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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ärger beim FC Bayern Der denkbar ungünstigste Zeitpunkt
Unmittelbar nach der Länderspielpause muss der FC Bayern am Freitag auswärts in Köln antreten. Das veranlasst Trainer Tuchel zu einer denkwürdigen Generalkritik.
Eigentlich sollte die Dienstreise am Freitag (20.30 Uhr) zum 1. FC Köln beim FC Bayern positive Erinnerungen wecken. Vor knapp einem halben Jahr feierten die Münchner an gleicher Stelle schließlich doch noch den Gewinn der Meisterschaft, den – in Anbetracht der zwei Punkte Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund und dessen Heimspiel gegen Mainz – vor dem abschließenden 34. Spieltag kaum noch jemand für möglich gehalten hätte.
Weil der BVB nicht über ein 2:2 hinauskam, konnte Jamal Musiala dem Rekordmeister mit seinem späten 2:1-Siegtreffer aber schließlich doch noch die elfte Meisterschaft in Folge sichern. Das "Wunder von Köln" war perfekt – und damit der wohl emotionalste Titelgewinn für die Münchner seit 22 Jahren und der Last-Minute-Meisterschaft im Fernduell mit Schalke.
Das trübt Tuchels positive Erinnerungen an Köln
Auch für Trainer Thomas Tuchel markiert das Münchner Meistermärchen in Köln den bisherigen Höhepunkt seiner Zeit als Trainer der Bayern. Dementsprechend sprach er am Donnerstag bei seiner Abschlusspressekonferenz von "sehr guten Erinnerungen" an Köln, "auch wenn uns das einige Nerven gekostet hat".
Der Rückkehr an den Ort seines bislang einzigen Titels mit dem Rekordmeister blickt er dennoch mit gemischten Gefühlen entgegen. Der Grund dafür ist vor allem deren Zeitpunkt, der aus Sicht der Münchner ungünstiger nicht sein könnte. t-online berichtete bereits unmittelbar nach der Spieltagsterminierung über den sich anbahnenden Zoff. Dass ihm die missfällt, hatte Tuchel schon direkt nach dem 4:2-Heimsieg gegen Heidenheim, mit dem er seine Mannschaft in die Länderspielpause verabschiedete, deutlich gemacht.
"Wir spielen dann, ein glorreicher Spielplan, an einem Freitagabend auswärts", sagte Tuchel schon damals mit beißender Ironie: "Das ist natürlich eine sensationelle Ansetzung für den FC Bayern München."
Tuchel erneuert seine Kritik am Spielplan
Fast alle seine Profis waren mit ihren Nationalmannschaften auf Reisen. Die deutschen Auswahlspieler kamen nach der Schmach von Wien und dem 0:2 gegen Österreich erst am Mittwoch zurück nach München. Alphonso Davies von der kanadischen sowie Min-jae Kim von der südkoreanischen Auswahl sogar erst einen Tag später.
Viel Zeit zur Vorbereitung bleibt da nicht. Speziell bei den deutschen Nationalspielern gilt es nach den jüngsten Negativerlebnissen nun erst einmal Frustbewältigung zu betreiben – allen voran bei Leroy Sané, der gegen Österreich nach einem Ausraster die Rote Karte gesehen hatte. "Wir wollen ein Umfeld bieten, wo man sich sicher und ruhig fühlt, wo man die Dinge auch mal abstreifen, neue, positive Energie tanken kann", sagte Tuchel.
Er konnte seine Mannschaft allerdings erstmals wieder am Donnerstag versammeln – beim Abschlusstraining für die Partie in Köln. "Das ist natürlich eine sehr, sehr unglückliche Ansetzung im Sinne des Sports, da bleibe ich dabei", sagte der 50-Jährige und erneuerte damit seine Kritik. Für seine Mannschaft solle das jedoch keine Entschuldigung sein, mahnte er: "Wir werden nicht drauf rumreiten, sondern müssen uns den Gegebenheiten anpassen."
Bayern ändert extra seine Anreisepläne
Das tun Tuchel und die Bayern, indem sie ihren Flug nach Köln extra verlegt haben. "Wir haben uns für eine kurzfristige Anreise am Freitagmorgen entschieden", erklärte Tuchel diese Maßnahme, "um den Spielern die Möglichkeit zu geben, mal zu Hause im Bett zu schlafen und die Familien und Partner zu sehen."
13. Spieltag
Freitag, 06.12.
Samstag, 07.12.
Erst am Spieltag waren die Bayern zuletzt auch zum Pokalspiel bei Saarbrücken angereist – wo die Münchner dann prompt mit 1:2 verloren und aus dem Wettbewerb ausschieden. Ein schlechtes Omen für Köln soll das freilich nicht sein. Tuchel kündigte an: "Wir werden morgen bereit sein, dieses Spiel so anzunehmen und zu gewinnen."
Tuchel mit Generalkritik: "An der Grenze"
Der Bayern-Trainer nahm die unglückliche Spielansetzung aber noch einmal zum Anlass, um zur Generalkritik in Sachen Belastung im europäischen Fußball auszuholen. "Die Leute wollen die besten Spieler mit Freude und Lust Fußball spielen sehen", sagte er. "Das ist in dem Kalender an der absoluten Grenze, wenn nicht drüber."
Nach der abgelaufenen Länderspielpause hätten auch die jeweiligen Nationaltrainer das Feedback gegeben, "dass die Jungs müde sind. Die sind mental müde, die sind emotional müde, die sind physisch müde", so Tuchel weiter. Dabei gehe es nicht nur um die Anzahl der Spiele, sondern auch um die Strapazen der vielen Reisen: "Da kommen nächstes Jahr noch zwei Champions-League-Spiele dazu, da kommt ein Turnier im Sommer, das ist einfach an der Grenze."
Jetzt hat Bayern das Dortmund-Problem
Nach dem Heimspiel am 15. September gegen Leverkusen (2:2) müssen die Münchner übrigens bereits zum zweiten Mal unmittelbar nach einer Länderspielpause freitags antreten. Mit einer ähnlichen Problematik hatte sich zuletzt auch Borussia Dortmund im Oktober auseinandersetzen müssen.
Denn direkt im Anschluss an die damalige USA-Reise der Nationalelf musste der BVB an einem Freitag (20. Oktober) zu Hause gegen Werder Bremen (1:0) ran. Keine 36 Stunden zuvor waren einige Dortmunder Nationalspieler noch mit der Nationalmannschaft in Philadelphia gegen Mexiko im Einsatz. BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl suchte deshalb sogar Kontakt zur DFL, um eine Verlegung des Spiels zu erwirken. Es blieb allerdings beim Versuch. Denn die DFL muss auch ihren Verpflichtungen gegenüber ihren TV-Partnern nachkommen.
Die Rechte an den Freitagsspielen hat sich DAZN gesichert. Am 8. Spieltag waren dort die Dortmunder zu sehen. Und am 12. werden es nun die Bayern sein – unabhängig davon, ob das den beiden Klubs und ihren Trainern gefällt oder nicht.
- Eigene Beobachtungen und Recherche
- Aussagen von Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz am 23. November