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E-Fuels: Sind sie wirklich die Alternative für Verbrenner-Aus ab 2035?


Verbrenner-Aus ab 2035
Sind E-Fuels noch eine Alternative?

t-online, Kai Kolwitz, Christopher Clausen

Aktualisiert am 29.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Einigung: In der EU sollen ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft werden. (Quelle: Reuters)
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Verbrenner-Aus ab 2035 – mit einem Schlupfloch: Laut Regelung soll der Einsatz sogenannter E-Fuels überprüft werden. Sind sie eine Alternative?

Die EU hat sich darauf geeinigt, dass die sogenannten Flottengrenzwerte für Autos bis 2035 auf null sinken sollen. Diese geben Autoherstellern vor, wie viel CO2 ihre produzierten Fahrzeuge im Betrieb ausstoßen dürfen. Neue Benzin- und Diesel-Autos, die Klimagase ausstoßen, dürfen also ab 2035 nicht mehr verkauft werden.

Im Kompromiss zwischen Europaparlament und EU-Staaten ist jedoch eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten zu überprüfen, ob der Einsatz von sogenannten E-Fuels für Autos künftig infrage kommen könnte. Aber was sind E-Fuels eigentlich – und haben sie wirklich eine Zukunft?

Hoffnung für den Verbrennungsmotor?

Eine Weile schon schöpfen Traditionalisten in Sachen Antrieb Hoffnung, dass der Verbrennungsmotor doch noch als Sieger aus dem Wettbewerb der Konzepte hervorgehen könnte. Das Zauberwort heißt "E-Fuels". Das sind synthetische Treibstoffe, die mithilfe von Ökostrom aus Wasser und Kohlendioxid produziert werden können.

Argumente für E-Fuels

Da bei ihrer Verbrennung nur das CO2 freigesetzt wird, das bei der Produktion aus der Atmosphäre entnommen wird, sind sie weitgehend klimaneutral. Ein weiteres Argument für E-Fuels: Bestehende Transportwege und Tankstellen lassen sich weiter nutzen. Auch Autohersteller und Zulieferer könnten ihre in vielen Jahrzehnten aufgebaute Expertise in Sachen Verbrennungsmotor weiter nutzen und verfeinern.

Zudem besteht eine Chance, dass vorhandene Autos mit den neuen Kraftstoffen betankt werden könnten. Somit würden auf einen Schlag gleich alle Autos sauberer, argumentieren Befürworter von E-Fuels.

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"Grausige Energiebilanz" – Argumente gegen E-Fuels

Jedoch: "Die Energiebilanz von E-Fuels ist grausig", sagt Professor Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Duisburger Instituts "Center Automotive Research" zu t-online. Das liegt daran, dass die synthetischen Treibstoffe das Ergebnis eines mehrfachen Umwandlungsprozesses sind: Zunächst wird dabei mithilfe von Elektrizität Wasserstoff erzeugt (der mithilfe einer Brennstoffzelle auch Autos antreiben könnte). Dieser Wasserstoff wird dann in einem weiteren Arbeitsgang in synthetisches Benzin oder synthetischen Diesel verwandelt – und diese Treibstoffe werden dann am Ende in einem Verbrennungsmotor in Vortrieb umgewandelt.

Strom steckt in der Produktion statt im Auto

Bei jedem dieser Schritte entstehen Verluste, sodass bei der Verwendung von E-Fuels nur noch 10 bis 15 Prozent der aufgewendeten Energie für die Fortbewegung genutzt werden können. Der Rest verschwindet im Prozess. Würde man den Strom direkt in einem E-Auto verfahren, statt ihn in die Produktion von E-Fuels zu stecken, so würde man etwa fünfmal so viele Kilometer schaffen.

Skeptiker merken an, dass man den grünen Wind-, Solar- oder Biostrom zur H2-Gewinnung für viele andere Zwecke der Energiewende braucht.

Für Dudenhöffer ist dieser Unterschied so gravierend, dass der Aufbau einer E-Auto-Infrastruktur auf Dauer ökologischer und wirtschaftlicher wäre als E-Fuels und Verbrennungsmotoren. Eine aktuelle Studie lässt ebenfalls den Schluss zu, dass E-Fuels kaum klimafreundlicher sind als Verbrenner. Hinzu kommen Forderungen, sie lieber für Großmotoren in Schiffen oder Flugzeugen zu reservieren.

Neue Produktionsanlagen für E-Fuels

Bei Porsche sieht man die Sache differenzierter. Gerade hat man in Chile eine Produktionsanlage für E-Fuels eröffnet. In der Pilotphase ist eine E-Fuels-Produktion in Chile von rund 130.000 Litern pro Jahr vorgesehen. Bis Mitte des Jahrzehnts soll die Produktion auf voraussichtlich rund 55 Millionen Liter pro Jahr steigen. Rund zwei Jahre später soll die Kapazität 550 Millionen Liter betragen.

In Baden-Württemberg soll eine der bundesweit größten Anlagen zur Produktion dieser regenerativ hergestellten, synthetischen Kraftstoffe entstehen. Das ist das Ergebnis des Projektes "reFuels – Kraftstoffe neu denken", das in Karlsruhe vorgestellt wurde.

An dem Projekt arbeiten sechs Einrichtungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit zahlreichen Partnern aus Energiewirtschaft, Mineralöl-, Automobil- und Zulieferindustrie unter dem Dach des Strategiedialogs Automobilwirtschaft des Landes Baden-Württemberg zusammen. Zwei Pilot- und weitere Technikanlagen des KIT lieferten regenerative Kraftstoffe. Diese wurden aufbereitet und in Versuchsmotoren und Fahrzeugen getestet. Resümee der Wissenschaftler: Der alternative Sprit ist voll und ganz alltagstauglich.

Eine Herausforderung ist auch hier der Mangel an notwendigem Strom aus umweltfreundlicher Gewinnung. Die Vorprodukte sollen der höheren Effizienz wegen in Ländern mit mehr Sonne und Wind wie Chile, Südspanien und Marokko hergestellt werden. Die eigentliche Produktion soll in heimischen Raffinerien stattfinden.

Preis: E-Fuels als teurere Alternative?

Sicher ist jedenfalls, dass der Preis eine wichtige Rolle spielen wird, wenn es darum geht, ob E-Fuels zu einer Alternative für fossile Treibstoffe und Elektromobilität werden können. Auch da sind die Experten skeptisch. Peter Kasten vom Freiburger Öko-Institut etwa hat an mehreren Studien zu E-Fuels mitgearbeitet. Er geht davon aus, dass die Preise für die synthetischen Kraftstoffe dauerhaft um 25 bis 80 Prozent über denen für Benzin und Diesel aus Erdöl bleiben werden.

Gut fürs Klima, schlecht für die Staatskasse

Porsche schätzt dagegen, dass E-Fuels umso schneller preislich konkurrenzfähig werden, je mehr sich konventionelle Kraftstoffe in Zukunft verteuern – zum Beispiel durch regulatorische Maßnahmen wie Energiesteuern oder CO2-Bepreisung. Allerdings würde das im Umkehrschluss bedeuten, dass der Staat die synthetischen Kraftstoffe niedriger besteuern müsste als konventionelles Benzin oder konventionellen Diesel. Er müsste also auf Geld verzichten. Und: Strom zum Laden von Elektroautos dürfte wegen der Sache mit dem Wirkungsgrad ohnehin auf Dauer günstiger kommen, als E-Fuel zu produzieren.

Große Hersteller setzen auf Batterietechnik

Außerdem schaffen die Autokonzerne mittlerweile Fakten: "Fast alle großen Hersteller setzen bei den Pkw auf Akkus und Elektroantrieb", beschreibt Peter Kasten vom Öko-Institut t-online die aktuelle Lage. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer weist ebenfalls auf diese Tatsache hin. Volkswagen beispielsweise will mittlerweile früher aus der Verbrennertechnik aussteigen als ursprünglich geplant (lesen Sie hier mehr). Zusätzlich geht Dudenhöffer davon aus, dass sich die großen Kritikpunkte am Elektroantrieb in einigen Jahren erledigt haben werden: "Die Infrastruktur wird ja gerade ausgebaut. Man wird bald schneller laden können und die Langlebigkeit wird steigen."

Vorsprung für Batterien

Unter anderem VW, BMW und Ford haben für die kommenden Jahre sogenannte Feststoffbatterien angekündigt, die deutlich mehr Strom aufnehmen können und außerdem recyclingfähig und weniger brandgefährlich sein sollen. Würde es so kommen, würde es für E-Fuels als Treibstoff für Neuwagen noch schwerer werden – zumindest in Gegenden, in denen die Infrastruktur für Elektroautos existiert.

Eine Existenzberechtigung könnten E-Fuels aber in Europa oder den USA trotzdem haben. Potenzial sehen die Experten da, wo Transportkapazitäten und Reichweiten so groß sein müssen, dass sie mit Akkus nicht zu erreichen sind: bei Flugzeugen, Ozeanschiffen und eventuell bei schweren Lkw. Ob dies allerdings so umgesetzt wird, ist noch ungewiss.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
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