Explosionen auf der Krim: Ukraine lobt "Operation 'Entmilitarisierung'"
Auf der Krim hat es erneut Explosionen gegeben. Unter anderem ein Munitionsdepot im Norden der Halbinsel ging in Flammen auf.
Ein Munitionsdepot in der Siedlung Majskoje auf der russisch besetzten Krim ist am Dienstagmorgen explodiert, wie BehΓΆrden meldeten. Bereits zuvor berichtete die staatliche Nachrichtenagentur RIA von einer Explosion in einem Umspannwerk in Dschankoj 20 Kilometer westlich von Majskoje.
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In den sozialen Medien kursieren Aufnahmen, die mutmaΓlich die Explosionen auf der Krim zeigen. Das belarussische Portal Nexta postete ein Video, in dem zu erkennen ist, wie eine groΓe FeuersΓ€ule ΓΌber einem GebΓ€ude aufsteigt. Andere Videos zeigen mehrere Explosionen direkt nebeneinander. Die Aufnahmen der Explosionen sehen Sie oben im Video.
Moskau spricht von Sabotage, Ukraine beansprucht Angriff
Die Explosionen auf dem StΓΌtzpunkt seien auf einen "Sabotageakt" zurΓΌckzufΓΌhren, gab das Verteidigungsministerium in Moskau bekannt. Das Munitionsdepot sei beschΓ€digt worden, ebenso wie zivile Infrastruktur darunter eine Hochspannungsleitung, ein Kraftwerk, eine Eisenbahnstrecke und mehrere HΓ€user, hieΓ es in der von den russischen Nachrichtenagenturen zitierten ErklΓ€rung weiter. Wer dahinter stehen kΓΆnnte, lieΓ die ErklΓ€rung offen.
Der Leiter des ukrainischen PrΓ€sidialamts, Andrij Jermak, bezeichnete die Explosion im Online-Dienst Telegram als eine "Operation 'Entmilitarisierung'" und lobte sie als "Meisterleistung der ukrainischen StreitkrΓ€fte". Diese wΓΌrden ihre Arbeit fortsetzen, bis alle ukrainischen Gebiete "vollstΓ€ndig befreit" seien.
Der Berater des ukrainischen PrΓ€sidenten, Mychailo Podoljak, erklΓ€rte auf Telegram, "in einem normalen Land" stΓΌnde die Krim fΓΌr Meer, Berge, Erholung und Tourismus. "Aber die von den Russen besetzte Krim bedeutet explodierende Munitionsdepots und ein hohes Sterberisiko fΓΌr die Invasoren und Diebe".
Zwei Verletzte, Tausende evakuiert
Der Krim-Verwaltungschef Sergej Aksjonow sagte vor Ort im Gebiet Dschankoj, es gebe zwei Verletzte. 2.000 Menschen mussten nach offiziellen Angaben in Sicherheit gebracht werden. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor bekannt gegeben, es gebe keine Verletzten.
Nach BehΓΆrdenangaben kam es in dem Dorf Maiskoje zu der Explosion auf dem GelΓ€nde eines frΓΌheren Bauernhofes, der von den russischen StreitkrΓ€ften als Munitionslager genutzt wird. Auch eine Umspannstation fΓΌr die Stromversorgung solle in Brand geraten sein, hieΓ es. Die ersten Informationen dazu kamen am Morgen von ukrainischen Quellen.
Die Explosionen gingen weiter, erklΓ€rte Aksjonow in einer Videobotschaft in seinem Blog beim Nachrichtenkanal Telegram. "Es lΓ€uft eine Evakuierung, fΓΌr die Sicherheit der Bewohner wird eine fΓΌnf Kilometer groΓe Sicherheitszone gebildet", sagte er. Die Menschen wΓΌrden vorΓΌbergehend in Schulen untergebracht. KrΓ€fte des Verteidigungsministeriums, der Nationalgarde und des Zivilschutzes seien im Einsatz, um die BrΓ€nde zu lΓΆschen.
Wichtige Bahnstrecke auf der Krim gekappt?
Der Zugverkehr wurde nach dem folgenreichsten der bisher drei ZwischenfΓ€lle in diesem Sommer, in dem viele russische Touristen auf der Krim Erholung suchen, eingeschrΓ€nkt. Die ZΓΌge von Moskau sollten nur noch bis Wladislawowka im Westen der Halbinsel fahren. Von dort ging es weiter per Bus in die Krim-Hauptstadt Simferopol. Dort warteten am Nachmittag offenbar schon viele Menschen vor dem Bahnhof auf ihre Ausreise, wie dieses auf Twitter verbreitete Video zeigen soll:
MilitΓ€rexperte Chris Owens bezeichnete die Strecke als Russlands Hauptverbindung auf die Krim. Das naheliegende Dschankoj, wo nach russischen Angaben das Umspannwerk explodiert sein soll, sei zudem ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt von StraΓen und Schienen auf der Krim, schrieb Owens auf Twitter. Γber Dschankoj gehen die Bahnverbindungen von Moskau ΓΌber die neue KrimbrΓΌcke in die Hauptstadt Simferopol auf der Halbinsel. Weil der Flugverkehr eingestellt ist, nutzen viele Touristen in der Sommerzeit die Bahn, um in die Kurorte am Schwarzen Meer zu gelangen.
Russische Basis auf der Krim zerstΓΆrt
Bemerkenswert sind die Explosionen in Majskoje auch, weil das nΓ€chstgelegene ukrainische Gebiet mindestens 160 Kilometer Luftlinie entfernt ist β zu weit fΓΌr alle ukrainischen Waffen, die zumindest offiziell bekannt sind. Erst in der vorigen Woche gab es mehrere Explosionen auf der Krim, bei denen ein LuftwaffenstΓΌtzpunkt der russischen Armee getroffen und mehrere Kampfjets zerstΓΆrt wurden. Die Angriffe von Dienstagmorgen deuten erneut darauf hin, dass die ukrainischen StreitkrΓ€fte inzwischen ΓΌber Waffen solcher Reichweite verfΓΌgen.
Die Krim gehΓΆrt vΓΆlkerrechtlich zur Ukraine, doch Russland sieht sie wegen der strategisch wichtigen Lage im Schwarzen Meer traditionell als seinen Einflussbereich. Schon seit Zarenzeiten ist die Krim Sitz der russischen Schwarzmeerflotte, die dort auch nach dem Zerfall der Sowjetunion stationiert war. Nach den proeuropΓ€ischen Protesten in der Ukraine annektierte Russland die Halbinsel und baute dort die MilitΓ€rprΓ€senz massiv aus. Die Ukraine fordert die RΓΌckgabe der Krim und hat Russlands Forderungen nach einem Verzicht stets abgelehnt.
- Nachrichtenagentur Reuters
- Twitter-Account von Nexta
- twitter.com: Tweets von @ChrisO_wiki (englisch;: Stand: 16. August 2022)