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Freizeitstress kann krank machen und in einem Burn-out enden


Phänomen Freizeitstress
Warum freie Zeit zum Stressfaktor werden kann


Aktualisiert am 15.08.2021Lesedauer: 5 Min.
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Eine junge Frau sitzt auf dem Sofa und hält sich die Ohren zu. Wenn die Freizeit mit Terminen "durchgetaktet" ist, entsteht negativer Stress.Vergrößern des Bildes
Eine junge Frau sitzt auf dem Sofa und hält sich die Ohren zu. Wenn die Freizeit mit Terminen "durchgetaktet" ist, entsteht negativer Stress. (Quelle: Srdjanns74/getty-images-bilder)

Nicht nur ein getakteter Berufsalltag mit immer neuen Herausforderungen kann Stress und Überforderung bedeuten. Viele Menschen kommen auch in ihrer Freizeit nicht mehr zur Ruhe. Ein Termin jagt den nächsten. Doch wann wird Freizeitstress zum Risiko?

Es scheint, als habe mancher Angst vor der Untätigkeit. Faulenzen am Wochenende? Bloß nicht. Schließlich möchte man etwas erleben – und auch nichts verpassen. Schnell ist das Wochenende durchgetaktet: Kaffee trinken mit Freunden, Sportkurse besuchen, kurz bei den Eltern vorbeischauen, noch rasch die Wohnung putzen und einkaufen, damit man es anschließend rechtzeitig zum Geburtstag schafft. Gerade nach dem langen Lockdown sehnen sich die Menschen nach Aktivität. Doch positiver (Freizeit-)Stress, von Psychologen Eustress genannt, kann in negativen Stress – Disstress – umschlagen.

Dr. Andreas Hagemann ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er leitet als Ärztlicher Direktor die unter anderem auf psychosomatische Schmerztherapien sowie Burn-out und Stresserkrankungen spezialisierte Privatklinik Merbeck im nordrhein-westfälischen Wegberg.

"Wer in seiner Freizeit ständig verplant und rundum ausgebucht ist, der fördert eher Erschöpfung als Entspannung", sagt Dr. Andreas Hagemann, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Direktor der mitunter auf Burn-out und Stresserkrankungen spezialisierten Privatklinik Merbeck. "Was vielen nicht bewusst ist: Neben anhaltendem beruflichen Stress kann auch Stress im privaten Rahmen einen Burnout verursachen."

Stressempfinden ist individuell unterschiedlich

Doch wann wird Freizeitstress zu viel? Positiver und negativer Stress unterscheiden sich vor allem durch die Dauer und die Intensität. Stress wird als positiv empfunden, wenn man im Flow ist, Freude an dem hat, was man tut und sich nicht getrieben, überfordert oder unter Druck gesetzt fühlt. Bis zu einem gewissen Punkt wirkt Stress als positiver Antreiber, motiviert, fördert die Kreativität und ermöglicht kurzzeitig ein hohes Leistungsniveau. Fehlen Körper und Psyche aber Pausen, in denen die Psyche das Erlebte verarbeiten und der Körper regenerieren kann, kann positiver in negativen Stress umschlagen.

Wie lange Stress in Beruf und Freizeit als positiv empfunden wird und ab wann es zu viel ist, ist bei jedem Menschen anders. Freizeitstress wird als angenehm erlebt, solange die Ursache für den Stress als positiv eingestuft wird, positive Gefühle mit der Situation verbunden sind und positive Gedanken mit der Tätigkeit einhergehen. Negatives Stressempfinden ist die Folge von "zu viel", "zu lange" oder "zu intensiv". Dann übersteigen die Freizeitanforderungen die eigenen Ressourcen.

Warum ist Stress so schädlich?

Stress beeinflusst den Stoffwechsel des Körpers. Unter Stress wird eine Vielzahl von Botenstoffen freigesetzt, darunter Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Die Stresshormone führen unter anderem dazu, dass sich Herzschlag, Blutdruck und Blutzuckerspiegel erhöhen und die Konzentration von Magensäure und freien Fettsäuren zunimmt. Die Verdauung wird heruntergefahren. Der Körper ist kampf- beziehungsweise fluchtbereit, die Wahrnehmung konzentriert und fokussiert.

"Setze ich mich dauerhaft unter Druck, so tritt die langfristige Wirkung des Cortisols in den Vordergrund – mit den entsprechenden Nebenwirkungen", warnt Hagemann. "Beispielsweise fördert Stress Entzündungsprozesse im Körper, schwächt das Immunsystem und begünstigt Bluthochdruck. Dauerhafter Stress macht physisch und psychisch krank – bis hin zu Burn-out, Diabetes und schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen."

Stresssymptome des Körpers ernst nehmen

Wer aufmerksam ist, erkennt die frühen Warnsignale des Körpers, wenn es zu viel wird. Bei Stress reagiert der Körper meist zuerst mit Verspannungen. Die Folgen sind häufig Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen. Auch die Verdauung kann durcheinandergeraten. Viele spüren das durch Magenschmerzen, Verstopfung, Durchfall oder Sodbrennen. Müdigkeit und Erschöpfung nehmen zu. Auch Schlafstörungen sind eine häufige Folge von Stress – oftmals verbunden mit nächtlichem Zähneknirschen. Tagsüber können Konzentrationsstörungen auftreten. Viele fühlen sich gereizt, ungeduldig und nervös. Kreislaufbeschwerden wie Schwindel, ein beschleunigter Herzschlag sowie vermehrtes Schwitzen sind ebenfalls möglich.

Viele bemerken zudem, dass Tätigkeiten, die ihnen bislang Freude bereitet haben, weniger Spaß machen. Aus Freude wird Verpflichtung. "Stehen wir permanent unter Stress – egal ob im Beruf, im Privaten oder in der Freizeit, werden unsere Kraftreserven weniger. Wir fühlen uns zunehmend antriebslos, apathisch und ausgebrannt", erklärt Hagemann.

Freizeitstress? Trauen Sie sich, nein zu sagen

Nehmen Sie diese Stresssignale ernst und gestatten Sie Ihrem Körper und Ihrer Psyche Ruhephasen. Bauen Sie Lücken zwischen Termine ein, die nur Ihnen allein gehören. Nutzen Sie diese Zeit für Dinge, die Ihnen Freude bereiten und bei denen Sie abschalten können. "Es ist wohltuend, öfter einfach in den Tag hineinzuleben. Dazu gehört es auch, hin und wieder scheinbar 'unnütze' oder 'überflüssige' Dinge zu tun", sagt Hagemann. "Und trauen Sie sich, auch mal 'Nein' zu Verabredungen zu sagen, wenn Sie merken, dass es zu viel wird." Wer sich stets verpflichtet fühlt, sich mit anderen Menschen zu treffen, der sollte laut dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sein Verhalten und seine eigenen Erwartungen hinterfragen und eventuell neue Prioritäten setzen.

So wird Freizeit zur Qualitätszeit

Chillen und Schlaf sind laut dem Experten zwei Zauberwörter gegen schädlichen (Freizeit-)Stress: "Achten Sie ebenso auf Ruhepausen wie auf genügend Schlaf. Schlaf ist als Regenerationszeit für Körper und Geist lebenswichtig. Anderenfalls drohen erhebliche psychische und physische Folgen", so Hagemann. Was sonst noch hilft:

  • Planen Sie nur wenig Aktivitäten und genießen Sie diese dafür in vollen Zügen – ohne auf die Uhr schauen zu müssen.
  • Lassen Sie Raum für Spontanität, statt auf Wochen im Voraus jede freie Minute zu verplanen.
  • Verbringen Sie Zeit mit Menschen, die Ihnen am Herzen liegen und die Ihnen guttun.
  • Erledigen Sie Verpflichtungen wie Einkaufen, Putzen oder Wäsche waschen nicht an einem Tag. Entzerren Sie diese Aufgaben.
  • Trauen Sie sich, Einladungen auch mal abzusagen. Ist Ihnen der Kontakt wichtig, können Sie einen alternativen Termin vorschlagen, an dem es Ihnen besser passt.
  • Planen Sie Zeit für sich allein ein. So können Sie sich auf sich konzentrieren und neue Kraft schöpfen.
  • Hören Sie auf Ihren Körper und Ihre Bedürfnisse. Sie möchten länger schlafen? Oder früh ins Bett gehen? Oder mit einem Buch ein paar Stunden auf dem Sofa entspannen? Versuchen Sie, sich diese Wünsche zu erfüllen.
  • Sie fühlen sich beim Gedanken an eine Verabredung oder Aktivität plötzlich gestresst? Zwingen Sie sich nicht. Sagen Sie auch mal ab. Das macht Ihnen zugleich bewusst: Ich plane meine Freizeit aktiv mit.
  • Über Bewegung kann der Körper Stresshormone abbauen und Glückshormone bilden. Bewegen Sie sich regelmäßig. Ein strammer Spaziergang kann ebenso guttun wie eine Joggingrunde, eine Radtour, das Training im Fitnessstudio oder der Pilates-Kurs.
  • Lassen Sie „auch einmal fünfe gerade sein“. Wer alles perfekt machen möchte, der setzt sich unter Druck.
  • Schalten Sie das Smartphone ab und zu offline, um sich der permanenten Überflutung an Nachrichten, Bildern und weiteren Informationen zu entziehen. Das fördert den Stressabbau.

Die genannten Tipps können Ihnen helfen, Freizeitstress zu reduzieren – und trotzdem etwas zu erleben.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview
  • Stress. Online-Information des Berufsverbandes Deutscher Internisten e. V. (BDI). (Stand: Aufgerufen am 16. Juli 2021)
  • Stress: Auswirkungen auf Körper und Psyche. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreichs des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK). (Stand: 22. Juni 2017)
  • Krankmacher Stress - Alarmsignale rechtzeitig erkennen. Online-Information der Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz. (Stand: 10. April 2019)
  • Psyche und Stress: So schützen Sie Ihr Herz! Online-Information der Deutschen Herzstiftung e. V. (Stand: Aufgerufen am 16. Juli 2021)
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