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Konrad Adenauer: Wieso der Ex-Kanzler die Sojawurst erfand


"Am Stuhlgang erkennbar"
Wieso ein Ex-Bundeskanzler die Sojawurst erfand


Aktualisiert am 24.05.2024Lesedauer: 3 Min.
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Adenauers Sojawurst: In Großbritannien erhielt er ein Patent.Vergrößern des Bildes
Adenauers Sojawurst: In Großbritannien erhielt er ein Patent. (Quelle: Harald Odehnal/StBKAH)

Er steht ganz vorne in den Geschichtsbüchern der Bundesrepublik. Aber er war nicht nur Politiker – sondern auch ein mehr oder weniger erfolgreicher Erfinder.

Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, war zugleich ein umtriebiger Tüftler. Etwa 20 teils recht skurrile Erfindungen meldete er im Laufe seines Lebens bei verschiedenen Patentämtern an. Erfolg hatte er allerdings nur zweimal – und beide Male auch erst nach einigem Hickhack mit den Behörden.

1909 war Adenauer als 33-Jähriger erster Stellvertreter des Kölner Oberbürgermeisters geworden. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 fiel somit die Lebensmittelversorgung der Stadt in seinen Zuständigkeitsbereich.

Keine ganz leichte Aufgabe: Das Deutsche Reich hatte bis Kriegsbeginn etwa ein Drittel seiner Nahrungsmittel importiert, nun blockierte die britische Flotte die deutschen Häfen. Die Preise etwa für Brot schossen in den Himmel, bürokratische Fehler in der Lebensmittelverteilung verschlimmerten die Lage. Bis 1918 starben etwa 800.000 Menschen im Deutschen Reich an Unterernährung, die Opfer waren zumeist Frauen, Kinder und alte Menschen.

Schimmel-Probleme bei Adenauers Schrotbrot

In dieser Situation begann Adenauer zu backen. Gemeinsam mit zwei Kölner Brotfabrikanten entwickelte er ein "Verfahren zur Herstellung eines dem rheinischen Roggenschwarzbrot ähnelnden Schrotbrots".

Statt des knappen Roggens benutzte das Trio unter anderem Getreidekornschalen und aus Rumänien importierten Mais. Die ersten Versuche mit Maismehl schlugen allerdings fehl: Das Brot wurde viel zu feucht und verschimmelte, wie es in einem Artikel auf einer gemeinsamen Internetseite der Stiftung Adenauer-Haus und der Konrad-Adenauer-Stiftung heißt.

"Unter der Maske der Fleischnahrung": Ersatzwurst für Köln

Erst als Adenauer und seine Bäcker-Kollegen begannen, das Maismehl 30 Minuten bei 200 Grad zu dörren, entstand ihnen zufolge ein "angenehm schmeckender, gut aufgehender Teig". Trotzdem wollte das Kaiserliche Patentamt zunächst kein Patent erteilen. Den Beamten war das Rezept nicht originell genug, es handele sich bloß "um Vorschriften, welche jeder Fachmann auf Grund von Erfahrungen und Versuchen zu finden vermag". Erst im dritten Anlauf und nach erneuter Überarbeitung des Antrags war Adenauer erfolgreich und das Patent eingetragen.

Geschmeckt hat den Kölnern das Brot nicht wirklich, angeblich war es als "Viehfutter" verrufen. Aber es sättigte, und so wurden täglich Tausende Stück produziert, bis Rumänien 1916 auf der Seite der Entente in den Krieg eintrat und die Maislieferungen versiegten.

Zu dem Zeitpunkt hatte Adenauer schon längst das nächste Eisen im Feuer. Dieses Mal ging es für ihn um die Wurst: Sein Ziel war ein pflanzliches, proteinreiches Ersatzprodukt für Fleischfreunde, die Sojawurst. Seinem Patentanwalt schrieb er am 10. Mai 1915, er wolle "dem Konsumenten das Pflanzeneiweiß gewissermaßen unter der Maske der Fleischnahrung" unterjubeln, "weil das Volk die Fleischnahrung kennt und liebt".

"Die Wurst wurde, wie der Stuhlgang erkennen ließ, gut ausgenutzt"

Eine vegetarische Alternative war Adenauers Mogelwurst jedoch nicht, sein Sparprodukt enthielt nämlich auch Fleischbrühe. Um es zu testen, ließ er es im Kölner Krankenhaus "Lindenburg", dem heutigen Universitätsklinikum, an Patienten verteilen. Das Urteil des Krankenhausdirektors fiel positiv aus: "Die Wurst wurde gern genommen, gut vertragen und, wie der Stuhlgang erkennen ließ, gut ausgenutzt", teilte er mit.

Das deutsche Patentamt war weniger angetan, denn die Sojawurst verstieß gegen das herrschende Lebensmittelrecht. Doch Adenauer gab nicht auf und wandte sich ans Ausland. In Belgien, Ungarn, Österreich und Großbritannien erhielt er dann tatsächlich auch Patente für seine Erfindung.

Vom Insektentöter zum Abgaskanal: Adenauers andere Erfindungen

Es waren die letzten seines Lebens. Nichts von dem, was er später anpackte, bestand vor den Behörden: Der "elektrische Insektentöter" erwies sich als zu gefährlich für den Benutzer, die Gießkanne mit abklappbarem Brausekopf war dem Patentamt zu unspektakulär, und auch seine Gartenharke mit Hammerkopf konnte nicht überzeugen. Adenauers Vorstellung, Abgase aus den Städten durch die Kanalisation abzuleiten, blieb ebenso unverwirklicht wie seine Idee einer "Vorrichtung zur Verhinderung des Überfahrenwerdens durch Straßenbahnen" – Adenauer wollte eine Walze vor der Bahn anbringen, damit Personen nicht überrollt werden können.

In anderen Fällen hatte der Tüftler schlichtweg Pech und kam zu spät: Beim von innen beleuchteten Stopfei, das beim Flicken von Kleidung das Gewebe von unten erhellen sollte, war die AEG schneller. Und auch bei der heizbaren Kaffeekanne verlor Adenauer das Patent-Rennen gegen einen anderen Erfinder.

Verwendete Quellen
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