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Krise des FC Valencia erreicht Shkodran Mustafi


Valencia am Tiefpunkt
Kritik in der Krise: Mustafi eine "bloße Karikatur"

Von t-online
Aktualisiert am 14.03.2016Lesedauer: 5 Min.
Entwischt: Shkodran Mustafi (links) hatte gegen Giuseppe Rossi von UD Levante nur das Nachsehen.Vergrößern des BildesEntwischt: Shkodran Mustafi (links) hatte gegen Giuseppe Rossi von UD Levante nur das Nachsehen. (Quelle: imago/BPI)
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Von Florian Haupt

In Valencia stieg schon am frühen Sonntagnachmittag eine Party, und das hatte gar nicht mal nur mit dem beginnenden Stadtfest Las Fallas zu tun, sondern mit Fußball. Die Anhänger der UD Levante tanzten und sangen im Estadio Ciutat de Valencia, sie feierten, als wären alle Saisonziele schon erreicht.

Beim Valencia CF, dem bei weitem größeren Verein in Spanien drittgrößter Stadt, gab es schon lange nichts mehr zu feiern. Vielmehr wurde an diesem Sonntagnachmittag ein neuer Tiefpunkt erreicht. Oder: ein „immer tieferer Tiefpunkt“, wie Rudi Völler wohl gesagt hätte. 0:1 im Derby beim kleinen Stadtrivalen Levante, das in Wahrheit nicht das Erreichen eines Saisonziels feierte, sondern das Ergreifen des letzten Strohhalms im Abstiegskampf. Levante ist Tabellenletzter. Trotzdem war es das weit bessere Team.

Während Levante also feierte, versuchte Shkodran Mustafi seine Teamkollegen und sich selbst zu einem Gang vor die eigenen Fans zu motivieren. Der deutsche Abwehrchef von Valencia, kam nicht weit. Ausgestreckte Finger wiesen den Weg zurück.

Noch gibt es eine Gelegenheit

Der Frust bei Valencia ist groß. Der Tabellenvierte der Vorsaison erlebt eine Spielzeit, wie er sie sich in den schlimmsten Alpträumen nicht hätte vorstellen können. Die Rückkehr in die Champions League endete mit Gruppenplatz drei hinter Gent - und so mit dem vorzeitigen Aus.

In der Liga ist seit Wochen jedes positive Saisonziel verpasst. Dreizehn Punkte beträgt der Rückstand auf die europäischen Plätze, nur sieben Zähler der Vorsprung auf die Abstiegszone. Und im Pokal wurde zwar das Halbfinale erreicht, doch dort gab es ein schauriges 0:7 beim FC Barcelona. Platzverweis für Mustafi inklusive.

Noch gibt es eine Gelegenheit, die Saison halbwegs zu retten. Am Donnerstag kommt Athletic Bilbao zum Achtelfinal-Rückspiel der Europa League. Ein 0:1 aus dem Hinspiel muss aufgeholt werden. Das Publikum soll noch einmal für eine letzte Anstrengung gewonnen werden.

Aus Loyalität und Nostalgie werden die Leute das Estadio Mestalla wohl auch füllen. Aber in Umfragen der lokalen Sportpresse glaubt gerade mal ein Drittel der Sympathisanten an einen Happyend. Und in den Fanforen gehen die Kommentatoren mehrheitlich davon aus, dass das Ausscheiden gegen Bilbao allenfalls aufgeschoben werden könne; aber gewiss nicht aufgehoben.

Eine Mannschaft ohne echte Idee

Hat man dieses Team über die laufende Saison verfolgt hat, ist es in der Tat unmöglich, ihr den Gewinn des Europapokals zuzutrauen. Das liegt nicht mal an den Ergebnissen. Eher am Eindruck, dass da eine Mannschaft keine echte Idee davon hat, was sie spielt. Dass sie sich mal mehr, mal weniger anstrengen mag, aber immer dem Zufallsprinzip ausgeliefert ist. Und dass sie entweder nicht systematisch trainiert wird oder ihrem Trainer nicht zuhört, ob das nun Nuno Espirito Santo war oder seit Anfang Dezember die Überraschungslösung Gary Neville ist.

"Dieses Spiel ist durch nichts zu rechtfertigen", sagte Neville nach dem Derby. "Mit keinen Argumenten zu verteidigen." Er wiederholte das mehrfach.

Schon während der Schlussminuten der Partie hatte sich eine Vereinslegende zu Wort gemeldet, Santiago Cañizares, Torwart bei den Meisterschaften 2002 und 2004, dem Uefa-Cup-Sieg 2004 sowie den verlorenen Champions-League-Finals 2000 und 2001. In mehreren Tweets kritisierte er, dass "gelogen, spekuliert und der Klub misshandelt" werde. "Wenn Misswirtschaft regiert und Entscheidungen das Produkt von Capricen sind, dann hält das kein Verein aus, wie viel Geschichte er auch haben mag."

Junges Team, unerfahrener Trainer

Was Cañizares meint, weiß jeder: Das seltsame Regime des Investors Peter Lim, der den Klub vor anderthalb Jahren übernahm. Der Geschäftsmann rettete Valencia vor seinen Schulden, das schon. Aber im Verbund mit seinem Freund und Berater, dem Agentenkönig Jorge Mendes, hat er so seltsame Transfers getätigt, dass keiner mehr so recht weiß, welche Interessen den Verein lenken.

Der Kader ist voll von jungen Profis, die ihre teils hohen Ablösesummen bislang nicht gerechtfertigt haben. Und das Team wird von einem Engländer trainiert, der kein Wort Spanisch spricht und nie zuvor irgendwo in ähnlicher Funktion gearbeitet hat.

Kritik: Lieber an die eigene Nase fassen

In so einem Klub ist es natürlich auch nicht leicht, Abwehrchef zu sein. Als solcher gilt Mustafi, seit Partner Nicolás Otamendi vorigen Sommer zu Manchester City verkauft wurde. Die als Ersatz verpflichteten Aymen Abdennour und Aderlan Santos haben sich bislang eher als Slapstick-Kabinett profiliert denn als Stabilitätsfaktoren.

Valencia hat es seit 19 Ligaspielen nicht mehr geschafft, zu Null zu spielen. Dabei ist der jeweils diensthabende Torhüter Diego Alves, Matthew Ryan oder Jaume Domenech oft noch der beste Mann auf dem Platz gewesen.

Vorigen Donnerstag in Bilbao war das nicht anders. Nur dank Ryans Paraden, so die übereinstimmende Meinung der Beobachter, könne Valencia vor dem Rückspiel überhaupt noch vom Weiterkommen träumen. Dementsprechend verständnislos wurde eine Geste Mustafis aufgenommen, der dem Torwart kurz vor Schluss eine Zögerlichkeit beim Herauslaufen vorwarf. Die Kritik: Mustafi solle sich lieber an die eigenen Nase fassen. "Der deutsche Innenverteidiger hat sich darauf spezialisiert, seine eigenen Fehler anderen anzuhängen", schrieb die Sportzeitung "Marca".

"Er hat sich anstecken lassen"

Weltmeister Mustafi, der 2014 zu Valencia kam, wurde von der Kritik lange verschont. Sein erstes Jahr wurde vorzüglich bewertet. Auch im zweiten galt er bis vor kurzem noch als einer, der trotz seiner erst 23 Jahre vorangeht, Verantwortung übernimmt, zu retten versucht, was eben zu retten ist. Doch in den letzten Tagen ist die Stimmung teilweise gekippt.

In der Krise erweise sich Mustafi als "bloße Karikatur", kommentiert das Sportblatt "Plaza Deportiva": "Kein Tag vergeht, an dem er nicht einen Fehler begeht, der die Mannschaft teuer zu stehen kommt."

Die Presse in Valencia ist durchaus für den Holzhammer bekannt. Vielleicht trifft es Cañizares also eher: "Mustafi hat sich von seinen Nebenleuten anstecken lassen".

Immerhin ein neuer Sportdirektor

Im Derby, beim Tor von Levante durch Giuseppe Rossi, kam der Deutsche zu spät, als der Stürmer einen Einwurf direkt abnahm und den Ball im Tor versenkte. War er wirklich für den flinken italienischen Angreifer eingeteilt? Oder wollte er nur aushelfen, weil er als einziger die Situation erkannt hatte?

Mustafi, heißt es immer wieder, werde von mehreren europäischen Spitzenklubs beobachtet. Vielleicht verlässt er bald das sinkende Schiff Valencia. Vielleicht hört Valencia auch auf zu Sinken.

Es gibt seit kurzem mit Jesús García Pitarch immerhin wieder einen Sportdirektor und viele Berater drängen Lim, zur nächsten Saison einen renommierten Trainer einzustellen. Wie auch immer: Was Krisen angeht, hat jeder Spieler in Valencia inzwischen wohl genug für eine ganze Karriere gelernt.

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