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Warnstreik und Containerstau in Hamburg: Werden jetzt die Güter knapp?


Schiffe stauen sich schon
Erster Hafenstreik seit mehr als 40 Jahren: Werden jetzt die Güter knapp?


Aktualisiert am 09.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Das Luftbild zeigt zahlreiche Container auf dem HHLA-Container-Terminal Burchardkai und dem Containerterminal Eurogate im Hamburger Hafen.Vergrößern des Bildes
Das Luftbild zeigt zahlreiche Container auf dem HHLA-Container-Terminal Burchardkai und dem Containerterminal Eurogate im Hamburger Hafen. (Quelle: Daniel Reinhardt/dpa)

Der Hamburger Hafen ist unter Druck: Die Lagerflächen für Container werden knapp, Schiffe stauen sich in der Deutschen Bucht. Jetzt droht ein Warnstreik die Lage noch weiter zu verschärfen. Werden Importgüter knapp?

Am Hamburger Hafen wird es heute die ersten Warnstreiks seit mehr als 40 Jahren geben. Das hat die Gewerkschaft Verdi angekündigt. Sie vertritt nach eigenen Angaben rund 12.000 Beschäftigte in fast 60 Seehafenbetrieben in Norddeutschland – darunter auch im Hamburger Hafen. Für den Hafenlogistiker HHLA kommt der Streik zur Unzeit, die Probleme sind auch so schon groß genug. Experten warnen, dass bestimmte Güter in den kommenden Monaten noch knapper und teurer werden könnten. Bereits jetzt stauen sich etwa ein Dutzend Containerschiffe in der Nordsee, die norddeutsche Häfen anlaufen wollen.

"Die Lage ist derzeit sehr angespannt", sagt HHLA-Sprecher Hans-Jörg Heims im Gespräch mit t-online. "Wir erleben derzeit große Verzögerungen in den Transportketten." Die globale Logistik ist seit Beginn der Corona-Pandemie außer Tritt geraten, weil immer wieder Häfen geschlossen werden mussten. Ein Beispiel: Insbesondere die für Deutschland wichtigen Häfen in China, allen voran Shanghai, leiden unter der Zero-Covid-Strategie der Volksrepublik.

Hamburg: Streik droht den Containerstau im Hafen zu verschärfen

Eigentlich müssten die kommenden Wochen dafür genutzt werden, den Containerstau und damit auch den Schiffsstau in der Nordsee abzubauen, fordert Handelsexperte Vincent Stamer vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel im Gespräch mit t-online. "Der Hafen in Shanghai hat den größten lockdownbedingten Einbruch hinter sich. Das werden wir hier ab jetzt noch vier bis sechs Wochen zu spüren bekommen", erklärt er die Zusammenhänge. "Wenn dieses Zeitfenster verspielt wird, drohen Engpässe und auch höhere Preise bei vielen Importgütern aus Übersee."

Im Hamburger Containerhafen gibt es aber kaum noch Platz: Derzeit seien es besonders die Importcontainer, die Plätze blockieren und nicht ins Hinterland weitertransportiert werden, erklärt Heims. Als Gründe dafür nennt er Störungen im Bahnverkehr durch Unwetter oder Baustellen, aber auch volle Lager im Handel und eine inflationsbedingt gebremste Nachfrage nach Konsumgütern. "Der nun anstehende Streik wird den Abbau der Container sicher nicht beschleunigen, das wird sich weiter verzögern", sagt HHLA-Sprecher Heims.

IfW-Experte Vincent Stamer schätzt, dass sich die Probleme bis in das Weihnachtsgeschäft ziehen könnten. "Es geht um Elektronik in jeder Form, von der Unterhaltungselektronik bis hin zu Zwischengütern für die Industrie, aber auch um Sportgeräte oder Möbel, die aus China importiert werden." Rund ein Zehntel aller nach Deutschland importierten Güter stamme aus der Volksrepublik; der zuletzt stark eingeschränkte Hafen in Shanghai ist der größte Containerumschlagplatz der Welt.

Experte: Lebensmittelversorgung ist wegen Containerstau nicht in Gefahr

Von einer bedrohlichen Versorgungskrise sei Deutschland aber weit entfernt, sagt Stamer. "Wir beziehen unsere Lebensmittel ganz überwiegend aus Europa, diese Güter kommen auf anderen Verkehrswegen zu uns." Dennoch: Stockender Nachschub an Konsumgütern verschiebe die wirtschaftliche Erholung weiter nach hinten. "Da geht es nicht nur um den Handel, in Summe ist das ein gesamtwirtschaftliches Problem."

HHLA-Sprecher Hans-Jörg Heims sagt, die Probleme könnten nicht allein im Hamburger Hafen gelöst werden. Insgesamt müssten die Transportketten besser abgestimmt und aufgestellt werden. Dabei seien auch Reeder und die Logistiker im Hinterland in der Pflicht. "Wir tun, was wir können, indem wir weitere Flächen für die Lagerung von Containern hinzunehmen", sagt Heims. Auch er warnt, dass man auf die bevorstehende Welle aus China vorbereitet sein müsse: "Dann müssen die Häfen frei sein."

"Die Elbe ist ein unflexibler Engpass"

Heims betont, dass Hamburg nicht alleine sei mit seinen Problemen. Das bestätigt auch das IfW: Vor den Häfen in Rotterdam und Antwerpen sei die Lage noch dramatischer. Die Lage in Hamburg sei dennoch besonders, schränkt Jan Ninnemann von der Hamburg School of Business Administration ein. Der Professor ist Experte für maritime Logistik und sagt zu t-online: "Die Elbe ist ein unflexibler Engpass, der nicht dauerhaft befahren werden kann." Mit Blick auf den Schiffsstau sei dies ein zusätzlicher Faktor.

Der nun anstehende Streik belaste den Hamburger Hafen in einer schwierigen Situation zusätzlich: "Sicher wollen die Beschäftigten vor Ort auch einen Ausgleich für die Inflation. Die HHLA muss jetzt Wege gemeinsam mit den Arbeitnehmern finden, zusätzliche Anreize für die notwendige Mehrarbeit zu schaffen." In Hamburg gebe es historisch bedingt einen besonders hohen Grad gewerkschaftlicher Organisation. Dass die HHLA "in der Vergangenheit viele Zugeständnisse machen musste", mache sich jetzt stark bemerkbar.

Doch auch außerhalb des Hafens gebe es dringenden Handlungsbedarf, um die sich anstauenden Importcontainer zu verteilen. Ninnemann regt an, mit den Verkehrsträgern im Hinterland zu beraten, welche Infrastrukturen dort kurzfristig verbessert werden könnten: "Möglicherweise lassen sich ein paar Baustellen auf Bahnstrecken beschleunigen oder ganz verschieben, um so weitere Entlastung zu schaffen."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit HHLA-Sprecher Hans-Jörg Heims
  • Gespräch mit Handelsexperte Vincent Stamer vom Institut für Weltwirtschaft (Kiel)
  • Gespräch mit Prof. Dr. Jan Ninnemann von der Hamburg School of Business Administration
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