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Nationalmannschaft: "Sandro Wagner bester Mittelstürmer aktuell"


Carsten Jancker im Interview
"Wagner ist der beste deutsche Mittelstürmer aktuell"

Luis Reiß, t-online.de

07.11.2017Lesedauer: 5 Min.
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Ex-Bayern-Profi Carsten Jancker (kl. Foto) kann den Frust von Robert Lewandowski nachvollziehen.Vergrößern des Bildes
Ex-Bayern-Profi Carsten Jancker (kl. Foto) kann den Frust von Robert Lewandowski nachvollziehen. (Quelle: imago-images-bilder)

Der Vize-Weltmeister von 2002 spricht im Interview mit t-online.de über seine Nachfolger als klassischer Mittelstürmer im DFB-Trikot und beim FC Bayern München.

Jancker, der aktuell als Trainer beim SV Horn in der dritthöchsten Spielklasse Österreichs arbeitet, verrät im Gespräch außerdem sein großes Ziel als Cheftrainer.

t-online.de: Herr Jancker, Sie sind 2002 Vize-Weltmeister geworden und waren einer der letzten klassischen Mittelstürmer in der Nationalelf. Zwischenzeitlich waren Spielertypen wie Sie nicht mehr gefragt. Muss Jogi Löw zur WM 2018 wieder einen klassischen Mittelstürmer wie Sandro Wagner mitnehmen?

Carsten Jancker (43): Er kann selbstverständlich auch mit einem kleineren Spieler im Zentrum agieren, da gibt es genügend erfolgreiche Beispiele. Grundsätzlich gab es aber seit der EM 2016 eine Rückentwicklung wieder hin zu einem größeren Mittelstürmer – deshalb wäre ein Spielertyp wie Wagner oder auch Mario Gomez aus meiner Sicht wichtig im Kader. Löw hat mit den beiden ja auch eine starke Auswahl. Ich sage: mindestens einer der beiden wird dabei sein.

Wagner oder Gomez wer ist Ihrer Meinung nach der beste klassische Mittelstürmer aktuell?

Zurzeit sehe ich Sandro Wagner vorne. Er hat im Nationaltrikot einen enorm guten Lauf mit fünf Toren in den ersten fünf Spielen. Für Mario Gomez spricht seine Erfahrung, auch in der Nationalelf schon Turniere erfolgreich gespielt zu haben. Es wird entscheidend sein, wie er nach seiner Verletzung jetzt bei Wolfsburg unter dem neuen Trainer Martin Schmidt agiert. Im Moment würde ich aber Wagner eher mitnehmen.

Carsten Jancker (43) hatte seine erfolgreichste Zeit beim FC Bayern München (1996 - 2002). Mit dem Rekordmeister holte er u. a. 2001 die Champions League. Außerdem spielte der Mittelstürmer u. a. bei Rapid Wien (95/96), Udinese Calcio (02-04) und Kaiserslautern (04-06). Mit der Nationalelf wurde er 2002 Vize-Weltmeister. Aktuell ist er Cheftrainer beim SV Horn in Österreich.

Auch bei Ihrem Ex-Klub, dem FC Bayern München, wird zurzeit über den Stürmer diskutiert. Robert Lewandowski fällt zurzeit aus. Plötzlich ist die Not im Sturmzentrum groß. Ist der Klub zu abhängig von ihm?

Das würde ich nicht sagen. Fakt ist, dass sie keinen Back-Up für ihn haben. Das hat die Vereinsführung so entschieden – und damit waren sie in den vergangenen Jahren ja auch nicht gerade unerfolgreich. Hinzu kommt, dass sie auch schon ohne ihn vereinzelt gut gespielt haben. Aber: Auf Dauer wäre es auf jeden Fall verdammt schwierig, ihn zu ersetzen.

Zuletzt wurde aber auch viel über seinen Egoismus diskutiert. Es soll Streit gegeben haben, weil er sich von seinen Teamkollegen auf dem Weg zur Torjägerkanone nicht ausreichend unterstützt fühlte. Auch auf dem Platz wirkte er zuletzt häufiger unzufrieden. Können Sie das nachvollziehen?

Bei einem Stürmer gehört ein gewisser Egoismus dazu, aber du darfst nie vergessen, dass man Siege, Titel und persönliche Auszeichnungen wie die Torjägerkanone immer nur mit der Unterstützung seiner Mitspieler erreichen kann. Das ist ganz wichtig – für jeden Stürmer! Ich denke, dass weiß Lewandowski auch. Seinen Frust über die ganz knapp verpasste Auszeichnung kann ich aber sehr gut nachfühlen. Zu Aubameyang fehlte ja nur ein Tor. Das kann einen Stürmer wahnsinnig ärgern.

Sie haben unter Carlo Ancelotti Anfang des Jahres beim FC Bayern hospitiert. Was haben Sie von ihm gelernt?

Es war eine sehr angenehme und lehrreiche Zeit. Er hat einen unglaublich guten Umgang mit den Spielern und weiß diese zu führen, da konnte ich mir viel aneignen. Bei seinem Abschied wurde ja geschrieben, dass einige Stars gegen ihn gewesen sein sollen. Ich war davon überrascht, denn er weiß ganz genau, wie er Stars behandeln muss. Während meiner Hospitanz war aber ja auch noch alles im Lot. Außerdem war die Art und Weise, wie gelassen er Siege und Niederlagen einordnet, beeindruckend. Er steht privat und beruflich mit beiden Beinen im Leben.

Jetzt ist Jupp Heynckes wieder da. Was halten Sie von der Lösung?

Welche Optionen hatten die Bayern denn? Entweder sie holen einen neuen Trainer, der einen Kader mitten in der Saison übernimmt, an dessen Zusammenstellung er nicht mitwirken konnte. Oder sie holen einen erfahrenen Übergangstrainer, der die Saison rettet, und im Sommer kommt ein Neuer, der dann auch bei der Kadergestaltung sofort mitreden kann. Deshalb finde ich die Lösung Jupp Heynckes nicht so überraschend – und bis jetzt funktioniert sie ja auch hervorragend. Noch vor wenigen Wochen dachte man ja, die Saison sei für Bayern komplett verloren.

Wie viel Kontakt haben Sie denn noch zu Ihrem Ex-Klub Bayern?

Gar keinen. Ich weiß, wenn ich Hilfe brauchen würde, kann ich mich jederzeit melden. Und wenn ich ehemalige Kollegen treffe, freue ich mich natürlich immer sehr. Aber da mein Lebensmittelpunkt in Wien liegt, gibt es wenig Kontakt.

Sie sind seit Juli Cheftrainer beim SV Horn in der Nähe von Wien, der zuvor von der zweiten in die dritte österreichische Liga abgestiegen ist. Wie läuft es?

Für uns ist die Saison bislang hervorragend – und das, obwohl unser Kader zu drei Vierteln aus Neuzugängen besteht. Dass wir zum jetzigen Zeitpunkt Tabellenführer sind, konnte man nicht wirklich erwarten. Deshalb bin ich sehr zufrieden.

Wofür stehen Sie als Trainer?

Ich stehe für Offensivfußball, will mit meinem Team gerne den Ball haben, viele Torchancen kreieren und auf diese Art und Weise gewinnen.

Vergangene Woche haben Sie Ihre Uefa-Pro-Lizenz als Trainer bestanden, jetzt dürften Sie auch in einer der europäischen Top-Ligen arbeiten. Herzlichen Glückwunsch! Wann geht es denn jetzt zurück in die Bundesliga?

Danke (lacht). Der SV Horn ist für meine erste Station als Cheftrainer perfekt, hier kann ich mich weiterentwickeln und lernen. Langfristig ist die Bundesliga natürlich ein Ziel, aber ich bin da nicht festgelegt. Die Bundesliga ist sehr angesehen, in meinen Augen vielleicht die interessanteste Spielklasse der Welt aktuell. Aber auch andere Ligen in Europa sind spannend. Das alles ist im Moment aber sehr weit weg und beschäftigt mich nicht wirklich.

Wäre eine Rückkehr als Trainer zum FC Bayern ein Traum für Sie? Mit Hasan Salihamidzic ist ja gerade ein Ex-Profi aus Ihrer Generation neuer Sportdirektor geworden.

Für einen Weltklub wie Bayern zu arbeiten, ist ein absolutes Privileg, das man nicht ablehnen sollte. Aber das steht für mich gerade nun wirklich nicht zur Debatte.

Zurück zu Ihrem aktuellen Klub: In Deutschland hat der SV Horn Schlagzeilen gemacht, weil er zwischenzeitlich von einer japanischen Investorengruppe übernommen worden ist, an der u. a. der Fußballer Keisuke Honda (früher AC Mailand) beteiligt ist.

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Zu dieser Zeit kann ich nicht viel sagen. Seit Saisonbeginn sind sie nicht mehr im operativen Geschäft tätig, sondern fungieren wie ein ganz normaler Hauptsponsor. Dieser Schritt war verbunden mit einer klaren Ausrichtung: Wir wollen mit jungen, österreichischen Spielern arbeiten, die sich bei uns weiterentwickeln können. Das ist ein Gedanke, den ich sehr gut finde, und den wir auch schon in meiner Zeit als Co- und Jugendtrainer bei Rapid Wien verfolgt haben. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir natürlich auch gezielt erfahrene Spieler, die die Jungen führen. Sonst geht es auch nicht.

Mit dem asiatischen Fußball sind Sie schon früher in Kontakt gekommen, haben 2006 haben als einer der ersten europäischen Spieler schon vor dem großen Fußball-Boom ein halbes Jahr in China gespielt. War die Entwicklung zu erwarten?

Ehrlich gesagt eher nicht. Da war auch schon viel im Aufbau, aber die Dimension konnte man nicht erwarten.

Auch durch den Einfluss Chinas sind die Ablösesummen international noch einmal explodiert. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Naja, wirklich in neue Dimensionen sind sie durch Paris St. Germain in diesem Sommer und die Verpflichtung von Neymar vorgestoßen. Aber im Gegensatz zum Financial Fairplay, das sowieso teilweise nicht eingehalten wird, haben die Chinesen wenigstens eine sehr sinnvolle Regelung eingeführt, nämlich dass bei Transfers der gleiche Betrag wie die Ablösesumme noch einmal in die Jugendarbeit investiert werden muss. Die Regel könnte man in Europa auch einführen, das sollte zumindest für die größten Klubs mit ihren ausufernden Transferausgaben kein Problem sein.

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