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Hanebuth-Prozess: Darum drohen dem Ex-Hells-Angel 13 Jahre Gefängnis


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Darum drohen Hanebuth im Hells-Angels-Prozess 13 Jahre Haft

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Von Patrick Schiller

Aktualisiert am 08.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Ein Hells-Angels-Motorrad-Korso in Berlin. Vorne: Frank Hanebuth (Archivbild): Der Hannoveraner soll Kopf einer kriminellen Vereinigung sein, die auf Mallorca ihr Unwesen getrieben haben soll.Vergrößern des Bildes
Ein Hells-Angels-Motorrad-Korso in Berlin. Vorne: Frank Hanebuth (Archivbild): Der Hannoveraner soll Kopf einer kriminellen Vereinigung sein, die auf Mallorca ihr Unwesen getrieben haben soll. (Quelle: Müller-Stauffenberg/imago images)

In Spanien verhandelt die Justiz einen spektakulären Rocker-Prozess: Es geht um insgesamt 300 Jahre Haft. Ein Deutscher soll die Strippen gezogen haben.

Der Mega-Prozess vor dem Nationalgericht in San Fernando de Henares bei Madrid gegen den früheren Rocker-Boss Frank Hanebuth aus Hannover und zahlreiche mutmaßliche Ex-Mitglieder und Helfer einer kriminellen Vereinigung auf Mallorca hat am Montag begonnen. Summiert geht es um 300 Jahre Haft.

Wer ist Frank Hanebuth?

Der "Steintorkönig" von Hannover, oft auch "der Lange" genannt, ist ein hannoverscher Bordellbetreiber. Der 58-jährige Hanebuth entstammt einer bürgerlichen Familie: Vater Berufsschuldirektor, Mutter Chefsekretärin. Noch während seiner Ausbildung zum Zimmermann startete Hanebuth seine Rotlichtkarriere auf Hannovers Partymeile am Steintor. Auch als Schwergewichtsboxer trat Hanebuth in Erscheinung, absolvierte vier Profikämpfe. Mitte der Neunzigerjahre ging er unter die Biker, zunächst bei Bones MC, wo er auch Präsident wurde. Später schloss sich der Club den berüchtigten Hells Angels an.

Seit dem Jahr 2000 wuchs Hanebuth in Hannover zur gesellschaftlichen Größe heran und wurde selbst von Teilen der Polizei respektiert. Grund: Er und seine Hells Angels trugen maßgeblich zur "Befriedung" des zwischen Albanern, Türken und Russen umkämpften Steintorviertels bei. Götz von Fromberg, Rechtsanwalt und Freund von Gerhard Schröder, unterstützte Hanebuth in dieser Zeit maßgeblich und brachte ihm Kontakte in Hannovers "Who’s who". Von der "Hannover Connection" war damals deutschlandweit die Rede.

Selbst lokale Journalisten arbeiteten dem Hünen zu: Für dessen "Steintornews"-Magazin schrieben sie ganz offiziell Texte – neben ihrer Anstellung in der hannoverschen Medienlandschaft. Erst auswärtige Zeitungen berichteten später über die Vorgänge auf dem Kiez.

Wie viel Macht hat der Ex-Hells-Angels-Boss?

Ex-Innenminister Schünemann musste 2011 intern aufräumen und entließ den früheren Polizeipräsidenten Christian Grahl, weil der in Hanebuths Etablissements Partys feierte.

Hanebuth kontrolliert einen Großteil der hannoverschen Tanzclubs, Bordelle, Sexshops und Pornokinos mithilfe zahlreicher Tochtergesellschaften und Türsteherdiensten. Versuche, das Hannover-Chapter durch Übernahme von Bordellen in Lüneburg und Hamburg zu erweitern, wurden von der Hamburger Polizei unterbunden. Dafür war Hanebuth als Verhandlungsführer bei den Friedensverhandlungen mit dem verfeindeten Bikerclub Bandidos erfolgreich.

Er soll auch versucht haben, Chef aller Deutschen Hells Angels zu werden – scheiterte aber. 2012 folgte eine Großrazzia auf dem Privatgrundstück Hanebuths bei Hannover: Hubschrauber und Einsatzkräfte der GSG 9 stürmten das Villengrundstück in Garbsen. Wenig später folgte die Ankündigung eines Verbotsverfahrens gegen die Rockerbande – da löste sich das Chapter auf.

Während einer Gerichtsverhandlung im Fall einer Körperverletzung machte Hanebuth Angaben zu seinem Einkommen. Rund 2.300 Euro verdiene er monatlich – wegen Corona, berichtete die "Hannoversche Allgemeine" damals. Er selbst lebe demnach von 1.300 Euro. Was mit seinem Vermögen passiert ist, bleibt unklar. Bis heute ist Hanebuth nicht vorbestraft, kam in diesem Fall ebenfalls mit einer Geldstrafe davon.

Was wirft die spanische Justiz den Hells Angels vor?

In den Jahren 2009 bis 2013 sollen Hanebuth und 47 weitere Beklagte auf Mallorca illegale Geschäfte getrieben haben: Die Staatsanwaltschaft hat Hanebuth 2019 wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Bedrohung und illegalen Waffenbesitzes angeklagt. Mitangeklagte Hanebuths wurden u.a. wegen Zuhälterei und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz angeklagt, er persönlich aber nicht.

Hanebuth soll auf einer Finca in Lloret de Vistalegre im Zentrum der Insel gelebt haben, deren Wert von den Behörden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt wurde. Er bestreitet im Prozess, dass die Villa ihm gehört habe. Im Zuge von Ermittlungen im Fall einer Körperverletzung wurden auch Telefonate der Rocker abgehört – und man stieß gemäß den Behörden offenbar auf Beweise. Laut "Mallorca Zeitung" soll Hanebuth auch die Personen zur Leitung der "Tagesgeschäfte" auf der Insel eingesetzt haben. Dabei soll es sich zum großen Teil um Mitglieder eines türkischen und eines luxemburgischen Charters der Hells Angels gehandelt haben.

Anders als Hanebuth akzeptierten viele der männlichen und weiblichen Mitangeklagten – überwiegend Deutsche, aber auch Türken, Spanier und Luxemburger – bereits einen Deal mit den Behörden und damit Haftstrafen, die in hohe Geldstrafen umgewandelt werden könnten. Hanebuth aber beteuert im Verfahren weiter seine Unschuld.

Wieso dauerte es zehn Jahre bis zum Prozess?

Zwar jagten die spanischen Ermittler den Hells Angels bereits 2009 auf Mallorca hinterher, beschatteten sie und sammelten Beweise, doch erst 2013 schlugen die Fahnder mit der Operation "Casablanca" zu: 200 Polizisten durchsuchten auf Mallorca zahlreiche Villen, Wohnungen und Geschäftslokale, darunter auch die Finca, in der Hanebuth gelebt haben soll. Insgesamt wurden 27 Verdächtige festgenommen und zahlreiche Beweismittel gesichert.

Doch die spanischen Gerichte sind überfordert, alleine die Sichtung der Beweismittel dauerte Jahre. Zudem gingen die Behörden Hinweisen auf millionenschwere Geldwäsche nach; das Geld soll ins europäische Ausland gebracht worden sein: nach Deutschland, in die Türkei, nach Bulgarien, Luxemburg und auch in die Schweiz.

Hanebuth saß mehr als zwei Jahre auf Mallorca in U-Haft, mit höchster Sicherheitsstufe, kam dann gegen Kaution und Meldeauflagen frei, nachdem man ihn zunächst nicht hatte freilassen wollen. Er könnte Zeugen beeinflussen, hieß es damals. "Wir sind Männer, wir müssen da durch", sagte er, als er das Gefängnis im Dezember 2015 als freier Mann verließ. Im Knast soll er Boxtrainer gewesen sein,

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Welche Strafe droht Frank Hanebuth bei einer Verurteilung?

Die Staatsanwaltschaft fordert für Hanebuth eine 13-jährige Gefängnisstrafe. Neben Hanebuth sind auch seine engen Vertrauten K. Y. und A. Y. angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert für K. Y. sogar 28 Jahre und sechs Monate Haft. Sein Bruder A. Y. könnte für 23 Jahre und zehn Monate ins Gefängnis gehen.

Wie argumentiert die Verteidigung?

Vor Beginn der Verhandlung äußerte sich sein Hannoveraner Anwalt Michael Nagel unbesorgt: Er glaube an ein mildes Urteil. "Eine langjährige Haftstrafe wird es nicht geben", so Nagel. Auch seine spanische Kollegin, Ana Mara, die Hanebuth in Spanien verteidigte, baute ihre Strategie offenbar bislang auf die Unschuldsbehauptung Hanebuths auf. Sie prangerte zum Prozessauftakt am Montag die Ermittlungen der spanischen Behörden an. Es habe schwere Ermittlungsfehler gegeben, die nichts anderes als eine Einstellung des Verfahrens zur Folge haben könnten. Doch statt das Verfahren zu annullieren, folgte die Vorsitzende Richterin Teresia Palacios den Ausführungen der Staatsanwaltschaft und begann mit den Anhörungen.

Wie geht der Prozess weiter?

Insgesamt sind zehn Prozesstage angesetzt. Derzeit laufen erste Vernehmungen und Zeugenaussagen. Auch die Beweisaufnahme läuft weiter. Wenn es zur Verhandlung kommt, kann sich die Urteilsverkündung noch Wochen oder Monate hinziehen, denn Hanebuth weist alle Vorwürfe zurück.

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