Wann die Verbrenner-Verbote kommen
Der Verbrenner ist ein Auslaufmodell. Darin sind sich Autobauer, Länder und auch einzelne Städte einig. Aber wann genau es vorbei ist, dazu gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Christian Lindner will nun gegen das EU-Ziel votieren. Hier sind die aktuellen Ausstiegspläne.
Bewegungen wie "Fridays for Future" machen weltweit mobil, um mehr Druck auf die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft zu erzeugen. Die Bewältigung der Klimakrise sei die Hauptaufgabe unseres Jahrhunderts, mahnen die Aktivisten: "Wir fordern eine Politik, die dieser Aufgabe gerecht wird."
Diese Politik solle auch saubere Mobilität und moderne Technologie voranbringen, Benziner und Diesel durch umweltschonende Antriebe ersetzen.
Andererseits fahren und stehen mehr als 47 Millionen Pkw mit einem Verbrennungsmotor auf Deutschlands StraĂźen. Und nicht jeder Besitzer kann sein Auto einfach so gegen ein Elektromodell eintauschen. Obendrein will es nicht jeder.
Das Enddatum der EU-Kommission
Die EU-Kommission aber will es. Sie formuliert so vermeintlich ehrgeizige Klimaziele, dass sich das Bauen von Diesel- und Benzinmotoren mittelfristig nicht mehr rechnen wird – und das Fahren ebenso wenig.
Beispielsweise hieß es zuletzt in einem Papier der Kommission etwas umständlich formuliert, dass "die durchschnittlichen jährlichen Emissionen neuer Fahrzeuge ab 2030 55 Prozent und ab 2035 100 Prozent niedriger sein müssen als 2021." Und dann doch etwas klarer: "Im Ergebnis werden alle ab 2035 zugelassenen Neuwagen emissionsfrei sein", so die Kommission. "Für eine gerechte, grüne und florierende Zukunft."
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Dieses "Enddatum" 2035 – ohnehin nur ein Vorschlag – sei nicht mehr, als sich die meisten europäischen Autobauer sowieso vorgenommen hätten, kritisiert Greenpeace-Klimaexperte Tobias Austrup. Zumal es deutlich zu spät käme: Für eine Erderwärmung um höchstens 1,5 Grad müsse Europa bis 2028 aus dem Verbrenner aussteigen.
Gegenwind kommt auch aus einer anderen Richtung: Bundesfinanzminister Christian Lindner kündigte inzwischen an, gegen das Aus für Verbrennermotoren in der EU votieren zu wollen. Komme es zu einem Verbot von Benziner und Diesel, werde es keine Weiterentwicklung dieser Antriebe in Europa und Deutschland mehr geben, während Elektromobilität anderswo auf der Welt noch Jahrzehnte nicht eingeführt werde. so Lindners Argument.
Bevor aus dem EU-Vorschlag möglicherweise etwas Konkretes wird, ist es außerdem ein langer Weg. Unter anderem braucht es dafür die Zustimmung der einzelnen EU-Staaten. Und da ist mit Widerstand zu rechnen, vor allem aus den Ländern mit starker und einflussreicher Autoindustrie.
Einige andere Länder hingegen haben weniger Geduld als die EU-Kommission. Ihnen könnte es gerne etwas schneller gehen. Die Niederlande etwa forderten schon im März in einem inoffiziellen Schreiben mehr als einen Vorschlag von der EU-Kommission – nämlich ein konkretes Verbotsdatum für den Verbrennerverkauf. Als Absender des Briefs werden auch Belgien, Griechenland, Irland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich und Dänemark genannt.
Die Dänen wollten die Sache bereits 2018 in die eigenen Hände nehmen und sich auf ein Verbrenner-Aus für das Jahr 2030 festlegen. Daraus wurde nichts – der Plan verstieß gegen das EU-Recht. Auch Irland, die Niederlande, Schweden und Slowenien wollen das Aus schon für 2030. Norwegen, wohlgemerkt kein EU-Mitgliedsstaat, wird bereits ab 2025 keine neuen Verbrenner mehr zulassen. Ein Verbot für den Bestand ist aber nicht geplant.
Und Großbritannien zog, frisch aus der EU ausgetreten, bereits im Februar 2020 sein Verbot für Verbrenner-Neuwagen von 2040 auf 2035 vor. Später sprach Premier Boris Johnson sogar von 2030. Schottland wiederum hat sich ein Verkaufsverbot für 2032 vorgenommen.
Die Ausstiegspläne der Länder im Überblick
Jahr des Ausstiegs | Land |
---|---|
2025 | Norwegen |
2030 | Dänemark Indien Irland Island Israel Japan Niederlande Schweden Slowenien |
2032 | Schottland |
2035 | GroĂźbritannien Kanada Taiwan Thailand |
2040 | Frankreich Ägypten |
2060 | China (Provinz Hainan: 2030) |
Neben den geplanten Verkaufsverboten der Länder beschließen immer mehr Städte, die Einfahrt für Benziner und Diesel zu beschränken. Europaweit werden solche Maßnahmen nach derzeitigem Stand etwa 16 Millionen Autos betreffen.
Berlin etwa möchte so eine Regelung ab 2030 innerhalb des S-Bahn-Rings der Hauptstadt, fünf Jahre später im gesamten Stadtbereich. Und Spanien will bereits bis 2023 zumindest in seinen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern bestimmte Zonen einrichten, die nur noch von sauberen Autos befahren werden dürfen. Auf Mallorca werden ab 2025 keine neuen Diesel-Autos mehr zugelassen (Benziner ab 2035). Ein Jahr früher, 2024, sperrt Paris alle Diesel aus. Das Verbot für Benziner folgt 2030.
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Viele Städte setzen auf diese Weise durch, was die EU-Kommission gerade einmal als Vorschlag formuliert – und zwar schon deutlich früher. Die Liste der Einfahrbeschränkungen dürfte künftig noch länger werden. Für so manchen Autohersteller könnte sie durchaus zu einem Anlass heranwachsen, die eigene Ausstiegsstrategie noch einmal zu überdenken.
Start-Jahr der Beschränkung | Stadt | Gültig für |
---|---|---|
2019 | Stuttgart Krakau | Diesel Benziner und Diesel |
2020 | Turin Oslo Palermo Madrid | Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel |
2024 | Paris | Diesel |
2025 | Bergen | Benziner und Diesel |
2030 | Paris Heidelberg Kopenhagen Warschau Rom Mailand Barcelona StraĂźburg Amsterdam Rotterdam London Greater Manchester Birmingham | Benziner Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel Benziner und Diesel |
So planen die deutschen Hersteller
Von allen deutschen Herstellern hat Opel den ehrgeizigsten Zeitplan: Schon ab 2028 will die Stellantis-Tochter in Europa nur noch E-Modelle anbieten. Von Ford gibt es ab 2030 nur noch Stromer. Audi will im Jahr 2033 den letzten Verbrennungsmotor fertigen. Die Konzernmutter VW nennt 2033 bis 2035 als Ausstiegsdatum – allerdings nur in Europa. In China, Südamerika und den USA werde man den Verbrenner noch länger bauen.
Mercedes-Benz will ab 2039 eine CO2-neutrale Flotte haben – was auch immer das bedeuten mag. Und BMW will 2030 mindestens zur Hälfte elektrisch unterwegs sein. Einen konkreten Termin für den Ausstieg aus dem Verbrenner haben die Münchener nicht. Ein zu schneller Abschied bedeute einen "unternehmerischen Schrumpfungskurs", sagte Konzernchef Oliver Zipse dazu. Seine Aktionäre mögen ihm dafür applaudieren. Die Klimaforscher tun es ganz sicher nicht.