Deutsche Grenzkontrollen EU-Kollegen kritisieren Dobrindt zum 40. Schengen-Jubiläum

Schengen heißt der Pakt, der in Europa das grenzkontrollfreie Reisen ermöglicht. Doch Innenminister Dobrindt lässt an deutschen Grenzen kontrollieren und erntet beim 40. Schengen-Jubiläum unerwartete Reaktionen aus anderen EU-Ländern.
Es war kein gemütliches Treffen für Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) in Luxemburg. Es hagelte Kritik aus anderen EU-Staaten. Grund des Unmuts: Die Einführung dauerhafter Grenzkontrollen an Deutschlands Außengrenzen.
Luxemburgs Innenminister Léon Gloden formulierte deutliche Kritik: "Wir sind gegen diese Kontrollen, die Kontrollen sind gegen den Spirit von Schengen." Spaniens Innenminister Fernando Gómez mahnte, die Kontrollen müssten "die Ausnahme" bleiben und "nur vorübergehender Natur sein". Und selbst EU-Innenkommissar Magnus Brunner, ein Christdemokrat aus Österreich, der in der Migration eine harte Linie fährt, forderte: "Das muss aufhören, selbstverständlich."
Erinnern an historisches Abkommen
Ein strenger Ton für eine Jubiläumsfeier. Denn eigentlich sollte es im luxemburgischen Grenzort Schengen entspannter zugehen. Vor vierzig Jahren – am 14. Juni 1985 – wurde dort das sogenannte Schengen-Abkommen besiegelt. Es regelt das passkontrollfreie Reisen in Europa. Eigentlich.
Denn Dobrindt kündigte unmittelbar nach Amtsantritt im Mai Kontrollen und Zurückweisungen an Deutschlands Außengrenzen an. Sehr zum Unmut von Nachbarstaaten wie Österreich und Polen.
So warnte der polnische Innenminister Tomasz Siemoniak in Luxemburg davor, die Errungenschaft der offenen Binnengrenzen zu "verspielen". "Wir möchten nachdrücklich betonen, dass wir internen Kontrollen nicht zustimmen", sagte Siemoniak. Allerdings hatte der polnische Premier zuletzt selbst Grenzkontrollen an den Übergängen zu Deutschland ins Spiel gebracht.

40 Jahre Schengen – Das wird gefeiert
Am 14. Juni 1985 wird in Schengen an der luxemburgisch-deutschen Grenze das gleichnamige Abkommen besiegelt. Die Unterzeichnerstaaten verzichten auf gegenseitige Kontrollen an ihren Außengrenzen. Mit fünf Ländern fing es nach einer Initiative von Bundeskanzler Helmut Kohl und Frankreichs Staatschef François damals an: Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Belgien an. Heute gehören dem Schengenraum 29 Staaten an: 25 EU-Staaten und vier Nicht-EU-Mitglieder (Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein). Die zwei EU-Staaten Irland und Zypern sind Schengen nicht beigetreten.
Doch Dobrindts Grenzsystem ist keine Ausnahme. Nach Angaben der EU-Kommission wichen die Schengen-Staaten seit 2006 in mehr als 470 Fällen von dem Grundprinzip der unbegrenzten Reisefreiheit ab. Dabei darf ein Mitgliedsland laut Schengen-Kodex eigentlich nur im Fall "außergewöhnlicher Umstände" wieder an den Grenzen kontrollieren – und zwar "vorübergehend" und als "letztes Mittel".
Luxemburg legte offiziell Protest bei der EU ein
Luxemburg hatte im Februar wegen der Verlängerung der deutschen Grenzkontrollen Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Sein Land werde aber kein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof einleiten, sagte Innenminister Gloden.
Grenzkontrollen sind an Ausnahmefälle geknüpft, etwa Großveranstaltungen wie eine EM oder WM. Dobrindt hatte die Kontrollen mit einer "nationalen Notlage" begründet. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte dies aber im Fall dreier Asylbewerber aus Somalia, die an der Grenze zu Polen abgewiesen worden waren, verworfen.
Dobrindt kündigte daraufhin an, die Sachlage notfalls vor Europas höchstem Gericht, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, klären zu lassen.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP