böswilligen erhoffter. Doch Skandalöses blieb aus, der Präsident und die First Lady führten eine gelungene Ehe ohne Extravaganzen. Was der skandalumwitterte Donald Trump ebenfalls nicht von sich behaupten kann.

Für Extravaganzen hatte der als überaus integer geltende Cleveland ohnehin nichts übrig. Das Futter für seine Pferde zahlte er selbst, die Jacht des US-Präsidenten blieb während seiner Amtszeit vor Anker, aus Kostengründen und mangelndem Interesse. Eigentlich beste Voraussetzungen für eine Wiederwahl.

Doch im Wahlkampf von 1888 macht der Republikaner Benjamin Harrison das Rennen. Zwar hatte Cleveland an den Wahlurnen einen Vorsprung, doch im entscheidenden Wahlmännerkollegium konnte Harrison mehr Stimmen vorweisen, die Staaten mit den meisten Einwohnern hatten sich für ihn entschieden.

So ging die Zeit des Ehepaars Cleveland im Weißen Haus zu Ende – vorerst. Ähnlich wie heute wohl Donald Trump trieb Cleveland nach seiner Niederlage ein Gedanke um: Und zwar, dass er der beste Mann für das Weiße Haus sei. Warum sollte der neue Präsident nicht der alte sein? Akribisch bereitete Cleveland seinen triumphalen Wiedereinzug ins Weiße Haus vor. Erst überzeugte er seine Demokraten von der Idee, dann die Wähler. 1893 war er erneut das Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten von Amerika.

Geheime Operation

Allerdings zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Die USA rutschten in eine wirtschaftliche Krise. Die Zahl der Arbeitslosen betrug bald nahezu 20 Prozent. Und damit war es der Probleme nicht genug: Cleveland hatte einen Tumor. 1893 nahmen Ärzte einen Eingriff am Präsidenten vor, in aller Heimlichkeit an Bord einer Jacht. Clevelands Gaumen wurde größtenteils amputiert. Gleichwohl trat der Präsident bald wieder auf, zu groß schienen die potenziellen Folgen zu sein, falls Cleveland als krank aufgefallen wäre.

Bald wandelte sich das Bild des Präsidenten in der Öffentlichkeit und selbst in der eigenen Partei. Zu viel Konfrontation, zu wenig Kompromiss, warfen Kritiker Cleveland vor. Und es wurde dessen mehr und mehr. Leichtes Spiel für die Republikaner, deren Kandidat William McKinley die nächsten Wahlen für sich entschied. Die Clevelands mussten wieder Abschied von Washington, D.C., nehmen.

1908 verstarb Amerikas 25. und 27. Präsident, begraben liegt er in seinem Heimatstaat New Jersey. Bis auf den Rekord von zwei nicht aufeinander folgenden Amtszeiten haben seine Präsidentschaften eher wenig bleibenden Eindruck hinterlassen. Abgesehen von seiner persönlichen Integrität. Negativ in Erinnerung bleibt hingegen seine Entscheidung, 1894 die Armee auf streikende Arbeiter des Waggonherstellers Pullman in Chicago loszulassen, die die Wirtschaftskrise in Not gestürzt hatte. Politische Rechte für die Minderheit der Afroamerikaner sah Cleveland zudem kritisch, seine Finanz- und Wirtschaftspolitik war umstritten.

Umstritten ist indes eine recht wohlwollende Umschreibung für den 45. Präsidenten der USA. Sollte Donald Trump tatsächlich auch das 47. Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten werden, wäre ihm auch aus diesem Grund ein Eintrag in den Geschichtsbüchern sicher – neben seiner Politik. Bislang rangiert Trump an viertletzter Stelle in der Präsidentenrangliste 2021 von C-Span. Viel Platz nach unten findet sich da nicht mehr.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Christof Mauch (Herausgeber): "Die Präsidenten der USA. Historische Porträts von George Washington bis Joe Biden", 2. fortgeführte und aktualisierte Auflage, München 2021
  • C-Span: "Presidential Historians Survey 2021"
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