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Russland: Kampf gegen Putin – aber nicht für die Demokratie


Angriffe in Russland
Sie kämpfen gegen Putin – aber nicht für Demokratie


Aktualisiert am 24.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Nach Angriff auf Belgorod: Die "Legion Freiheit Russlands" und das "Russische Freiwilligenkorps" kritisieren im Video den Kreml scharf. (Quelle: t-online)

Ihre Kinder sollen in Freiheit aufwachsen, sagen die Angreifer auf Russlands Grenzregion im Bekennervideo. Aber welche Freiheit meinen sie?

Wer auf ein demokratisches Russland nach Wladimir Putin hofft, könnte sich von dem Namen angesprochen fühlen: "Legion Freiheit Russlands". Von Frieden und Freiheit spricht die Gruppe auch in ihrem Bekennervideo zu dem Angriff auf die russische Grenzregion Belgorod am Montag: "Werte, die in Putins korruptem und repressivem Russland keinen Platz haben", heißt es da. Doch für Demokratie kämpft die Gruppe offenbar nicht.

Aufhorchen ließ noch während des Angriffs auf den Grenzposten Graiworon die Meldung, dass auch Kämpfer des "Russischen Freiwilligenkorps" daran beteiligt seien. Die Gruppe ist berüchtigt als Sammelbecken für russische Neonazis, denen Putins Nationalismus nicht radikal genug ist. Der Gründer des "Freiwilligenkorps" ist Denis Kapustin alias Nikitin. Der gebürtige Moskauer kam 2001 als Jugendlicher nach Köln. Den Namen Nikitin gab er sich später selbst.

"Freiwilligenkorps" fiel schon im März auf

Laut Recherchen des "Spiegel" sammelte Kapustin erste Gewalterfahrungen in der Hooliganszene des 1. FC Köln. Später entwickelte er sich zu einer zentralen Figur in einem Netzwerk von Kampfsportlern und Neonazis, reiste immer wieder nach Russland und in die Ukraine. Dorthin setzte sich Kapustin auch 2018 ab, nachdem die deutschen Behörden ihn wegen illegaler Geschäfte suchten. Sein europaweites Neonazi-Netzwerk blieb aber intakt. Das zeigt auch die Geschichte des Rechtsextremen "Stephan" aus Solingen, der in der Ukraine gegen Russland kämpft.

Zuletzt machten Kapustin und sein "Freiwilligenkorps" Anfang März von sich reden, als sie mehrere Dörfer in Russlands Grenzregion Brjansk stürmten. Die Aktion wirkte ähnlich wie der jüngste Überfall in der Region Belgorod, aber kleiner. Was für Gestalten die Truppe anzieht, zeigt auch dieses am Montag gepostete Video:

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"Hammer des Nationalsozialismus"

Die Männer scherzen darüber, wie einfach es war, nach Russland einzudringen, während "Opa Putin" schon nicht mehr existiere und bald zu Ahornsirup werde. Bei dem bärtigen Mann links im Bild handelt es sich offenbar um Alexej Lewkin, einen der bekanntesten russischen Neonazis. Lewkin ist Gründer der "Wotanjugend", die Schießübungen und Rassenlehre-Workshops für Neonazis aus Europa und Nordamerika anbietet; auch Rechtsrockkonzerte hat Lewkin schon öfter organisiert. Er verehrt Adolf Hitler und Rechtsterroristen wie Timothy McVeigh und Anders Breivik. Seine "Wotanjugend" bezeichnete er als "Hammer des Nationalsozialismus".

Aber teilt die "Legion Freiheit Russlands" die Ideologie des "Freiwilligenkorps" – oder ist sie nur wenig zimperlich bei der Partnerwahl im Kampf gegen Putin? Dieser Twitter-Post von voriger Woche legt nahe, dass auch die "Legion" nicht für ein demokratisches Russland kämpft:

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Links im Bild ist "Caesar", wie sich der Sprecher der "Legion" selbst nennt – er führte auch das Wort im Bekennervideo der Gruppe. Rechts neben ihm steht niemand anderes als Denis Kapustin alias Nikitin, der Gründer des "Freiwilligenkorps". Kapustin hält die geballte Faust hoch, während "Caesar" mit der rechten Hand ein "L" formt, das Symbol seiner Organisation: "Wir haben dieselben Werte und ein gemeinsames Ziel – den Kampf für Freiheit und den Sturz des Putin-Regimes", heißt es in dem Post. "Bald werden wir zurückkehren".

"Schäme mich nicht, dass ich Nationalist bin"

Noch eindeutiger klingt, was "Caesar" vorigen Monat dem unabhängigen russischen Portal "istories" berichtet. Demnach sei er bis 2012 Anhänger der ultranationalistischen "Russischen Reichsbewegung" gewesen, die das Zarenreich wieder errichten will und auch deutsche Neonazis an Waffen ausgebildet hat. Die US-Regierung stuft die "Reichsbewegung" als Terrororganisation ein. Verlassen habe er die Organisation, weil diese vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB unterwandert sei. "Ich schäme mich nicht dafür, dass ich russischer Nationalist bin."

Schon nach dem russischen Einmarsch in der Ostukraine 2014 wollte er auf ukrainischer Seite gegen Putin kämpfen, so "Caesar" weiter. Er habe erkannt, dass dort Menschen für ihre Heimat kämpften; andere Rechtsnationalisten hätten sich dagegen vom Kreml für einen ungerechten Krieg einspannen lassen. Nach der russischen Invasion im vorigen Jahr habe er sich dann für den Kampf entschieden und den Weg zur "Legion" gefunden. Jetzt bilde er Leute aus rechtsnationalistischen Organisationen aus, die Putin mit Waffen stürzen wollen.

Die ukrainische Regierung weist jede Verbindung zu den Angreifern von Belgorod von sich. Man beobachte die Lage in der Grenzregion aber mit Interesse, so Präsidentenberater Podoljak. Im Moment dürfte Kiew wohl jeder Vorfall recht sein, der die Aufmerksamkeit des Kreml auf sich zieht und womöglich russische Kräfte bindet. Eine Unterstützung russischer Nationalisten dürfte allerdings kaum im Interesse Kiews sein: Das würde nicht nur der russischen Propaganda Vorschub leisten, sondern womöglich einem noch aggressiveren Regime als dem von Wladimir Putin.

Verwendete Quellen
  • spiegel.de: Der Neonazi-Krieger (Stand: 23. Mai 2023)
  • bellingcat.com: The "Hardcore" Russian Neo-Nazi Group That Calls Ukraine Home (englisch; Stand: 23. Mai 2023)
  • istories.media: "Ich möchte in meinem eigenen Land leben und sterben" (russisch; Stand: 23. Mai 2023)
  • dw.com: German neo-Nazis trained in Russia: report (englisch; Stand: 23. Mai 2023)
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