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US-Waffenlieferungen an die Ukraine: Muss Deutschland für alles zahlen?


US-Waffenlieferungen an die Ukraine
Wer an Deutschlands Seite steht – und wer nicht


Aktualisiert am 16.07.2025 - 10:50 UhrLesedauer: 5 Min.
NATO-Generalsekretär Rutte bei US-Präsident TrumpVergrößern des Bildes
US-Präsident Trump mit Nato-Generalsekretär Rutte: die USA wollen Waffen liefern. (Quelle: Evan Vucci/AP/dpa/dpa-bilder)
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Plötzlich wollen die USA wieder Waffen an die Ukraine liefern – allerdings nicht selbst bezahlen. Deutschland springt ein. Aber wer noch?

US-Präsident Donald Trump verkauft es als eine große Wende. Nachdem seine Regierung in der Vergangenheit immer wieder die Unterstützung der Ukraine eingestellt hatte, sollen bald wieder US-Waffen geliefert werden – darunter auch die so dringend benötigten Patriot-Systeme. Bezahlen soll dafür aber Europa.

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Besonders Deutschland steht dabei im Fokus. Denn Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat bereits angekündigt, zwei Patriot-Systeme kaufen und an die Ukraine liefern zu wollen. Wie genau das ablaufen soll, darüber sind sich Deutschland und die USA noch nicht ganz einig. Dennoch steht fest: Deutschland gibt neue Milliardenbeträge für die Ukraine aus. Aus anderen Ländern kommt mehr Zurückhaltung.

Muss Deutschland die Ukraine-Unterstützung also nun größtenteils alleine stemmen? Zwar haben auch andere europäische Länder bereits finanzielle Unterstützung signalisiert, es bleibt aber noch unklar, in welchem Maß sie sich beteiligen wollen.

Pistorius in den USA: Deutschland kauft Patriot-Systeme

Pistorius war speziell für die Patriot-Verhandlungen in die USA geflogen. Deutschland will nun zwei Milliarden Euro für zwei Patriot-Systeme ausgeben – auch wenn laut Pistorius noch nicht alle Feinheiten feststehen. Letzte technische, logistische und finanzielle Details müssten noch geklärt werden, sagte er nach einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Pete Hegseth.

So ist noch unklar, ob Deutschland Systeme direkt aus den US-Beständen kauft oder eigene Systeme weitergibt und dafür Ersatz aus den USA erhält. Aber es soll laut Pistorius "schnell, sehr schnell" gehen. Bereits am darauffolgenden Tag erklärte Trump dann,Patriot-Lenkkörper seien bereits auf dem Weg. Die Waffen "kommen aus Deutschland und werden dann von Deutschland nachgekauft". Eine Bestätigung aus Deutschland und der Ukraine gab es noch nicht.

Deutschland hat also vorgelegt. Nun erwartet Pistorius, dass auch andere Länder nachziehen. "Klar ist, und das ist ein Appell an alle anderen europäischen Mitgliedstaaten der Nato: Hier müssen alle gewissermaßen ihre Portemonnaies öffnen." Man müsse schnell die Summen zusammenbekommen, die zunächst für die Stärkung der Luftverteidigung nötig seien. Hier stehe die Ukraine gewaltig unter Druck. "Also sind jetzt alle gefordert, hier Farbe zu bekennen."

Nach Angaben von Nato-Generalsektretär Mark Rutte, der zeitgleich mit Pistorius in Washington war und mit Trump sprach, wären neben Deutschland auch Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, die Niederlande, Großbritannien und Kanada mögliche Käufer für die US-Waffen.

Ausgaben für die Ukraine: Mehrere Länder bereit

Um diese Thematik ging es am Dienstag auch beim EU-Außenministertreffen in Brüssel. Bereits unmittelbar vor Beginn des Gipfels signalisierten zwei Länder ihre finanzielle Unterstützung. Dänemark sei "absolut bereit", sich an dem Programm zu beteiligen, sagte Außenminister Lars Rasmussen am Dienstag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Er erklärte aber, die Details müssten noch ausgearbeitet werden.

Sein niederländischer Kollege Caspar Veldkamp sagte, sein Land prüfe, wie es sich "positiv" beteiligen könne. Veldkamp weiter: "Wir werden prüfen, was wir in Bezug auf die Ankündigungen von Herrn Trump tun können, und von dort aus weitermachen."

Auch Norwegen zeigt sich optimistisch. Man stehe "in engem Dialog mit der Ukraine darüber, wie wir dem Land am besten mit militärischer Unterstützung helfen können", sagte Verteidigungsminister Tore O. Sandvik t-online. Man habe sich bereits an der Finanzierung eines Patriot-Systems und von Marschflugkörpern beteiligt.

Er betonte: "Die Luftverteidigung hat für die Ukraine und für die norwegische Militärhilfe weiterhin hohe Priorität." Bereits vor dem Treffen von Trump und Rutte hieß es zudem, Norwegen wolle zusätzlich zu Deutschland ein weiteres Patriot-System von den USA kaufen.

Das finnische Verteidigungsministerium gab sich auf Anfrage von t-online noch zurückhaltend. Die Details der US-Initiative seien noch nicht bekannt, sodass man erst weitere Informationen benötige, um Entscheidungen zu treffen.

Über Frankreich verlor Rutte hingegen kein Wort. Dabei inszeniert sich Präsident Emmanuel Macron oft als großer Unterstützer der Ukraine. Erst am Wochenende verkündete er, das Verteidigungsbudget für die kommenden beiden Jahren um insgesamt 6,5 Milliarden Euro zu erhöhen.

Das begründete er zwar mit dem Krieg in der Ukraine – allerdings nicht mit Lieferungen dorthin. Von den großen Unterstützernationen hat Frankreich – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – bisher die wenigste Militärhilfe geleistet.

Deutschland hingegen geht nun voran – eine Rolle, die Kanzler Friedrich Merz schon länger für sich beanspruchen wollte. Sicherheitsexperte Nico Lange sieht darin ein wichtiges Zeichen. "Dass Deutschland pragmatisch einspringt und bezahlt, um für die Ukraine Patriots und Munition zu beschaffen, wenn die USA sie nicht mehr spenden wollen, ist für die Ukraine sehr hilfreich", schreibt er auf X.

Deutschland nur Mittelmaß bei Ukraine-Unterstützung

Das war in der Vergangenheit nicht immer so. In der vergangenen Bundesregierung wurde viel über zusätzliche Ukraine-Ausgaben gestritten. Und auch wenn Deutschland nach Großbritannien die größte Summe für die Ukraine zur Verfügung gestellt hat, so haben etwa die skandinavischen und baltischen Nationen ebenso wie Polen und die Niederlande gemessen an der Finanzkraft deutlich mehr Geld ausgegeben.

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Dass Deutschland nun mit den Ausgaben vorangeht, bedeutet nicht, dass es alle künftigen Kosten allein tragen muss. Schließlich haben zahlreiche andere Länder in der Vergangenheit beständig einen Beitrag geleistet – und selbst wenn einige Details noch geklärt werden müssen, scheint es auch jetzt unter der von Rutte genannten Ländergruppe grundsätzliche Einigkeit über das Vorgehen zu geben.

Und es gibt bereits konkrete Pläne. So sei bereits ein Treffen der Geberländer geplant, um den Kauf von weiteren Patriot-Systemen zu besprechen. Das von dem obersten Militärbefehlshaber der Nato geleitete Treffen der Patriot-Besitzerstaaten und der Ukraine-Unterstützer könne am nächsten Mittwoch stattfinden, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.

Neuer US-Kurs: "Große Zweifel"

Und die USA? Stehen sie wieder uneingeschränkt an der Seite Europas im Kampf gegen Russland? Gänzlich überzeugt zeigte sich Pistorius von Trumps neuem Kurs noch nicht. "Ob es wirklich eine Kehrtwende ist, das wird sich zeigen. Entscheidend ist, dass sich hier die Tonlage verändert hat", sagte er den ARD-"Tagesthemen". Dennoch sei es ein "bedeutender Fortschritt" und wichtig, dass die USA nun an Bord seien.

Auch der SPD-Abgeordnete Ralph Stegner sagte t-online, er habe "große Zweifel", dass Trumps Waffenwende die Lage in der Ukraine verändern könne: "Ich glaube, Trump will immer noch einen Deal mit Putin." Die Waffen-Ankündigung sei "kein strategischer Wechsel". Die Linie könne sich schnell wieder ändern: "Bei Trump weiß man nie genau, ob das, was er heute sagt, morgen noch gilt."

Er empfindet die Lieferung zwar als "gute Nachricht", sieht darin aber nicht zwingend einen diplomatischen Erfolg. "Europa bezahlt die Waffen, damit setzt Trump seinen Willen durch. Wenn diplomatischer Erfolg bedeutet, bedingungslos zu tun, was andere wollen, kann man sich auch eingliedern lassen."

Der Sicherheitsexperte Lange zeigt sich ebenfalls skeptisch. Die neue Vorgehensweise der USA sei "ein Fortschritt, aber keine große Wende", schrieb er auf X. Sie sei kein Zeichen dafür, dass sich die USA jetzt wieder um die Ukraine "kümmern". So bleibe es die Aufgabe Europas, den Frieden in der Ukraine zu sichern.

Thomas Jäger, Politikwissenschaftler der Universität Köln, sagte bei "The Pioneer" über Trumps Vorgehen: "Es ist ein innenpolitischer Sieg, weil er sagen kann: Putin wird nicht gewinnen, aber wir werden nicht bezahlen. Damit hat er gleichzeitig zwei Seiten einer Medaille abgedeckt." So sei sowohl die Republikanische Partei als auch seine Anhängerschaft zufrieden. Nun komme es auf die Institutionalisierung dieser Politik an. Zumindest mittelfristig sieht Jäger die Unterstützung der Ukraine aber gewährleistet. Es sei ein positives Zeichen, dass die Verwerfungen mit den USA, die man erwartet hat, nicht eingetreten seien.

Verwendete Quellen

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