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Weltnichtrauchertag 2016: Lust am Rauchen lässt weiter nach


Welt-Nichtrauchertag
Die Lust am Rauchen lässt immer weiter nach

dpa, von Eckart Gienke

Aktualisiert am 31.05.2016Lesedauer: 3 Min.
In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Zigaretten-Absatz in Deutschland auf 80 Milliarden pro Jahr halbiert.Vergrößern des BildesIn den vergangenen 15 Jahren hat sich der Zigaretten-Absatz in Deutschland auf 80 Milliarden pro Jahr halbiert. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Rauchen ist schädlich - keine Frage. Die Maßnahmen gegen das Qualmen zeigen Wirkung. In Deutschland greifen immer weniger Menschen zum Glimmstängel - was den Expertenstreit über Kosten der Nikotinsucht und den neuen Trend E-Zigarette aber keineswegs eindämmt.

Die Botschaft ist klar: Die Auswirkungen des Rauchens auf den Menschen seien dramatisch und die Kosten für die Wirtschaft enorm. So begründete der französische Versicherungsriese Axa jüngst den Ausstieg aus seinen Investments in der Tabak-Branche. Es geht um Unternehmensanleihen und Aktien im Wert von 1,8 Milliarden Euro. Der Allianz-Rivale ist nicht der erste Investor, der sich aus dem Tabakgeschäft zurückzieht.

Rauchverbote, Steuererhöhungen, Schockbilder

Für die Zigarettenindustrie ist die Axa-Entscheidung wenige Tage vor dem Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai ein weiterer Rückschlag - womöglich schwerer als die vielen staatlichen Auflagen. Ob Jugendschutz, Rauchverbote, Steuererhöhungen und jetzt auch noch große Schockbilder auf Verpackungen sowie bald ein weitreichendes Werbeverbot - für die Zigaretten- und Tabakhersteller wird es enger.

Die Zahl der Raucher sinkt seit langem. In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Absatz in Deutschland im legalen Bereich nach Branchenangaben auf 80 Milliarden Zigaretten pro Jahr halbiert. Mit weiteren Rückgängen von ein bis zwei Prozent pro Jahr werde gerechnet.

Immer weniger Jugendliche qualmen

Nach einer Umfrage des Statistischen Bundesamtes hat sich 2013 der Anteil der Nichtraucher im Vergleich zur Erhebung 2009 um vier Prozentpunkte erhöht. 75 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahren seien Nichtraucher. Das Krebsforschungszentrum verweist darauf, dass nur noch jeder zehnte Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren raucht. Dazu hätten "verschiedene Tabakkontrollmaßnahmen" beigetragen.

Zwischen 1991 und 2015 ist der Umsatz der Branche jedoch von 15,9 auf fast 21,7 Milliarden Euro geklettert. Was auch daran liegt, dass der Preis pro Zigarette und die Tabaksteuer kontinuierlich gestiegen sind. Nahezu drei Viertel des Preises machen Steuern aus. Als effektivstes Anti-Nikotin-Mittel gelten Preiserhöhungen.

Grafik: Im europaweiten Vergleich liegt Deutschland beim Rauchen im Mittelfeld


Mehr spannende Grafiken bei Statista.

Jährlich sterben sechs Millionen an Folgen des Rauchens

Unstrittig ist: Wer täglich qualmt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Krebs, Diabetes, Atemwegs- oder Herz-Kreislauf- Leiden zu erkranken. Die Weltgesundheitsbehörde WHO schätzt, dass jährlich sechs Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens sterben. Im Jahr 2030 könnten es acht Millionen sein.

In Deutschland sterben nach Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler, jährlich etwa 3300 Menschen allein durch Passivrauchen. Aus Sicht der Deutschen Krebshilfe führt Zigarettenrauchen zu mehr Todesfällen als Aids, Alkohol, illegale Drogen, Verkehrsunfälle, Morde und Selbstmorde zusammen. Jedes Jahr würden etwa 121 000 Menschen vorzeitig an den Folgen aktiven Rauchens sterben.

Und das kostet die Gesellschaft viel Geld. Die Krebshilfe beziffert die tabakbedingten Kosten auf fast 80 Milliarden Euro jährlich. Doch manche Untersuchungen sehen Raucher auch als Entlastung für die Volkswirtschaft.

Enorme volkswirtschaftliche Schäden

Prof. Michael Adams und Tobias Effertz von der Universität Hamburg errechneten in einer älteren Studie für das Jahr 2007 direkte und indirekte Kosten von 33,6 Milliarden Euro pro Jahr als Untergrenze. Darin sind nicht nur Kosten für medizinische Behandlungen, Pflege und Reha enthalten, sondern weitere Faktoren wie nicht geleistete Arbeit, Frühverrentung und Verluste durch Zigarettenpausen. In einer späteren Studie verwies Effertz dann - dank genauerer Daten - auf weit höhere volkswirtschaftliche Schäden von 79 Milliarden Euro.

Ganz anders Prof. Berthold Wigger und Florian Steidl vom Karlsruher Institut für Technologie, die die Nettoeffekte untersucht haben: Nach ihren Berechnungen entlasten Raucher in Deutschland sogar die Gesellschaft jährlich unter dem Strich um Milliardenbeträge - weil sie ungefähr fünf Jahre früher sterben und dementsprechend keine Altersrenten und Ruhegehälter beziehen. Dieser Effekt sei weit stärker als Mehrkosten durch medizinische Behandlung oder frühzeitiges Ausscheiden von Rauchern aus dem Erwerbsleben.

Die beiden Forscher ließen statistisch eine theoretische Nichtrauchergesellschaft gegen die reale Gesellschaft über einen Zeitraum von 89 Jahren antreten. Ergebnis: Die reale Gesellschaft, in der 30 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen rauchen, ist um 36,4 Milliarden Euro günstiger. Zusätzlich zahlen die Raucher in ihrer Lebenszeit auch noch 376 Milliarden Euro Tabaksteuer.

Auch E-Zigarette schwer umstritten

Umstritten unter Wissenschaftlern sind auch Nutzen und Gefahren der E-Zigarette, zu der laut der Branche überwiegend Ex-Raucher greifen und die in Deutschland jetzt auch reguliert wird. In der elektronischen Zigarette wird eine meist nikotinhaltige Flüssigkeit verdampft, anstatt Tabak zu verbrennen. Nach Angaben des unabhängigen Internetportals "e-garage" wird inzwischen von mehr als zweieinhalb Millionen "Dampfern" ausgegangen.

Einige Experten warnen vor einer neuen Einstiegsdroge. E-Zigaretten sind freilich nicht gesund, gelten zumeist aber als unschädlicher als Tabak-Zigaretten. Der Frankfurter Suchtforscher Prof. Heino Stöver sieht in der E-Zigarette jedenfalls auch eine Ausstiegshilfe. Die Gesundheitsgefährdung durch elektronische Dampferzeugnisse sei im Vergleich zum konventionellen Tabakkonsum geringer. Aber auch Stöver kritisiert die Forschungslücken.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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