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Israel-Iran-Krieg: Trump lässt Deutschland an der Seitenlinie stehen


Israels Krieg gegen den Iran
Trump lässt Deutschland im Regen stehen


19.06.2025 - 15:09 UhrLesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Der US-Präsident entscheidet über ein mögliches Eingreifen der Amerikaner in Israels Krieg gegen den Iran.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident entscheidet über ein mögliches Eingreifen der Amerikaner in Israels Krieg gegen den Iran. (Quelle: Kevin Lamarque/reuters)
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US-Präsident Donald Trump erwägt den Einstieg in den israelischen Krieg gegen den Iran. Absprachen der USA mit Deutschland und den Europäern gibt es kaum. Warum blickt die Bundesregierung dennoch optimistisch auf den Konflikt?

Tut er es oder tut er es nicht? Seitdem US-Präsident Donald Trump früher als geplant vom G7-Gipfel in Kanada abreiste, wachsen die Spekulationen, dass die Amerikaner Israel in ihrem Krieg gegen den Iran auch aktiv militärisch unterstützen könnten. Die US-Drohkulisse ist bereits aufgebaut: Trump verlegte einen weiteren Flugzeugträgerverband und mehrere Tankflugzeuge in die Region und ließ die US-Botschaft in Jerusalem schließen.

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Trump könnte eine Drohkulisse aufbauen wollen, um den Iran zum Einlenken im Streit über das Atomprogramm des Mullah-Regimes zu bewegen. Fest steht: Die US-Armee könnte jederzeit zuschlagen und die israelische Luftwaffe dabei unterstützen, vor allem unterirdische Atomanlagen zu zerstören.

Während der US-Präsident in Washington seine Optionen abwägt, steht Deutschland zusammen mit den anderen Europäern an der Seitenlinie. Und mehr: Die Eskalation führt internationalen Beobachtern erneut vor Augen, dass Trump kaum Wert auf strategische Absprachen mit den Europäern legt. Der US-Präsident macht, was er will. Trotzdem versucht die Bundesregierung, Optimismus zu verbreiten.

Greift Trump ein?

Deutschland wurde am frühen Freitagmorgen von dem israelischen Angriff überrascht. Etwa um 4 Uhr morgens wurde Außenminister Johann Wadephul von einem engen Mitarbeiter informiert, danach kam es zu einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Gideon Saar.

Trump dagegen soll im Vorfeld informiert worden sein, erklärte der israelische Premier Benjamin Netanjahu. Die USA sind der engste Verbündete Israels, die israelische Armee wird vor allem von den Amerikanern ausgerüstet und munitioniert. Der US-Präsident soll jedoch wenige Tage vor der Eskalation Israel von einem Angriff abgeraten haben. Netanjahu hat mit seinem Angriffsbefehl durchaus auch die US-Administration bloßgestellt.

Seither versucht Trump, die Ereignisse in seinem politischen Sinne zu interpretieren. Er spielt militärisch mit den Muskeln, verlegte Kampfflugzeuge, einen Flugzeugträger und zahlreiche Tankflugzeuge in die Region. Die Botschaft: Es liegen alle Optionen auf dem Tisch, und die Amerikaner sind bereit, die israelische Armee bei ihren Angriffen zu unterstützen.

Doch ob der US-Präsident sein Land in einen Krieg mit ungewissem Ausgang schicken möchte, darüber gibt es zumindest Zweifel. Nur eines liegt auf der Hand: Trump will gegenüber dem iranischen Regime eine Drohkulisse aufbauen. Deshalb fabulierte er auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social öffentlich über eine mögliche Tötung von Ali Chamenei, dem Obersten Führer des Iran. Deshalb verließ er am Montagabend den G7-Gipfel in Kanada frühzeitig, um im Situation Room des Weißen Hauses die Lage im Nahen Osten zu besprechen.

Alles wirkte so, als könnten die Amerikaner jederzeit eingreifen. Aber das haben sie bislang nicht getan. Stattdessen sprach Trump am Mittwoch davon, dass Teheran doch verhandeln wolle. Dementsprechend scheint der Republikaner einen neuen Atomdeal mit dem Iran noch nicht aufgegeben zu haben. Denn dieser wäre am Ende sein Erfolg und er könnte damit weiterhin die Klaviatur des Präsidenten spielen, der die USA niemals in einen Krieg geführt hat.

Keine transatlantische Strategie des Westens

Ebenso bemerkenswert wie Trumps Abwägungen mit Blick auf die Lage im Nahen Osten ist die mangelnde Einbindung der europäischen Nato-Partner in ebendiesen Prozess. Denn laut Recherchen von t-online laufen die Abstimmungen im transatlantischen Bündnis eher sporadisch.

Schon beim G7-Treffen erfuhren die europäischen Partner nicht den Grund für Trumps Abreise. Zudem sei es nach dem Beginn der israelischen Angriffe in der Nacht zum Freitag nicht zu Telefonaten auf Regierungsebene mit den Amerikanern gekommen, hieß es aus Regierungskreisen. Aus dem Auswärtigen Amt erfuhr t-online: "Außenminister Wadephul und US-Außenminister Marco Rubio stehen kontinuierlich im Austausch." Kontakt habe es seit Freitag gegeben. Und: "Ein nächstes bilaterales Treffen könnte es nächste Woche beim Nato-Gipfel geben."

Doch in welchem Umfang dieser Austausch stattfindet, ist unklar. Die Bundesregierung spricht nicht von Absprachen oder Schaltgesprächen, die unmittelbar nach der Eskalation im Nahen Osten stattfanden. Das erste persönliche Gespräch nach Kriegsbeginn am Freitag fand offenbar zwischen Kanzler Merz und Trump auf dem G7-Treffen in Kanada statt und dauerte 20 Minuten – drei Tage nach den ersten israelischen Angriffen auf den Iran.

Das zeigt erneut den Paradigmenwechsel in den transatlantischen Beziehungen unter Trump. Während es unter seinem Vorgänger Joe Biden mit Blick auf derartige Eskalationen umgehend Videoschalten der westlichen Alliierten gegeben hatte, kocht die aktuelle US-Regierung vor allem ihr eigenes Süppchen. Da Deutschland und die restlichen europäischen Nato-Staaten auf diesen Konflikt im Nahen Osten einen eher geringen Einfluss haben, wird sie Trump am Ende vor vollendete Tatsachen stellen.

Wadephul wird wohl erst beim Nato-Gipfel in Den Haag ab dem 24. Juni zu einem tiefergehenden persönlichen Austausch mit Rubio kommen. Auch Merz könnte hier erneut auf Trump treffen. Das legt den Verdacht nahe: Während sich der Rest der G7 in den großen geopolitischen Fragen weitestgehend einig ist, gibt es aber mit den USA keine gemeinsame Strategie. Trump will das nicht – und er tut auch gar nicht so, als würden diese Entscheidungen nicht ausschließlich in seiner Hand liegen.

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Deutschland verkauft Absprachen mit den USA als Erfolg

Das stellt die Europäer und auch Deutschland vor ein Dilemma. Einen grundlegenden strategischen Austausch zum gegenwärtigen Krieg zwischen Israel und dem Iran hat es mit der US-Administration noch nicht gegeben. Auch Außenminister Wadephul bezog sich in der Sendung "Maischberger" am Mittwoch vor allem auf öffentliche Aussagen der US-Regierung: "Ich halte mich daran, was mein Amtskollege Marco Rubio offiziell dazu gesagt hat. Dort hat er klar gesagt, dass die USA kein Teil der Auseinandersetzung seien und keinen Beitrag dazu leisten." Die US-Truppenkonzentration werte er als Drohung, dass die Amerikaner zurückschlagen, wenn sie angegriffen werden.

Diese Lesart birgt vor allem zwei Probleme. Erstens gilt Rubio für die Europäer zwar als integrer Ansprechpartner, der aktuell auch den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters des US-Präsidenten ausfüllt. Aber er ist ähnlich den Launen und Entscheidungen von Trump ausgesetzt wie die Europäer. Zweitens lassen sich derartige Prognosen nur schwer treffen, weil sich die Amerikaner selbst von ihren Verbündeten aktuell kaum in die Karten schauen lassen.

Die Bundesregierung möchte trotzdem Optimismus verbreiten, sieht in jeder Sache, in der man sich noch mit den USA einigen kann, ein positives Signal. Auch das Ergebnis des G7-Gipfels in Kanada wertete Kanzler Merz als Erfolg – obwohl die Unterstützung der Ukraine und eine Aufforderung an Israel und den Iran zum Einstellen der Kämpfe nicht integriert wurden, weil Trump sich querstellte.

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Trotzdem versucht vor allem Deutschland, die Gemeinsamkeiten ins Zentrum der Betrachtung zu rücken. Das hat zwei zentrale Gründe: Einerseits möchte die Bundesregierung Trump nicht vor den Kopf stoßen, um eine Eskalation auf dem Nato-Gipfel oder bei den Zollverhandlungen zu verhindern. Andererseits wird sich Deutschland nicht mit Israel und den USA politisch anlegen, um Angriffe auf das Mullah-Regime zu verurteilen. Merz attestierte der israelischen Armee am Dienstag, dass sie die "Drecksarbeit" auch für die Europäer übernehme. "Es wäre gut, wenn dieses Regime an sein Ende käme", erklärte der Kanzler.

"Glaubt irgendjemand, dass das eine gute Idee war?"

Doch vor allem Frankreich schlägt andere Töne an, hat Sorge vor einem Regimewechsel im Iran und vor einem Flächenbrand in der Region. "Der größte Fehler, den man heute begehen kann, ist, mit militärischen Mitteln einen Regimewechsel im Iran anzustreben, denn das würde Chaos bedeuten", sagte Macron zum Abschluss des G7-Gipfels in Kanada. "Glaubt irgendjemand, dass das, was 2003 im Irak (...) und im vergangenen Jahrzehnt in Libyen geschehen ist, eine gute Idee war? Nein!"

Zwar sehen Merz und Wadephul in ihren Ausführungen einen möglichen Regimewechsel im Iran kritisch, aber sie kritisieren dabei weder Israel noch die USA. Während Deutschland und Großbritannien in der Frage eher zurückhaltend agieren, geht Frankreich politisch in die Offensive. Wadephul und seine Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien wollen am Freitag den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi treffen, um mit ihm über einen Atomdeal zu verhandeln.

Doch ob das Aussicht auf Erfolg hat, hängt vor allem von Trump ab. "Niemand weiß, was ich machen werde", sagte der US-Präsident. Das trifft wohl auch auf seine europäischen Verbündeten zu, und sie könnten nach dem israelischen Angriff auf den Iran vergangene Woche nun erneut von einer Entscheidung kalt erwischt werden – nur dieses Mal könnte sie aus Washington kommen.

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