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Gladbach-Manager Virkus über Hofmann: "Wichtiger, mehr Geld zu verdienen"


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Roland Virkus über Hofmann-Wechsel
"Ist es dir wichtiger, nochmal mehr Geld zu verdienen?"

InterviewVon William Laing

Aktualisiert am 15.08.2023Lesedauer: 8 Min.
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Roland Virkus: Seit anderthalb Jahren ist er Sportdirektor in Gladbach.Vergrößern des Bildes
Roland Virkus: Seit anderthalb Jahren ist er Sportdirektor in Gladbach. (Quelle: IMAGO/Ralf Treese, Ralf Treese)

Alles neu: Vor dem Saisonstart spricht Roland Virkus über seine ersten anderthalb Jahre als Gladbach-Manager und darüber, welche Chance Nationalspieler Jonas Hofmann verpasst hat.

Jahrzehntelang arbeitete Roland Virkus im Jugendbereich bei Borussia Mönchengladbach. Im Februar 2022 trat er dann die Nachfolge von Max Eberl als Geschäftsführer Sport bei den Profis an. Plötzlich stand er an der Spitze eines der größten Fußballklubs Deutschlands.

Anderthalb Jahre später blickt der 56-Jährige im Gespräch mit t-online auf seine Anfänge in dieser Funktion zurück. Und auf einen Transfersommer, der es in sich hatte. Denn der Umbruch bei den Fohlen war enorm. Mehrere Leistungsträger haben den Klub verlassen. Darunter auch DFB-Star Jonas Hofmann, den es zum Lokalrivalen Bayer Leverkusen zog und dessen Abgang Roland Virkus bitter enttäuschte.

t-online: Herr Virkus, zuletzt sagten Sie im Fußballmagazin "11Freunde", dass Spielerberater oft kein Interesse hätten, Ihrem Klub zu helfen. Sind Verhandlungen im Profibereich anders als bei der Jugend?

Roland Virkus: Sie sind zumindest deutlich schwieriger, denn es geht um einiges mehr. Jugendspieler haben erst mal das Ziel, in der Bundesliga anzukommen. Ein arrivierter Bundesligaspieler hat andere Ziele. Was aber sowohl im Jugendbereich als auch bei den Profis in den Verhandlungen gilt: Beide wollen bei Borussia Mönchengladbach natürlich einen Weg für die Zukunft aufgezeichnet bekommen.

Wenn ihre eigenen Berater aber nicht mitspielen, sollten die Profis in solchen Situationen dann einschreiten?

Heutzutage haben wir in der Gesellschaft vielerorts das Problem, dass viele Menschen nicht sich selbst und ihrer eigenen Stärke vertrauen. Ich bin mir aber sicher: Der eine oder andere Spieler könnte mehr für sich selbst entscheiden und mehr Rückgrat zeigen. Sie haben jedoch Verträge mit Beratern und lassen sich zu viele Entscheidungen abnehmen.

Sie sind seit Frühjahr 2022 als Nachfolger von Max Eberl Geschäftsführer Sport bei Borussia Mönchengladbach. Die Fußstapfen Ihres Vorgängers waren groß: Haben Sie das Gefühl, dass Sie diese in der ersten anderthalb Jahren auf der Position gut ausgefüllt haben?

So etwas ist für einen selbst immer schwer zu beurteilen. Am Ende haben andere da einen besseren Blick drauf. Bei Borussia Mönchengladbach versuchen wir, in der Führungsetage so gut es geht als Team aufzutreten. Ich bin einfach nur derjenige, der dem Team vorsteht.

Sie waren im Profifußball vor Amtsantritt noch ein unbeschriebenes Blatt, waren nach Ihrer Arbeit im Jugendbereich dann aber plötzlich an der Spitze eines der größten Fußballklubs Deutschlands. Haben Sie sich unterschätzt gefühlt?

Es ist ja völlig normal, dass Leute, die noch nie in der breiten Öffentlichkeit aufgetreten sind, erst mal beschnuppert werden. Ich finde es wichtig, wenn dann aber die reine Arbeit bewertet wird. Ich glaube, dass die Leute im Großen und Ganzen sehr fair mit mir umgegangen sind. Alles andere kannst du eh nicht beeinflussen.

Die Belastung für einen Bundesliga-Manager ist dennoch hoch. Haben Sie mal gedacht, das wird Ihnen alles zu viel?

Wenn ich diesen Job nicht hätte machen wollen, hätte ich sagen können: "Nein, ich mache das nicht." Im Vorfeld war mir also schon klar, was mich erwartet. Mir war auch bewusst, dass es nach zehn erfolgreichen Jahren bei Borussia Mönchengladbach keine leichte Aufgabe wird. Ich musste also meinen eigenen Weg finden.

Wie schon erwähnt: Sie waren lange in Gladbachs Jugendbereich tätig. Wünschen Sie sich also manchmal, Sie könnten aus dem Rampenlicht zurück dorthin?

Nein. Trotzdem muss ich sagen: Die Zeit im Jugendbereich möchte ich auf keinen Fall missen. Ich habe dort viel gelernt, was ich jetzt anwenden kann. Natürlich ist die Aufmerksamkeit nun eine andere. Das macht die Sache anspruchsvoller. Die Abläufe sind aber grundsätzlich nahezu gleich.

Künftig steht in Gladbach mit Nils Schmadtke ein Bindeglied zwischen Ihnen und dem Trainerteam parat. Ist seine Verpflichtung eine Lehre aus den vergangenen anderthalb Jahren unter Ihrer Leitung?

Die Verpflichtung von Nils Schmadtke ist eine Lehre des gesamten Klubs. Die Aufgaben in der Bundesliga sind äußerst vielfältig und komplex. Bei einem Verein wie Gladbach reicht eine einzige Person in der sportlichen Führung dann nicht aus. Ich kann nicht an drei Orten parallel sein. Wir müssen alles im Klub also vernünftig aufteilen, sodass wir effektiv und damit auch erfolgreich arbeiten können.

Sportlich krebst Gladbach seit ein paar Jahren im Niemandsland der Tabelle herum. Gibt es Dinge, die Sie sich in Ihrer bisherigen Amtszeit selbst ankreiden?

Zunächst einmal: Ich würde nicht sagen, dass wir herumkrebsen. Eine Menge Vereine wären gerne da, wo wir sind, nämlich im gesicherten Bereich. Das war auch immer das Ziel der Borussia: ein einstelliger Tabellenplatz. Fußball ist jedoch ein dynamisches Geschäft. Da ist klar, dass es nicht immer steil bergauf gehen wird. Es gibt Phasen, in denen du eben nicht international spielst. Wir sind kein Klub, der geboren international spielen muss.

Warum gibt es in Gladbach nicht den Anspruch, jedes Jahr Europa oder Champions League zu spielen?

Es gibt andere Vereine, die viel mehr Möglichkeiten haben als wir. Wir wollen bei uns bleiben, unseren Weg gehen. Natürlich wollen wir immer mal wieder international spielen. Aber wir sagen nicht: Das ist unsere Pflicht. Am Ende ist das auch der Fluch der guten Tat: Wir waren jetzt zehn Jahre äußerst erfolgreich. Jetzt geht es wieder darum, unsere Basis zu finden und von da aus erneut anzugreifen.

In Gladbach gab es in dieser Saison einen Totalumbruch. Mit Marcus Thuram, Lars Stindl, Jonas Hofmann oder Rany Bensebaini sind langjährige Leistungsträger weg. Haben Sie zwischendurch mal gedacht: Das abzufangen ist unmöglich?

Eigentlich nicht. Ja, es haben uns einige Stammspieler verlassen. Unser Job war es aber, dahinter so aufgestellt zu sein, dass wir das kompensieren können. Dafür haben wir unsere Scoutingabteilung. Bei der einen oder anderen Personalie waren wir besser abgesichert, bei anderen mussten wir länger suchen. Schlussendlich wird sich im Saisonverlauf zeigen, wie gut alles funktioniert.

Was genau haben Sie denn in diesem Sommer gut gemacht?

Wir wollten einen zentralen Stürmer holen, der schnell und kopfballstark ist und damit eine andere Note in unser Spiel bringt. Das haben wir mit Tomáš Čvančara von Sparta Prag hingekriegt. Wir wollten außerdem einen fleißigen, schnellen Flügelspieler ins Team bringen. Das ist uns zum Beispiel mit Franck Honorat von Stade Brest gelungen.

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Dazu kamen noch einige junge Spieler, bei denen wir glauben, dass sie bei einer vernünftigen Entwicklung eine großartige Perspektive in Gladbach haben. Dazu zählt zum Beispiel Fabio Chiarodia von Werder Bremen. Gleichzeitig müssen wir mit der Realität umgehen. Wir haben nicht die Millionen, um groß einkaufen zu gehen. Wir müssen immer einen gesunden Mix aus erfahrenen und jungen Spielern finden.

Für Wirbel sorgte im Sommer der Abgang von DFB-Star Jonas Hofmann nach Leverkusen. Der Spieler selbst betonte, er sei in Gladbach als Fixpunkt eingeplant gewesen, verließ den Klub aber trotzdem. Sie sagten daraufhin, Sie seien "sehr enttäuscht". Wie schnell kann man das hinter sich lassen?

Man muss so was relativ schnell abschütteln. Jonas war als Schlüsselspieler bei uns eingeplant. Uns war aber aufgrund der Ausstiegsklausel klar, dass er sie im Zweifelsfall auch ziehen könnte. Dieses Szenario ist dann eingetreten. Er hat die Klausel gezogen, das müssen wir respektieren. Dass ich enttäuscht bin, ist ein normaler Prozess. Wir wollten, dass er bleibt, dennoch haben wir auch Alternativen gesichtet. Jetzt gilt es, nach vorne zu gucken und nicht mehr zurück.

Was ging Ihnen im Moment von Hofmanns Absage denn durch den Kopf?

Schade. Mit Jonas Hofmann verlieren wir große Qualität, er ist aktuell eben auch deutscher Nationalspieler. Vor allem verlieren wir mit ihm aber auch einen guten Jungen. Mit 31 Jahren hatte er aber auch noch persönliche Ziele. Er wollte noch mal international spielen. Für ihn war klar, dass er das in Leverkusen eher kann als in Gladbach. Wir respektieren das. Im Fußball geht es trotzdem weiter.

Ärgern Sie sich, dass es Hofmann ausgerechnet zum Lokalrivalen Bayer Leverkusen gezogen hat?

Es gibt Vereine, die deutlich mehr Möglichkeiten haben als wir. Da brauchen wir doch nur zu schauen, was Bayer Leverkusen in die eigene Mannschaft investiert hat. Ein Spieler muss entscheiden, welchen Weg er gehen will: Willst du helfen, einen Klub auf seinem Weg zu begleiten und eine Legende bei Borussia Mönchengladbach werden? Oder ist es dir wichtiger, international zu spielen und noch mal mehr Geld zu verdienen. Dann kannst du das sicherlich in Leverkusen machen.

Am Abend des Wechsels sollen Sie viele Spieler aus der eigenen Mannschaft angerufen und beschwichtigt haben. Kann man so ein Telefonat planen?

Nein, das habe ich spontan gemacht. Ich wollte die Jungs mitnehmen. Die Spieler hatten einige Fragen: Was steht jetzt an? Was ist geplant? Was habt ihr vor? Ich dachte, ich treffe auf viel Unsicherheit. Doch dem war nicht so. Viele Spieler sagten mir: "Dann gehen wir den Weg jetzt eben ohne Jonas, aber wir gehen ihn." Das hat mich positiv gestimmt.

Dennoch war der Kaderumbruch wie bereits erwähnt enorm. Auch Gerardo Seoane ist als Trainer neu in Gladbach. Hat das Team eine Schonfrist oder muss es direkt wieder nach oben gehen in der Bundesliga?

Als Bundesligist wollen wir natürlich so viele Punkte wie möglich sammeln und wie jeder andere Verein unsere Spiele gewinnen. Ob das immer geht, ist eine andere Frage. Der Weg muss das Ziel sein und nicht: Wir wollen am Ende auf Rang sieben oder acht landen. Der Anspruch ist erst mal, zu arbeiten und sich zu entwickeln.

Wichtig ist auch: Dem einen oder anderen jungen Spieler, der vielleicht den Sprung in die Startelf schafft, müssen wir Zeit geben. Es ist doch wie im Leben: Das sind Auszubildende, und die werden mehr Fehler machen als Gesellen. Das ist das Normalste auf der Welt.

Ein Spieler, der sich seit dem Winter schnell in Gladbach eingelebt hat, ist Keeper Jonas Omlin. Für Yann Sommer gab es im Winter noch eine Millionensumme vom FC Bayern, mittlerweile ist er schon zu Inter Mailand weitergezogen. Kann man aus Gladbacher Sicht auf der Torwart-Position sagen: Alles richtig gemacht?

Yann Sommer ist ein überragender Torhüter und hat hier in Gladbach über acht Jahre hervorragend gehalten. In Gladbach trauert man diesem Spieler natürlich nach. Trotzdem haben wir für uns eine sehr gute Lösung auf dieser Position gefunden. Das zeigt nicht zuletzt die Entscheidung, Jonas zum Kapitän zu machen.

Mit Spielern wie Lukas Ullrich von Hertha BSC und Grant-Leon Ranos vom FC Bayern verpflichtete die Borussia zudem auch einige Top-Talente. Verbaut der Klub damit eigenen jungen Spielern nicht den Weg?

Wenn die Qualität im eigenen Nachwuchs da ist, dann müssen diese Jungs auch zu den Profis hochgezogen werden. Wir haben uns aber bewusst mit jungen Spielern auf Positionen verstärkt, auf denen es in Gladbach gerade keine Top-Talente gibt. Hätten wir welche gehabt, wären sie bei den Profis. Das war nicht der Fall.

Im Gladbacher Umfeld geht vor der Saison aufgrund des Ausverkaufs dennoch die Angst um, der Klub könne in dieser Spielzeit sogar in Abstiegsgefahr geraten. Muss man sich aus Ihrer Sicht Sorgen um die Borussia machen?

Nein, das glaube ich nicht. Es wird sicherlich mal Ergebnisse geben, die nicht gut sind. Es muss aber niemand Angst um diesen Klub haben.

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