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Ukraine-Krieg: Warum Putins Agenten bulgarische Waffenfabriken attackieren


Wichtiger Lieferant der Ukraine
Putins Agenten sollen bulgarische Waffenfabriken angreifen

Von t-online, mk

Aktualisiert am 21.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Weapon arms arsenal production WarheadsVergrößern des BildesEin Mitarbeiter einer bulgarischen Waffenfabrik setzt eine Panzerabwehrwaffe zusammen: "Die Russen sind sehr interessiert an unseren Anlagen." (Quelle: IMAGO/xBelishx)
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Bulgarien versorgt die Ukraine mit Munition für sowjetische Panzer. Das macht das Land offenbar zur Zielscheibe für russische Saboteure.

Zwei Mal schon wurde Emilian Gebrew ein Gift verabreicht, das eng verwandt ist mit Nowitschok – jenem Teufelszeug aus sowjetischen Chemielaboren, mit dem Kremlchef Putin gerne seine Gegner terrorisiert. Gebrew hat die beiden Attentate im Jahr 2015 überlebt. Sicher fühlt sich der Chef des bulgarischen Waffenherstellers Emco aber bis heute nicht.

Seine Firma produziert Munition für Gewehre und Panzer aus sowjetischer Herstellung und liefert sie an die Ukraine. Trotz der Waffenlieferungen aus dem Westen ist die ukrainische Armee noch immer stark auf ihr altes Kriegsgerät angewiesen. Ersatzteile und Munition dafür werden außerhalb Russlands aber kaum noch hergestellt. Das macht Bulgariens Beitrag für die Verteidigung der Ukraine so wichtig – und erklärt, warum Putin seine Agenten in das Land schickt.

Immer wieder Anschläge gegen Emco-Fabriken

Schon seit Jahren würden russische Saboteure seine Fabriken und Lagerhäuser ins Visier nehmen, berichtet Emilian Gebrew der "Financial Times". Den ersten Sprengstoffanschlag registrierte er 2011. Über die folgenden Jahre habe es immer wieder Explosionen in Emco-Anlagen gegeben, zuletzt 2022. Eine andere Emco-Fabrik wurde im selben Jahr von einem Brand verwüstet. Auch in den Fabriken anderer bulgarischer Waffenhersteller habe es wiederholt Sabotageakte und Explosionen gegeben. Dass die Vorfälle nie aufgeklärt wurden, wundert Emilian Gebrew allerdings nicht.

Nach den zwei Giftanschlägen gegen ihn 2015 ermittelte die bulgarische Staatsanwaltschaft zunächst wegen versuchten Mordes gegen drei Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Die Männer sollen die Substanz, die das Nervensystem angreift, unter anderem auf den Türgriff von Gebrews Auto gebracht haben. Ähnlich gingen GRU-Agenten drei Jahre später bei dem Attentat auf den früheren russischen Geheimdienstler Sergej Skripal im britischen Salisbury vor. Auch der inhaftierte Oppositionelle Alexej Nawalny wurde 2020 mit Nowitschok vergiftet. Im Fall Gebrew liefen die Ermittlungen aber ins Leere und wurden 2020 eingestellt.

"Wer ermittelt eigentlich gegen die Ermittler?"

"Es gab mehr als ein Dutzend Fälle, in die russische Agenten und ihr Spionagenetzwerk in Bulgarien verwickelt waren", sagt Emco-Chef Gebrew. "Aber bei all diesen Ermittlungen kam nichts heraus, sie wurden entweder gestoppt oder verliefen im Sand, bevor es zur Anklage kam." Gebrew glaubt, dass der Kreml noch immer viel Einfluss in Bulgarien hat, vor allem in der Justiz und im Sicherheitsapparat. Sofia gehörte einst zu den engsten Verbündeten Moskaus: "Seit dem Kalten Krieg ist Bulgarien viel zu lax", so Gebrew. "Die Agenten des GRU haben es bequem hier und können ungehindert operieren."

Dem bulgarischen Staat ist offenbar bewusst, dass sich die heimische Rüstungsindustrie im Visier des Kreml befindet. "Die Russen sind sehr interessiert an unseren Anlagen und den Menschen, die sie am Laufen halten", zitiert die "Financial Times" einen bulgarischen Beamten, der anonym bleiben will. "Die Frage ist, wie die Behörden die Industrie und ihre Mitarbeiter schützen kann. Ermittlungen werden torpediert und Beweise zerstört – wer ermittelt eigentlich gegen die Ermittler?", fragt der Beamte rhetorisch. Im ärmsten Land der EU mit sieben Millionen Einwohnern ist Korruption noch immer weit verbreitet.

Dabei ist die vehemente Unterstützung Bulgariens für die Ukraine an sich schon erstaunlich. Nach dem russischen Überfall im Februar 2022 schien es lange Zeit das einzige Nato-Land zu sein, das der Ukraine keine Waffen lieferte. Zu eng schienen die traditionelle Verbindung nach Russland. Anfang 2023 wurde dann bekannt, dass die bulgarische Regierung die Ukraine heimlich schon länger massiv unterstützt hatte. Kiew erhielt schon im ersten Kriegsjahr nicht nur Munition aus Bulgarien, sondern auch große Mengen Treibstoff. Zeitweise soll die ukrainische Armee 40 Prozent des Diesels für ihre Panzer und Lkw aus Bulgarien bezogen haben – und so überhaupt erst in der Lage gewesen sein, den russischen Vormarsch abzuwehren.

Verwendete Quellen
  • ft.com: Russian hitmen and saboteurs target Bulgaria’s arms industry, magnate says (englisch, kostenpflichtig)
  • welt.de: Das Land, das heimlich die Ukraine rettete (kostenpflichtig)
  • n-tv.de: Warum Bulgarien der heimliche Retter der Gegenoffensive ist
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