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Ukrainische Gegenoffensive gegen Russland: Woran hakt es?


"Unangebrachter Optimismus"
Den Ukrainern fehlt eine entscheidende Fähigkeit

Von t-online
Aktualisiert am 31.07.2023Lesedauer: 3 Min.
UKRAINE-CRISIS/BAKHMUTVergrößern des BildesUkrainische Soldaten bei Bachmut: Die Offensive kommt langsamer voran als erhofft. (Quelle: UKRAINIAN ARMED FORCES PRESS SERVICE)
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Woran hakt es bei der ukrainischen Offensive? Zwei Militärexperten sehen nicht nur ein Problem in ausbleibenden Waffenlieferungen.

Hanna Maljar hatte einige Erfolgsmeldungen parat. "Allmählich, aber sicher", rücke die ukrainische Armee auf die Städte Melitopol und Berdjansk vor, schrieb die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine auf Telegram. Darüber hinaus teilte sie mit Blick auf die schweren Kämpfe an der Front im östlichen Gebiet Donezk mit: "Heute sind wir an der Südflanke um Bachmut weiter vorgerückt."

Der russische Präsident Wladimir Putin bestritt indes größere Erfolge der ukrainischen Streitkräfte. "Nein, es gibt keine größeren Veränderungen", sagte Putin am Samstag in St. Petersburg. "Natürlich wurde der Feind überall gestoppt und zurückgedrängt", behauptete er.

Unabhängig überprüfen lassen sich viele Angaben zu Truppenbewegungen in diesem Krieg nur schwer. Doch die Ukraine hat tatsächlich in den ersten Monaten ihrer lange beschworenen Gegenoffensive mehr Land von den Russen befreien können, als Putins Armee in den vergangenen zwölf Monaten erobern konnte. Trotzdem läuft die Offensive schleppend, das hatte zuletzt auch die ukrainische Führung eingeräumt.

Nicht nur die Waffen sind das Problem

Immer wieder werden dabei ausbleibende Waffenlieferungen als Grund genannt: Es fehle der Ukraine vor allem an Nachschub von Artilleriemunition, neben Großbritannien (Storm Shadow) und Frankreich (SCALP) blieb die Lieferung von weiteren Marschflugkörpern wie der deutschen Taurus bisher aus, Kampfjets westlicher Bauart wie die F-16 aus den USA gab es noch gar keine.

Doch die ausbleibenden Waffenlieferungen sind nur ein Problem der Ukraine. Das sagen zumindest die Militärexperten Franz-Stefan Gady und Michael Kofman: Im Kern mangele es den ukrainischen Streitkräften auch an einer fundierten Ausbildung und an Erfahrung, schreiben Kofman und Gady in einem Gastbeitrag für die britische Wochenzeitung "The Economist."

"Neue Einheiten, die nur wenige Monate im Westen ausgebildet wurden, können bei einzelnen Kampfaufgaben gute Leistungen erbringen, doch fehlt ihnen der Zusammenhalt", heißt es dort etwa. Zahlreiche ukrainische Soldaten wurden in den vergangenen Monaten im Westen an neuen Waffen ausgebildet. In Deutschland gab es etwa Schulungen an den Leopard-Kampfpanzern oder der Panzerhaubitze 2000.

Video | Ukraine erobert Dorf zurück
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Quelle: Reuters

"Führte zu unangebrachtem Optimismus"

Das Problem: Den Umgang mit den Waffen konnten die Soldaten offenbar schnell erlernen. Das bedeute allerdings nicht, dass die Truppen auch die Waffen im Zusammenspiel mit anderen Systemen und Einheiten gut beherrschen: "Die Fähigkeit der ukrainischen Soldaten, westliche Technik schnell zu beherrschen, führte zu einem unangebrachten Optimismus, dass die Zeit, die es braucht, um zusammenhängende Kampfeinheiten zu entwickeln, kurzgeschlossen werden könnte."

Dementsprechend fehle es den ukrainischen Einheiten häufig an Erfahrung, auch im großen Maßstab ihre Aktionen zu koordinieren und ihre Soldaten möglichst abgestimmt über ein größeres Gebiet einzusetzen. "Die ukrainische Armee ist heute eine der erfahrensten der Welt, aber es fehlt ihr immer noch an Erfahrung in der Koordinierung von Offensivaktionen in großem Maßstab", heißt es in dem Bericht.

Schwere Verluste in Robotyne

Beispiele von fehlgeschlagenen ukrainischen Angriffen gab es zuletzt immer wieder: Das US-amerikanische "Institute for the Study of War" berichtete zuletzt, dass die ukrainische Offensive mehrere Rückschläge südöstlich der Stadt Saporischschja erlitten hätte. Besonders spektakulär verlief dabei ein angeblich gescheiterte Angriff in der Nähe des Ortes Robotyne. Mehr dazu lesen Sie hier.

Gleichzeitig machen die Experten deutlich, dass weitere Waffenlieferungen angebracht wären. Allerdings müsse man davon ausgehen, dass kein neues Waffensystem von jetzt auf gleich den Kriegsverlauf fundamental ändern werde. Denn dadurch werde die Koordinierung noch komplizierter, etwa bei der F-16. Deren effektiver Einsatz werde "wahrscheinlich Jahre" dauern.

Russische Stellungen schwer einnehmbar

Hinzu komme, dass sich die russischen Truppen auf die Angriffe lange genug vorbereiten konnten. In der Stadt Bachmut, die schon lange umkämpft ist, sei das zwar nicht der Fall. Im Süden der Ukraine sei es den Russen dagegen gelungen, sich in ihren Stellungen gut einzugraben, was Eroberungen erschwere: Das Schlachtfeld sei stark vermint, zudem habe die Ukraine mit Panzerabwehrraketen, Angriffsdrohnen und Flugzeugen zu kämpfen.

Gady und Kofman sehen daher auch die Notwendigkeit, weitere Waffen zu liefern – und unterscheiden sich dabei kaum von den Forderungen aus Kiew: Die Ukraine bräuchte etwa mehr Geräte zur Minenräumung, Flugabwehr mit kurzer Reichweite, Kampfflugzeuge und mehr Artilleriemunition.

Verwendete Quellen
  • economist.com: "Franz-Stefan Gady and Michael Kofman on what Ukraine must do to break through Russian defences" (englisch, kostenpflichtig)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessement, July 28, 2023" (englisch)
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