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ARD-Doku über Gerhard Schröder: Interview mit dem Macher


Macher der ARD-Schröder-Doku
"Da habe ich innerlich mit dem Kopf geschüttelt"

  • Carsten Janz
InterviewVon Carsten Janz

07.04.2024Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Lucas Stratmann von der ARD begleitete Gerhard Schröder. (Quelle: NDR)Vergrößern des Bildes
Lucas Stratmann von der ARD begleitete Altkanzler Gerhard Schröder. (Quelle: NDR) (Quelle: ARD Mediathek)

Heute Abend läuft in der ARD eine Dokumentation über Gerhard Schröder. Schon seit mehreren Tagen ist sie in der Mediathek zu sehen und führt zu viel Wirbel im politischen Berlin. t-online konnte mit dem Autor der Doku sprechen.

Knapp sechzig Minuten dauert die Dokumentation über Gerhard Schröder anlässlich von dessen 80. Geburtstag am heutigen Sonntag. Der Ex-Kanzler wird von der ARD bei vielen Terminen begleitet: in seine Heimat Hannover, auf den Golfplatz, aber auch auf Geschäftstermine nach China. Die Doku zeigt, wie umtriebig Schröder auch nach seiner Zeit im Kanzleramt noch ist.

Und sie zeigt auch, welche Rolle seine Freundschaft zu Wladimir Putin im Ukraine-Krieg spielt. t-online-Politikchef Christoph Schwennicke meint, manchmal schmerze es, diese Doku zu schauen. Aber wegschalten, das sei auch nicht möglich. Lesen Sie hier seinen Kommentar.

Macher des Films ist der Fernsehautor Lucas Stratmann. Er hat versucht zu ergründen, warum Schröder nach wie vor an der Freundschaft zu Putin festhält und Schröder zu entlocken, was die Ablehnung seiner Person innerhalb der SPD mit ihm macht. Er wollte außerdem die Frage klären, ob der Altkanzler sein Handeln hinterfragt. Die Antworten, die er bekommen hat, sind faszinierend und verwirrend zugleich. t-online hat mit Lucas Stratmann ein Interview geführt.

t-online: Herr Stratmann, Ihre Dokumentation über den Altkanzler Gerhard Schröder hat schon im Vorfeld viele Reaktionen hervorgerufen. Auf der Plattform X schrieb eine Nutzerin: "Ich habe gerade die Schröder-Doku gesehen und jetzt ist mir schlecht." Was denken Sie, wenn sie so etwas lesen?

Lucas Stratmann: Ich möchte natürlich gern wissen, warum ihr schlecht geworden ist. Doch bei so viel Selbstbewusstsein und Stolz, die Gerhard Schröder in der Doku zeigt – und auch bei dem Unwillen, an deinen eigenen Punkten zu zweifeln, da kann ich es schon verstehen, dass der Frau schwindelig wird.

Schröder spricht in der Doku davon, dass es in Russland seiner Auffassung nach freie Wahlen gebe. Was haben sie in dem Moment in dem Interview gedacht?

Ich muss hier deutlich machen, dass das Interview vor dem Tod Nawalnys stattgefunden hat. Natürlich ist mir in dem Moment, als Schröder von freien Wahlen sprach, vieles durch den Kopf gegangen. Ich habe ihn dann damit konfrontiert, dass es auf jeden Fall keine freie Opposition in Russland gibt.

Lucas Stratmann, Autor bei der ARD und dem NDR
Lucas Stratmann, Autor bei der ARD und dem NDR (Quelle: NDR)

Zur Person

Der Autor Lucas Stratmann arbeitet seit 2010 für den NDR als freier Mitarbeiter. Zwischen 2016 bis 2018 volontierte er auch dort. Seitdem erstellt er hauptsächlich politische Dokumentationen und Langformate für den NDR und die ARD. Großes Aufsehen erreichte er unter anderem mit einer Doku-Serie über den ehemaligen Juso-Vorsitzenden und heutigen SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Er wurde für diese Produktion mit mehreren relevanten Medienpreisen ausgezeichnet.

Zu dem damaligen Zeitpunkt wurde Boris Nadeschdin als vom Kreml installierter Papp-Opponent gegen Putin ins Rennen geschickt. Als dann aber klar wurde, dass sich viele Russen zu Nadeschdin hingezogen fühlen, wurde der aus pseudo-formalistischen Gründen von der Wahlliste genommen. Da habe ich während des Interviews auf jeden Fall innerlich mit dem Kopf geschüttelt.

Sie haben mehrfach Schröders Freundschaft zu Putin hinterfragt. Schröder steht in ihrer Doku aber weiter zu seinem Freund.

Ja, er hat sich auf jeden Fall nicht von Putin distanziert. Aber die Freundschaft bleibt in seinen Schilderungen ein wenig nebulös. Auf meine Frage, ob er denn in seinen freundschaftlichen Gesprächen mit Putin auch gefragt hat, warum er den Krieg überhaupt angefangen hat, wiegelt er ab.

Er sagt, er fahre nicht zum Moralisieren nach Moskau und könne so auch keine Verhandlungen führen. Also ist er nun Freund oder Verhandlungspartner? Und wie tief ist die Freundschaft wirklich?

Was denken Sie?

Ich glaube, es ist eine Beziehung, in der beide voneinander profitieren. Sei es finanziell, diplomatisch oder strategisch. Ich habe eine andere Definition von Freundschaft als Herr Schröder.

Sie zeigen in der Doku auch auf, welche umstrittenen Entscheidungen Gerhard Schröder getroffen hat. Haben sie den Eindruck, dass er eigene Fehler sieht?

Nein. Sei es die sogar in seiner SPD umstrittene Agenda 2010 oder die russlandfreundliche Energiepolitik. Er spricht davon, dass vielleicht manche Entwicklung nicht optimal war. Aber Fehler hat er seiner Meinung nach nicht gemacht. Ich glaube, Gerhard Schröder ist ein Mann, der nicht an seinem politischen Erbe und an seinem Lebenswerk zweifelt.

Trotzdem macht Ihre Doku auch klar: Schröder hat einen "rauen Charme". Wie schwer ist es da, Distanz zu halten?

Wenn man einen Menschen lange mit der Kamera begleitet und häufiger trifft, baut man eine Beziehung zu ihm auf. Aber eine gewisse Distanz bleibt. Wichtig ist, dass ich meine Arbeit nicht aus den Augen verliere. Nämlich am Ende ein Produkt und ein Ergebnis abzuliefern, das es den Zuschauerinnen und Zuschauern ermöglicht, sich selbst eine Meinung über ihn zu bilden. Und dafür auf möglichst neutrale, nüchterne Art Fragen zu stellen. Ich bin als Stellvertreter der Zuschauer in den Interviews und möchte möglichst deren Fragen stellen. Und beantwortet bekommen.

Gerhard Schröder ist selten alleine im Bild. Frau Schröder-Kim ist immer an seiner Seite. Sie wirkt wie eine Aufpasserin.

Ich glaube, dass Frau Schröder-Kim verschiedene Rollen einnimmt. Sie ist seine Frau, aber nachdem ihm die Mittel für sein Bundestagsbüro, das eigentlich jedem Altkanzler zusteht, genommen wurden, musste sie auch die Organisation der Termine übernehmen.

Und Gerhard Schröder hat noch viele Termine im In- und Ausland. Hier ist sie auch noch eine Beraterin für ihren Mann.

Aber sie hat Ihre Interviews immer mit dem Handy aufgenommen. Wie hat sich das angefühlt?

Das ist natürlich sehr ungewöhnlich. Und das ist auch eine Methode oder besser eine Vorgehensweise, die man eher von der AfD kennt. Eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen.

Ich habe sie aber direkt darauf angesprochen und sie sagte, dass es für rein private Zwecke ist, und dann war es für mich auch in Ordnung.

Herr Schröder hat den aktuellen Generalsekretär der SPD, Kevin Kühnert, als "armen Wicht" bezeichnet. Sie haben auch schon einmal eine Doku-Serie über Herrn Kühnert produziert. Hat der sich nach Schröders Beleidigung schon bei Ihnen gemeldet?

Nein. Aber die beiden gelten seit jeher nicht als besonders eng, deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass sich Herr Kühnert jetzt persönlich von der Aussage getroffen fühlt.

Aber was ich aus der SPD höre: Für manche gilt eine Pöbelei von Gerhard Schröder durchaus als Auszeichnung.

Danke für das Gespräch, Herr Stratmann.

Verwendete Quellen
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