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CDU-Vorsitzende seit 1950: Diesen CDU-Chef mochte Adenauer nicht


CDU-Vorsitzende seit 1950
Einen mochte Adenauer nicht, der andere kassierte eine Ohrfeige

Von Marc von Lüpke

Aktualisiert am 16.01.2021Lesedauer: 5 Min.
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"In der Geschichte der Bundesrepublik": Angela Merkel hat auf dem digitalen Bundesparteitag klar die Rolle der CDU benannt. (Quelle: Reuters)

Konrad Adenauer nutzte Wein in Massen zum Aufstieg, eine Nachfolgerin sorgte als "Putzfrau" für Befremden. t-online schaut zurück auf CDU-Chefs aus sieben Jahrzehnten.

Sechs Männer und zwei Frauen standen der CDU bislang vor. Am Samstag werden 1.001 Delegierte einen weiteren Mann in die Ahnengalerie der Christdemokraten einschreiben. Wer aber stand zuvor an der Spitze der CDU? Und amtierte zugleich meist im Bundeskanzleramt? Eine kleine Parteigeschichte in acht Anekdoten:

Konrad Adenauer (1950-1966): Der Mann, der sich zum Kanzler aufschwang

Den meisten Deutschen ist Konrad Adenauer als erster Bundeskanzler in Erinnerung. Der Weg dahin war für den ehemaligen Kölner Oberbürgermeister und Erfinder einer Sojawurst allerdings alles andere als leicht. Denn 1949 befand sich seine CDU in einer ganz unverhofften Lage: Aus der Bundestagswahl war sie als Siegerin hervorgegangen. Und stand plötzlich vor der Frage, wer eigentlich aus ihren Reihen als Bundeskanzler geeignet war.

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Adenauer lud zu sich privat nach Rhöndorf ein – und ließ sich nicht lumpen. Von einem "Sortiment Weine, die für uns wie himmlische Glocken klangen" schwärmte der junge Franz-Josef Strauß, der zugegen war. Ein mächtiger Konkurrent war hingegen nicht eingeladen, Karl Arnold, Regierungschef von Nordrhein-Westfalen. Adenauer ließ in der alkoholgeschwängerten Atmosphäre durchblicken, dass er zur Kanzlerschaft bereit wäre. Noch mehr: Dass er geradezu dazu aufgefordert worden wäre.

Es stand allerdings noch die Frage des Alters im Raum, Adenauer war Jahrgang 1876 (!): Vorab hatte er seinen Arzt befragt, dieser attestierte ihm Amtsfähigkeit für zwei, je nach Überlieferung auch nur anderthalb Jahre. Es sollte beträchtlich länger werden: 1950 wurde Adenauer CDU-Chef (die sich in diesem Jahr auf Bundesebene gründete) und blieb dann bis 1963 schließlich Bundeskanzler, bis 1966 CDU-Vorsitzender.

Ludwig Erhard (1966-1967): Der Mann, den Adenauer nicht mochte

Wie kein anderer Politiker steht Ludwig Erhard für das sogenannte Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit. Klug lenkte er seit 1949 das Bundeswirtschaftsministerium, der Begriff der "Sozialen Markwirtschaft" ist untrennbar mit dem gebürtigen Fürther verbunden. Weniger angetan als die meisten Bundesbürger war allerdings Kanzler Adenauer von Erhard.

Um keinen Preis wollte Adenauer den Spitzenminister als seinen Nachfolger im Kanzleramt sehen. 1959 kam dem greisen Regierungschef eine Idee: Erhard könne doch Bundespräsident werden. Was der Betreffende dankend ablehnte. 1963 wurde Erhard dann doch Kanzler, eine nicht nach Wunsch verlaufene Wahl hatte Adenauers Machtbasis geschwächt. Drei Jahre später wurde Erhard dann auch Parteichef. Obwohl er erst im betreffenden Jahr 1966 in die CDU eingetreten war. Beziehungsweise der Partei möglicherweise gar nicht angehört hat, wie es auch überliefert wird.

Kurt Georg Kiesinger (1967-1971): Der Kanzler, der eine Ohrfeige bekam

Fassungslosigkeit herrschte im November 1968 auf dem CDU-Parteitag in West-Berlin. "Sie hat den Kanzler geohrfeigt!", fasste ein entsetzter Polizist die Geschehnisse zusammen. "Sie", damit war die Aktivistin Beate Klarsfeld gemeint, Kanzler war Kurt Georg Kiesinger, seit 1966 Bundeskanzler und seit 1967 CDU-Vorsitzender.

Klarsfeld hatte ihren Angriff auf den Politiker mit den Worten "Nazi, Nazi" begleitet, denn genau diesen Vorwurf machte sie Kiesinger: 1933 war dieser in die NSDAP eingetreten, arbeitete später im Außenministerium. Dass ein solcher Mann Kanzler werden konnte, war Klarsfeld unbegreiflich. Kiesinger nahm die Ohrfeige gelassen hin. Da Klarsfeld ihre Tat im Vorfeld angekündigt hatte, fragte er nach vollendetem Watschen später nur: "War das die Klarsfeld?"

Rainer Barzel (1971-1973): Das Wunderkind, das an der Stasi scheiterte

Seit 1971 führte Rainer Barzel die CDU an. Wenig erstaunlich, denn er galt als eine Art Wunderkind mit dem Potenzial für höchste Weihen. Als Oppositionsführer wollte er dementsprechend 1972 den entscheidenden Schritt tun: indem er Bundeskanzler Willy Brandt mit einem konstruktiven Misstrauensvotum im Parlament stürzte. Soweit der Plan, der allerdings zum Scheitern verurteilt war.

Denn die ostdeutsche Stasi hatte ihre Finger im Spiel. Sie griff zum Mittel der Bestechung, um Brandt im Amt zu halten. Am Ende enthielten sich zwei CDU-Abgeordnete der Stimme, sie hätte Barzel gebraucht für den Erfolg. Mindestens einer der beiden war von der Stasi bestochen worden, wie später bekannt geworden ist. Barzels großer Traum war zu Ende.

Helmut Kohl (1973-1998): Der Mann, der den Putschversuch überstand

Helmut Kohl war einer der Langzeitvorsitzenden der CDU. Fast wäre es allerdings nicht dazu gekommen. Denn 1989 plante eine Gruppe das politische Ende des seit 1973 als Parteichef fungierenden Rheinland-Pfälzers, der zudem seit 1982 Bundeskanzler war. Die Truppe um Heiner Geißler bezeichnete Kohl nur etwas abfällig als die "Bremer Stadtmusikanten". Ort des Showdowns sollte eben auch der Parteitag in der Hansestadt sein.

Kohl war allerdings ein Glückspilz, hatte er frühzeitig erfahren, dass der Ostblockstaat Ungarn in dem Schicksalsjahr 1989 den Eisernen Vorhang öffnen wollte. Eine absolute Sensation! Geschickt orchestrierte Kohl mit Ungarn eben die Maueröffnung im September 1989, derart, dass alle Delegierten beim parallel stattfindenden Parteitag schier überwältigt waren. Den Mann stürzen, der gerade diese Neuigkeit verkündet hatte? Undenkbar. So konnte Kohl bis 1998 weiter an der Spitze von CDU und Kanzleramt bleiben.

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Wolfgang Schäuble (1998-2000): Der Mann, dem Kohls Affäre schadete

Für die Deutsche Einheit erntete Helmut Kohl viel Anerkennung, genau wie sein Nachfolger als CDU-Chef, Wolfgang Schäuble. Beider Denkmal erhielt allerdings Ende des letzten Jahrtausends deutliche Kratzer. Illegale Parteispenden in Millionenhöhe kosteten Kohl den Ehrenvorsitz, zumal er die Herkunft des vielen Geldes nicht erklären wollte: Ehrenwort...

Wolfgang Schäuble war Kohl als Parteivorsitzender gefolgt, allerdings sollte er sich nur zwei Jahre im Amt halten können. Eine Parteispende in Höhe von 100.000 DM, bei der umstritten ist, ob Schäuble sie persönlich in Empfang genommen hatte, wurde ihm zum Verhängnis. Immerhin stammte sie von dem berüchtigten Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber.

2000 trat der sichtlich von den Vorgängen mitgenommene Schäuble als CDU-Vorsitzender zurück. Er empfand sich als Opfer einer Intrige.

Angela Merkel (2000-2018): Die Frau, die eine Fahne einkassierte

2000 übernahm Angela Merkel, lange Zeit als "Kohls Mädchen" tituliert, den Vorsitz der Christdemokraten. Wie schon Schäuble vor ihr, führte sie die CDU als Oppositionspartei, gegen den SPD-Kanzler Gerhard Schröder war lange kein Blumentopf zu gewinnen nach der CDU-Spendenaffäre. Doch Merkel agierte klug und bedächtig, am Schluss auch erfolgreich: Seit 2005 ist sie die erste Kanzlerin der Bundesrepublik.

Acht Jahr später demonstrierte sie einmal mehr ihre Souveränität. Auf der Wahlparty nach der gewonnenen Bundestagsabstimmung skandierten CDU-Spitzenpolitiker "Tage wie diese", ironischerweise von den Toten Hosen, dazu schwenkte Hermann Gröhe munter eine kleine Deutschlandfahne. Kurz entschlossen nahm ihm Merkel das Fähnchen im Wind ab. Was bei manchen Konservativen eher schlecht ankam, dafür in Europa als große Geste gesehen wurde. Denn das nationale Pathos ist Merkels Sache ganz sicher nicht.

Annegret Kramp-Karrenbauer (2018-2021): Die Frau, deren Humor umstritten ist

Aus dem Saarland stammt die Nachfolgerin Angela Merkels, die im Dezember 2018 den CDU-Parteivorsitz abgegeben hat. Der vormaligen Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer wurde es von Anfang an nicht leicht gemacht, sie erregte allerdings auch selbst Aufsehen. 2019 erprobte Kramp-Karrenbauer ihr komödiantisches Talent auf einer Karnevalsveranstaltung.

Als "Putzfrau Gretel" amüsierte sie sich über Sanitäranlagen für das dritte Geschlecht. Doch die Zeiten haben sich geändert, der Witz kam außerhalb der Halle alles andere als gut an. So endet AKKs Amtszeit, wie ihr Name etwas buchstabenschonend abgekürzt wurde, nun mit dem CDU-Parteitag am 16. Januar 2021.

Verwendete Quellen
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