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FC Bayern | Nach Coman-Schock: Rekordmeister rätselt über Horrorserie


Beängstigende Verletzungsmisere
Dieser Schock ist nur die Spitze des Eisbergs


14.04.2024Lesedauer: 5 Min.
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Kingsley Coman (m.): Er musste im Spiel gegen Köln verletzt ausgewechselt werden. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Heike Feiner/imago)

Comans Verletzungsschock ist nur die Fortsetzung einer fast schon unglaublichen Horrorserie beim FC Bayern. Während der Klub rätselt, erhebt Hamann brisante Vorwürfe.

Aus der Allianz Arena berichtet Julian Buhl

Gestützt von zwei medizinischen Betreuern wurde Kingsley Coman vom Spielfeld gebracht. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und Tränen in den Augen verschwand der Franzose, der sein rechtes Bein nur noch bewegungslos hinter sich her schleifen konnte, in den Katakomben der Allianz Arena.

Aufgrund der bereits fast verspielten Meisterschaft hatte der mühevolle 2:0-Pflichtsieg des FC Bayern gegen den 1. FC Köln am Samstagnachmittag von vornherein ohnehin nur eine ziemlich untergeordnete Bedeutung. Spätestens nach dem Coman-Schock in der 47. Spielminute, der sich ohne gegnerische Einwirkung schwer verletzte, wurde die Partie zwischen den beiden Viertelfinalduellen der Bayern in der Champions League mit Arsenal aber endgültig zur Nebensache.

"Was natürlich über dem ganzen Spiel lag: Der große Wermutstropfen ist die Verletzung von Kingsley heute", sagte Bayern-Chefcoach Thomas Tuchel unmittelbar nach Abpfiff bei Sky und bestätigte diesen Eindruck damit nur noch.

Tuchel leidet mit Coman: "Macht mich traurig"

"Man sieht es ihm im Gesicht an und direkt in der Bewegung", sagte Tuchel und litt mit seinem Flügelspieler, der sich nach einem Innenbandriss im Knie und einer monatelangen Pause gerade erst zurückgekämpft hatte. "Das macht mich natürlich sehr traurig, weil ich weiß, wie hart er gearbeitet hat und wie wichtig er für uns ist", so Tuchel weiter, der das Dilemma der Bayern noch einmal zusammenfasste: "Und dann fällt erst Serge (Gnabry; Anm. d. Red.) aus, dann er, und bei Leroy (Sané; Anm. d. Red.) steht's in den Sternen – das ist natürlich bitter."

Gnabry, der ebenfalls gerade erst nach einer mehrmonatigen Verletzungspause zurückgekommen war, hatte beim Hinspiel in London am Dienstag zuerst das wichtige 1:0 für Bayern geschossen. Und musste wenige Minuten später dann mit einem Muskelfaserriss ausgewechselt werden.

Sané, der beim 2:2 gegen Arsenal sowohl Gnabrys als auch Harry Kanes Elfmetertreffer herausgespielt beziehungsweise -geholt hatte, schleppt sich seit Wochen mit einer schmerzhaften Schambeinentzündung durch die Saison, die einen Einsatz gegen Köln nicht zuließ. Darüber hinaus konnte auch der in London frisch von einem Muskelfaserriss wiedergenesene Torhüter Manuel Neuer erneut angeschlagen nicht eingesetzt werden. "Dreieinhalb" Ausfälle innerhalb einer Woche seien sehr bitter, sagte Tuchel.

Bittere Diagnose für Coman

Coman wurde direkt zu Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht. "Er ist ein wichtiger Spieler für uns, hoffentlich ist es nicht etwas Schlimmes", sagte Matthijs de Ligt noch im Gespräch mit t-online. Die bittere Diagnose folgte aber noch am Abend. Wie der Klub mitteilte, habe sich der 27-Jährige eine Muskelbündelverletzung in den rechten Adduktoren zugezogen und werde dem Rekordmeister laut Mitteilung "mehrere Wochen fehlen".

Er hoffe, "dass er nicht mehrere Monate ausfallen wird", hatte Sportdirektor Christoph Freund vor der genauen Diagnose noch gesagt, "aber wir müssen schon annehmen, dass er in den nächsten Wochen nicht zur Verfügung steht." Nicht auszuschließen, dass die schwere Verletzung nun aber sogar doch das Saison-Aus für Coman bedeuten wird. Oder sogar noch mehr.

"Das ist für uns schon sehr, sehr bitter. Natürlich hat man jetzt nicht nur das Spiel am Mittwoch im Hinterkopf", sagte Kimmich mit Blick auf das wichtige Rückspiel gegen Arsenal, "sondern auch die Euro, die dann ansteht." Hoffentlich mit dem französischen Nationalspieler.

Coman-Schock als Fortsetzung einer Horrorserie

Der Coman-Schock ist für Bayern jedenfalls leider nichts Neues in dieser Saison, sondern nur die Fortsetzung einer fast schon unglaublichen Horrorserie. Es ist bereits die 24. Muskelverletzung eines Bayern-Stars in dieser Spielzeit. Dazu kommen noch 15 weitere Ausfälle.

"Es zieht sich durch die ganze Saison leider. Wir haben extrem viele Verletzungen, Muskelverletzungen. Und das ist natürlich alles andere als optimal", sagte Freund. "Wir diskutieren das intern, an was es liegen könnte. Das ist natürlich keine gute Situation."

Zum Stand der Nachforschungen hielt der Österreicher sich bedeckt. "Das machen wir intern. Das Ziel ist natürlich, dass wir mit weniger Verletzung durch die Saison gehen. Wir konnten nur ganz selten mal einige Spiele hintereinander mit der gleichen Aufstellung spielen." Und genau das sei laut Freund ja eigentlich ein wichtiges Qualitätsmerkmal einer Mannschaft.

Stattdessen musste Tuchel im Laufe dieser Saison immer wieder improvisieren. Weil ihm zwischenzeitlich kein einziger fitter gelernter Abwehrspieler zur Verfügung stand, musste er beispielsweise mit Mittelfeldspieler Leon Goretzka und Außenverteidiger Noussair Mazraoui in der Innenverteidigung spielen.

Auch Tuchel gibt die Verletzungsmisere Rätsel auf

"Ich weiß nicht, ob es den einen Grund dafür gibt. Fakt ist, dass es einfach zu viel ist und es uns das ganze Jahr begleitet", sagte Tuchel bereits auf seiner Pressekonferenz vor dem Köln-Spiel. "Die Fragen werden natürlich auf vielen Ebenen gestellt. Wir sind da dran in der Ursachenforschung, aber wir haben die Antworten noch nicht. Klar ist, dass das massiven Einfluss hat."

Klar, dass das den Chefcoach auch frustriert. Wie Freund betonte er: "Es zieht sich durch die ganze Saison, es hört einfach nicht auf. Die ganze Zeit denkt man, wir sind durch das Wellental durch." Und dann kommt, wie zuletzt mit Gnabry und nun erneut mit Coman, wieder ein Verletzungsschock nach dem nächsten.

Über die genauen Ursachen dafür rätselte auch Tuchel. "Ich glaube, die Belastung ist nicht der Faktor, die sehe ich nicht so hoch bei uns. Die Spieler sind gewohnt, viel zu spielen", sagte er. "Rasen – weiß ich auch nicht. Der Rasen ist in gutem Zustand, Hybridrasen ist normalerweise auch Alltag mittlerweile", so Tuchel weiter. "Wir haben eine große Physio-Abteilung mit hochqualifizierten Ärzten und Physiotherapeuten und Sportwissenschaftlern. Alle sind super unzufrieden, aber alle geben täglich ihr Bestes. Ich kann es leider nur unzureichend beantworten."

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Ausgerechnet Hamann äußert einen brisanten Verdacht

Ausgerechnet Sky-Experte Dietmar Hamann, der sich mit Tuchel bereits das ein oder andere verbale Scharmützel geliefert hat, äußerte einen brisanten Verdacht. "Irgendwas stimmt da nicht. Entweder trainieren die zu viel oder zu wenig. Mein Gefühl ist, dass die zu wenig trainieren. Das habe ich auch gehört", sagte Hamann. Er führte an, dass Bayern gemeinsam mit Darmstadt die Bundesliga-Mannschaft sei, die am wenigsten läuft. "Natürlich sind Gnabry und Coman verletzungsanfällig. Aber 24 Muskelverletzungen. Der Trainer stellt sich hin und sagt 'schon wieder zwei verletzt'."

Das hat laut Hamann "mit geistiger Frische zu tun und mit dem Training, was du machst". Die Leverkusener hätten schließlich "mehr Spiele gemacht und haben alle an Bord. Die haben vermutlich nicht die Hälfte der Verletzungen gehabt". Hamann weiter: "Da müssen sich die Bayern hinterfragen, was die medizinische Abteilung betrifft. Die haben so viele Leute unter Vertrag."

Tuchel schüttelte nur noch mit dem Kopf, als er auf der Pressekonferenz mit den von Hamann auch direkt an ihn gerichteten Vorwürfen konfrontiert wurde. "Da kann ich nicht drauf antworten", sagte er, "aber Didi weiß es natürlich."

Zumindest einer hatte trotz aller Tragik um Coman seinen Humor noch nicht verloren. Als er auf die Vielzahl der Muskelverletzungen angesprochen wurde, von denen er allerdings bislang verschont geblieben ist, sagte Joshua Kimmich mit einem Grinsen: "Da bin ich nicht schnell genug dafür." Es sei "schwierig zu sagen, ob das jetzt nur am Rasen liegt. Wir hatten auch eine Zeit lang nicht diesen Hybridrasen und auch die ein oder andere Verletzung", führte Kimmich aus. "In dieser Saison ist es natürlich sehr, sehr auffällig, muss man sagen." Der Coman-Schock ist da nur die Spitze des Eisbergs.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen als Reporter vor Ort im Stadion
  • Mixed-Zone-Gespräche mit Christoph Freund, Matthijs de Ligt und Joshua Kimmich
  • Aussagen von Thomas Tuchel bei Sky und bei der Pressekonferenz vor und nach dem Köln-Spiel
  • Aussagen von Dietmar Hamann bei Sky
  • transfermarkt.de: Verletzungshistorie des FC Bayern
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