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Hochwasser in Österreich, Polen und Co.: Diese Rolle spielt der Klimawandel


Tagesanbruch
Das intelligenteste Wesen auf Erden

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 17.09.2024Lesedauer: 7 Min.
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Schäden nach dem Hochwasser: In Osteuropa wie hier in Tschechien wurden weite Landstriche überflutet. (Quelle: Petr David Josek/ap)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Wetter ist nicht gleich Wetter: Was die Menschen in Österreich, Polen, Rumänien und Tschechien gegenwärtig erleben, sind keine herkömmlichen Herbstgewitter. Die Hochwasserlage ist nicht nur kritisch, sondern auch außergewöhnlich. Mindestens 18 Menschen sind schon in den Fluten ums Leben gekommen, kilometerweit sind Felder und Straßen überschwemmt, Keller und Häuser vollgelaufen, Dämme und Deiche zerstört (mehr hier). "Die Hochwasser, die wir sehen, sind bedrückend", findet Bundeskanzler Olaf Scholz. "Wir werden helfen, soweit wir können."

Der Nachsatz lässt aufhorchen: "soweit wir können." Es ist eben nicht nur so, dass mittlerweile selbst in den früher prall gefüllten Staatskassen des EU-Primus Deutschland Ebbe herrscht. Die Politik hat auch spätestens seit der Katastrophe im Ahrtal vor drei Jahren erkannt, dass krasse Hochwasserlagen keine Seltenheit mehr sind. Im Gegenteil: Extremwetter wird zur Regel. Weil viele Regionen darauf nicht vorbereitet sind, ist nun immer häufiger mit enormen Schäden durch urplötzlich herabdonnernde Wassermassen zu rechnen. Diesmal trifft es Österreicher und Osteuropäer, aber beim nächsten Mal kann es auch wieder Deutsche ereilen. Viele haben hierzulande noch das Hochwasser in Süddeutschland Anfang Juni in unheilvoller Erinnerung. Oder das Hochwasser an Weihnachten vor einem Jahr in Nordwestdeutschland. Oder, oder, oder …

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Der Mensch ist das intelligenteste Wesen auf Erden (zumindest hält er sich dafür). Trotzdem dauert es mitunter viel zu lange, bis er eine Gefahr erkennt. Und dann noch länger, bis er angemessen darauf reagiert. So auch beim Extremwetter. Glasklar ist mittlerweile: Die verstärkten Niederschläge, die zu den immer häufigeren Überschwemmungen in Mitteleuropa führen, sind größtenteils auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen. Natürliche Zyklen der Klimaveränderung spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Eine soeben veröffentlichte Studie des Forschungsprojekts "Clima Meter" zeigt: So ein Starkregen wie jetzt in Österreich und Osteuropa ist bis zu 20 Prozent intensiver als vergleichbare Unwetter vor 25 Jahren. Eine repräsentative Befragung von 1.062 Landkreisen, Städten und Gemeinden im Auftrag des Umweltbundesamts hat überdies ergeben: 77 Prozent der Kommunen waren in den vergangenen zehn Jahren von den Folgen extremer Wetterereignisse oder anderer Klimakrisenfolgen betroffen – aber nur zwölf Prozent haben schon Konzepte erarbeitet, um sich den Veränderungen anzupassen. Alle anderen müssen bei lokalen Starkregen mit Schäden oder gar einer Katastrophenlage rechnen.

Eine Menge Zahlen habe ich Ihnen im heutigen Tagesanbruch schon zugemutet, aber ich erlaube mir, noch ein paar weitere hinzuzufügen. Das geht nicht anders, wenn man sich mit den Folgen der Erderhitzung befasst. Also schenken Sie mir bitte noch ein paar Minuten Ihre Aufmerksamkeit: 80 Prozent aller CO2-Emissionen, die zwischen 2016 und 2022 ausgestoßen wurden, stammen von 57 Konzernen. So hat es die Klimaschutzorganisation "Influence Map" errechnet. Nicht einmal 60 Unternehmen sind die Hauptverursacher der größten globalen Krise! Und die meisten dieser überwiegend staatlichen Umweltverschmutzer haben in den vergangenen sieben Jahren nicht etwa weniger, sondern mehr CO2 ausgestoßen als in den Jahren zuvor – obwohl sich schon 2016 die Regierungen aller Länder im Pariser Klimaabkommen verpflichtet haben, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Wer sind diese 57 Klimasünder? Überwiegend Gas-, Öl- und Kohleförderer sowie Zementhersteller: vornedran Firmen aus den Golfstaaten, Russland, Indien und China, dahinter aus den USA und Großbritannien. Diese Unternehmen haben Milliardengewinne gescheffelt, während Hochwasser und Orkane, Hitzewellen und Dürren, schmelzende Gletscher und steigende Meeresspiegel das Leben von Milliarden Menschen beeinträchtigen. Diese fatale Entwicklung muss schleunigst gestoppt werden, und das darf man keinesfalls den Unternehmen allein überlassen. Sie werden immer versuchen, Vorschriften zu verschleppen und Schlupflöcher in Gesetzen zu finden.

Nun mögen manche Leute sagen: Was habe ich damit zu tun, wenn die Chinesen, Russen und Inder die Atmosphäre verpesten? Sollen ihre Regierungen sie eben zwingen, mehr für den Klimaschutz zu tun! Oder man denkt zwei Gehirnwindungen weiter, fasst sich an die eigene Nase und erkennt: Die Klimakrise lässt sich nur dann halbwegs eindämmen, wenn möglichst viele Menschen mitmachen – und die Pioniere bei diesem Prozess müssen die Einwohner der wohlhabenden westlichen Staaten sein, die Zugang zu demokratischen Mitbestimmungsprozessen, technologischen Innovationen und obendrein internationales Renommee haben. Was es braucht, ist ein gesellschaftlicher Konsens, dass es nicht so weitergehen kann mit der Klimaverpestung. Dass es jetzt sofort ein Umsteuern braucht, trotz all der anderen Krisen von der Ukraine bis zur Wirtschaftsflaute.

Klimaschutz beginnt im Kleinen, mithelfen kann jeder Einzelne und jeder Schritt zählt. Also Hirn anschalten und Augen auf beim Einkauf, beim Reisen, beim Essen: Nicht alles, was am anderen Ende der Welt hergestellt wird, rechtfertigt den weiten Transportweg auf einem Dampfer bis nach Deutschland. Und hierzulande ist die Bahn trotz ihres maroden Zustands meistens eine gute Alternative zu Auto und Flugzeug. Und nicht jede Mahlzeit braucht ein Stück Fleisch. Eigentlich nicht so schwer zu verstehen, wenn man das intelligenteste Wesen auf Erden sein will, oder?


Merz macht's

CDU und CSU brauchen einen Kanzlerkandidaten, und nun steht quasi fest, wer’s wird: Der bundespolitisch blasse NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat gestern seinen vorläufigen Verzicht erklärt, Markus Söder weiß, dass er als Profilneurotiker keine Chance hat, bleibt also nur Friedrich Merz. Schon heute soll der CDU-Chef den Parteigremien offiziell als Herausforderer von Kanzler Olaf Scholz empfohlen werden. Danach beginnt der Bundestagswahlkampf.


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Ganz oben ist er angekommen, auf dem Dach der Welt. Als erster Mensch ohne Flaschensauerstoff auf dem Mount Everest, gegen dringenden ärztlichen Rat. Am 8. Mai 1978 war das, vor 46 Jahren. Gemeinsam mit seinem Kameraden Peter Habeler war er hochgekraxelt. Zwei Jahre später stieg er noch mal hoch, diesmal allein. Wieder ein Rekord. Es folgten weitere: Einen Achttausender nach dem anderen bezwang er. Am 16. Oktober 1986 stand er schließlich auf dem letzten Supergipfel, dem Everest-Nachbarn Lhotse. Rekord! Und dann auf zu neuen Superlativen: die Antarktis durchqueren, Grönland, die Wüste Gobi. Rekorde in Serie. Von seinen Abenteuern berichtete er in ungezählten Vorträgen, Talkshows und fast 100 Büchern. Naturfreunde hingen ihm zu Tausenden an den Lippen.

Er habe eine Lunge wie ein Pferd und eine Konstitution wie ein Bär, sagten Weggefährten über Reinhold Messner. Aber auch einen Charakter wie ein Mungo, fügten Spötter hinzu. Das Savannentier gilt als streitsüchtig. Tatsächlich können nicht nur Messners Rekorde, sondern auch sein Jähzorn als legendär bezeichnet werden. Ob es um den Massentourismus, die Umwelt oder seine Familie geht: Konflikte pflasterten seinen Weg. Das machten sich auch Spaßmacher zunutze: unvergessen, wie Kurt Felix den Rekordbergsteiger auf den Arm nahm, indem er einen Souvenir-Kiosk auf dem Matterhorn platzierte (hier zu sehen). Und noch komischer Helge Schneiders Geschichte von "Reinhold und Helge": Wer da nicht mitlacht, muss ein Griesgram sein. Messner kann über sich selbst lachen, auch das macht ihn so groß.

Heute feiert der sehr große Sportler, Umweltschützer und Alltagsphilosoph aus Südtirol seinen 80. Geburtstag – und zwar im ganz kleinen Kreis: Er nimmt nur seine Lebensgefährtin mit auf eine Almhütte auf 2.000 Metern Höhe. Von unten im Tale grüßen wir Normalos hinauf zum großen Reinhold und huldigen dem wohl berühmtesten Bergsteiger aller Zeiten. Natürlich nicht, ohne ihm die Frage zu stellen, die man allen Jubilaren seines Alters stellen darf: Wo geht er hin, wenn er irgendwann nicht mehr unter uns weilt? Da reckt der Reinhold seinen Lockenkopf und raunt mit knarziger Stimme: "Für mich gibt es kein Leben nach dem Tod. Wir verschwinden spätestens dann, wenn niemand mehr an einen denkt. Dann ist nichts mehr da." Weil er dabei aber sein spitzbübisches Lächeln lächelt, haben wir die Hoffnung, dass er sich gründlich täuscht. So schnell werden wir ihn nämlich nicht vergessen.


Ohrenschmaus

Was wünscht man einem Jubilar? Ich habe da was Feines.


Holpriger Start

Ursprünglich wollte Ursula von der Leyen ihr neues Team schon längst benannt haben, doch die EU-Parteien fuhren ihr in die Parade. Außerdem war die Kommissionspräsidentin selbst unzufrieden mit der Geschlechterbalance bei den Nominierten aus den 27 Mitgliedsstaaten: zu wenig Frauen! Bis gestern tobte der Postenschacher hinter den Kulissen, dann trat überraschend der französische Binnenmarktkommissar Thierry Breton zurück und schickte seiner Chefin böse Worte hinterher. Doch Präsident Emmanuel Macron fackelte ausnahmsweise nicht lange und benannte den geschäftsführenden Außenminister Stéphane Séjourné als Nachfolger.

Heute soll es endlich so weit sein: Im Europaparlament in Straßburg will von der Leyen ihren Plan für die Verteilung der EU-Spitzenposten in ihrer zweiten Amtszeit präsentieren. Anschließend müssen sich die designierten Kommissare einer Anhörung stellen und von den Abgeordneten bestätigt werden. Der Führung der Brüsseler Behörde sind 32.000 Mitarbeiter unterstellt, die Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Umso wichtiger, dass sie bald ihre Arbeit aufnehmen.


Lesetipps

Kremlchef Putin versucht, die deutsche Öffentlichkeit zu unterminieren. Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" zeigen, wie das Regime mithilfe von Fake News Zukunftsangst schüren und die AfD stärken will.


Die AfD-Politiker Weidel, Chrupalla und Höcke wollen regieren. Hat die rechte Partei eine Strategie, die sie an die Macht führt? Unser Kolumnist Uwe Vorkötter schaut genau hin.


Mitten im US-Wahlkampf hat es ein weiteres versuchtes Attentat auf Donald Trump gegeben. Die Stimmung in den USA ist explosiv – mit unabsehbaren Folgen, schreibt mein Kollege Patrick Diekmann.


Mit Lügen versetzen Donald Trump und sein Vize eine ganze Stadt in Angst und Schrecken. Unser Korrespondent Bastian Brauns berichtet von bizarren Szenen.


Zum Schluss

Ich wünsche Ihnen einen halbwegs trockenen Tag.

Herzliche Grüße und bis morgen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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