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Lothar Matthäus: "Leroy Sané hat nicht gezeigt, dass er zum FC Bayern gehört“


Herr Matthäus, warum ist Sané bei Bayern noch nicht explodiert?

Von Patrick Mayer

Aktualisiert am 19.12.2020Lesedauer: 4 Min.
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Lothar Matthäus: Der Rekord-Nationalspieler kritisiert Leroy Sané und traut Leverkusen in Sachen Meisterschaft einiges zu.Vergrößern des Bildes
Lothar Matthäus: Der Rekord-Nationalspieler kritisiert Leroy Sané und traut Leverkusen in Sachen Meisterschaft einiges zu. (Quelle: RHR-Foto/imago-images-bilder)

Vor dem Bundesliga-Kracher Leverkusen gegen FC Bayern spricht Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus über die Abhängigkeiten und Risiken des Rekordmeisters, sowie Defizite bei Königstransfer Leroy Sané.

Im Bundesliga-Topspiel des 13. Spieltags empfängt Tabellenführer Bayer Leverkusen heute Abend Rekordmeister FC Bayern München. Zuvor spricht Sky-Experte und Bayern-Insider Lothar Matthäus im t-online-Interview über die Abhängigkeit des Rekordmeisters von Robert Lewandowski und Manuel Neuer, Defizite bei Leroy Sané und die riskante Taktik von Hansi Flick.

t-online: Herr Matthäus, der FC Bayern wirkt vor dem Bundesliga-Topspiel bei Bayer Leverkusen abhängig von Manuel Neuer und Robert Lewandowski, dem neuen Welttorhüter und Weltfußballer.

Lothar Matthäus (59): Jede Weltklasse-Mannschaft hängt von Unterschiedsspielern ab, und das sind die beiden: Unterschiedsspieler. Früher hießen diese Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Der FC Barcelona ist von Lionel Messi abhängig, Juventus Turin von Cristiano Ronaldo. Es ist richtig zu sagen, dass der FC Bayern ohne Lewandowski und Neuer nicht da stünde, wo er jetzt steht.

Wie äußert sich das?

Sie sind für alle entscheidenden Aktionen verantwortlich, die zum Erfolg beitragen. Der eine vorne, der andere hinten. Der eine macht vorne die entscheidenden Tore, der andere hält hinten Weltklasse. Das Wolfsburg-Spiel war nur ein Beispiel. Es gibt viele Beispiele, die das widerspiegeln. Beide sind nicht ersetzbar. Das sage ich als Sky-Experte seit Jahren: Jeder kann ausfallen, aber Neuer und Lewandowski nicht.

In Stuttgart wurde es eng, gegen Werder Bremen, bei Union Berlin und auch gegen den VfL Wolfsburg. Momentan wirkt es, als ob sich die Bayern in die Mini-Winterpause retten.

Das zeichnet Weltklasse-Mannschaften aus: dass sie ihre Ergebnisse retten. Sie stehen nicht wie Borussia Dortmund wieder hinten dran. Sechs Mal waren die Bayern in Folge im Rückstand, haben aber drei Siege und drei Unentschieden geholt. Nach Rückständen immer wieder zurückzukommen, ist eine Qualität. Bayern München macht das hervorragend.

Auch, weil Kingsley Coman liefert wie nie zuvor in München?

Kingsley Coman ist ein ganz wichtiger Bestandteil. Der FC Bayern hat von der Qualität her nicht diesen breiten Kader. Alle, die im Sommer als Neuzugänge gekommen sind, sitzen sowieso nur auf der Bank. Sie haben ja keine Stammspieler geholt. Keiner dieser Spieler hat gezeigt, dass er in die Mannschaft gehört.

Auch nicht Leroy Sané? Er wurde eigentlich als Unterschiedsspieler verpflichtet und galt als vermeintlicher neuer Superstar der Bundesliga.

Das sehe ich nicht so. Stammspieler hieße, dass er an Coman und Serge Gnabry vorbeikommen muss. Die Hürde ist hoch. Sané war lange verletzt. Er muss sich an das System des FC Bayern gewöhnen, an das hohe und aggressive Pressing. In der Defensive hat er sowieso Defizite. Daran muss er arbeiten. Das hat schon Pep Guardiola bei Manchester City bemängelt. Deswegen hat er ihn wahrscheinlich auch gehen lassen, weil Sané nicht so nach hinten arbeitet, wie er sich das vorstellt. Vor dem Gegentor durch Wolfsburg ist ihm ein technischer Fehler unterlaufen. Was die Rückwärtsbewegung betrifft, muss er aber noch lernen. Das haben Gnabry und Coman verinnerlicht.

Beim 3:3 gegen RB Leipzig verschwand er nach seiner Auswechslung direkt in die Katakomben, während der ebenfalls ausgewechselte Emil Forsberg auf RB-Seite seine Kollegen von der Tribüne aus anfeuerte. Fehlt Sané in solchen Situationen mehr Reife?

Der Prozess ist sicher noch nicht abgeschlossen, obwohl er schon lange genug dabei ist. Eigentlich. Er geht mit seinen Enttäuschungen anders um als andere Spieler. Sané wusste, dass er gegen RB Leipzig kein besonderes Spiel gemacht hatte. Sowas verarbeiten Spieler unterschiedlich. Wenn jemand unzufrieden ist, will man nichts mehr damit zu tun haben.

FCB-Präsident Herbert Hainer erhöhte dennoch öffentlich den Druck. Hat Sané vielleicht damit zu kämpfen?

Ich glaube nicht, dass der Druck in Manchester geringer war. Er müsste von dort gewohnt sein, wie man mit großem Druck umgeht. Er hat aber den nächsten Schritt noch nicht gemacht. Ich wünsche es ihm von ganzem Herzen und gewähre ihm noch Schutz wegen seiner langen Verletzung.

Was ist mit David Alaba? Er macht nach seinen gescheiterten Vertragsverhandlungen einen gehemmten Eindruck, kommt in der Abwehr oft einen Schritt zu spät. Ist er nicht ganz bei der Sache?

So was geht nicht spurlos an einem Spieler vorbei. Davor war alles Friede, Freude, Eierkuchen. Durch die ganzen Vertragsverhandlungen kam Alaba in die Schlagzeilen, und zwar nicht positiv. Da hätte ich mir mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. David ist der Leidtragende. Das stimmt ja nicht, wenn Spieler sagen: "Das geht an mir vorbei, das lese ich nicht und das interessiert mich nicht." Sie bekommen automatisch alles mit. Es wäre nicht normal, wenn es spurlos an ihm vorbeigehen würde.

Von wem hätten Sie sich mehr Fingerspitzengefühl gewünscht?

Von beiden Seiten. Es ist alles auf ihn hereingeprasselt. Ich weiß nicht, ob sich die Alaba-Seite mit Berater Pini Zahavi einen Gefallen getan hat. Ich weiß nicht, welche Versprechungen gemacht wurden. Wir haben aber Corona-Zeiten, und das muss auch die Alaba-Seite berücksichtigen. Alaba ist geschätzt, im Verein, bei den Mitspielern und den Fans. Es wäre deshalb schön, wenn es nicht nur ums Geld gehen würde. Sondern um die emotionale Verbindung. Die Seite von Alaba täte gut daran, darüber nachzudenken. Dass es nicht immer nur ums Geld geht.

Ihr Sky-Kollege Erik Meijer macht die Abwehrschwächen der Bayern indes an der riskanten Taktik fest. Sechs Bundesliga-Teams haben weniger Gegentore kassiert. Ist diese Taktik gegen Leverkusens Vollgas-Fußballer wie Leon Bailey und Moussa Diaby nicht zu riskant?

Man muss die Balance finden. Wir haben sie monatelang gelobt, für das offensive Umschaltspiel, für das hohe Pressing und die frühen Balleroberungen. Jetzt alles zu ändern, sich hinten reinzustellen, das kann der FC Bayern gar nicht. Das entspricht nicht der DNA. Die Schwierigkeiten sind der Müdigkeit geschuldet, weil das Pressing vorne nicht mehr so funktioniert wie im Juni.

Gewinnt Leverkusen, hätte das Team vier Punkte Vorsprung auf den FC Bayern. Sehen Sie die "Werkself" als Mannschaft, die den Bayern bis in den Mai hinein Paroli bieten kann?

Wenn Leverkusen in der Defensive weiter so arbeitet wie bisher, ist Bayer sicher eine Mannschaft, die um den Titel mitspielen kann. Die Offensive hatten sie in den vergangenen Jahren schon, aber eben in der Defensive Probleme. Diese scheinen bereinigt zu sein.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Lothar Matthäus
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