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China in Hongkong-Krise: Die Angst vor einer militärischen Eskalation wächst


Die Angst vor einer militärischen Eskalation wächst

Von dpa, afp, pdi

14.08.2019Lesedauer: 5 Min.
In der Nacht stoßen Polizei und Demonstranten in Hongkong wieder zusammen.Vergrößern des BildesIn der Nacht stoßen Polizei und Demonstranten in Hongkong wieder zusammen. (Quelle: Reuters-bilder)
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Peking mahnt, die Ordnung in der Sonderverwaltungszone Hongkong müsse wiederhergestellt werden. Liegen auch militärische Optionen auf dem Tisch, wie US-Präsident Trump andeutet? Deutschland ist besorgt.

China verschärft seine Gangart in der Hongkong-Krise und löst damit international Besorgnis aus. Nach massiven regierungskritischen Protesten und gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei am Hongkonger Flughafen verglich Peking gewaltbereite Demonstranten mit Terroristen. Zwei US-Kriegsschiffen wurde die Einfahrt in den Hafen Hongkongs untersagt. Zugleich befeuerte die zunehmende Präsenz des chinesischen Militärs an der Grenze zu Hongkong Befürchtungen, die Lage könne eskalieren. Bundesaußenminister Heiko Maas legte Hongkong-Reisenden eine Verschiebung ihrer Flüge nahe.

Die US-Regierung hat sich "zutiefst besorgt" gezeigt angesichts von Berichten über chinesische Truppenbewegungen an der Grenze zu Hongkong. Washington fordere Peking "nachdrücklich" auf, das "hohe Maß an Autonomie" Hongkongs zu respektieren, teilte ein Sprecher des US-Außenministeriums der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch mit.

Massive Proteste erwartet

An diesem Wochenende werden wieder massive Proteste für mehr Demokratie und gegen Polizeigewalt erwartet. Der Airport erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen Demonstranten, um eine erneute Störung des Flugbetriebs so wie am Montag und Dienstag zu verhindern. Darin wurden Proteste oder Demonstrationen verboten, außer in dafür freigegebenen Bereichen.

Die Taten einiger Demonstranten würden sich "nicht von den Gräueltaten von Terroristen unterscheiden", hieß es am Mittwoch in einer Erklärung des Verbindungsbüros der chinesischen Regierung in Hongkong. Ein Sprecher der für Hongkong zuständigen Behörde in Peking nannte den Vorfall in einer ähnlichen Mitteilung eine "annähernd terroristische Tat".

Tausende Hongkonger hatten ihre Proteste gegen die Stadtregierung und die Polizeigewalt in den vergangenen Tagen auf den Flughafen ausgeweitet und dort mit Sitzblockaden die Passagierabfertigung massiv behindert. Sowohl am Montag als auch am Dienstag musste der Flugbetrieb deshalb vom Nachmittag an gestoppt werden. In der Nacht zum Mittwoch kam es zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Die frühere britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik genießen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Diese Rechte sehen viele nun in Gefahr.

Zwei Männer vom chinesischen Festland, darunter ein Reporter der chinesischen Zeitung "Global Times", seien am Flughafen von Demonstranten mit Kabelbindern gefesselt, geschlagen und misshandelt worden, teilte das Verbindungsbüro mit. Polizisten drangen in den Flughafen vor, um die Männer zu befreien. Die Demonstranten hatten ihnen vorgeworfen, Agenten vom chinesischen Festland zu sein.

Die Grenzen des Gesetzes, von Moral und menschlicher Natur seien völlig durchbrochen worden, kritisierte die Regierung in Peking. Die extrem gewalttätigen Verbrechen müssten streng bestraft werden. Auch in Chinas Staatsmedien und in sozialen Netzwerken machte sich am Mittwoch Empörung über das Vorgehen der Demonstranten breit.

"Regierung hat keine Antwort"

Die Lage beruhigte sich am Mittwoch, der Flugbetrieb lief wieder an. Fast sämtliche Demonstranten zogen ab. Am Mittwochabend (Ortszeit) protestierten kaum 100 Menschen auf dem Gelände, wie eine Reporterin der dpa berichtete. Es galten aber strenge Sicherheitsvorkehrungen. Reisende mussten vor Betreten des Terminals ihre Reiseunterlagen vorzeigen. Polizisten wachten über den Check-in-Bereich. Der Flughafen ist das zentrale Drehkreuz für Langstreckenflüge über China und Südostasien.

Demonstranten verteilten Handzettel, auf denen sie sich bei den Touristen für die Störungen entschuldigten. Dennoch sollten die Reisenden informiert sein, sagte ein Aktivist. "Die Regierung hat keine Antwort für uns. Darum müssen wir handeln, damit andere Länder und Regierungen über die Situation Bescheid wissen."

Außenminister Maas empfahl Bundesbürgern, angesichts der zugespitzten Lage Reisen nach Hongkong gegebenenfalls zu verschieben. "Ich glaube, dass man den Menschen durchaus sagen kann, wenn sie Hongkong-Reisen planen, diese möglicherweise etwas aufzuschieben, um abzuwarten, wie sich die Dinge dort entwickeln", sagte er im kanadischen Toronto. "Wir beobachten das sehr besorgt", sagte Maas zur Lage in Hongkong. Nach seinen Angaben leben dort mindestens 1000 deutsche Staatsbürger.

Warnung des Auswärtigen Amtes

Maas betonte, dass beide Seiten dazu beitragen könnten, dass die Dinge nicht weiter eskalieren. Man sei zwar gegen Gewalt von Demonstranten. "Wir glauben aber, dass die Demonstranten ihre legitimen Interessen und Rechte wahrnehmen." Das Auswärtige Amt empfiehlt in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen unter anderem, die örtlichen Medien zu verfolgen und Demonstrationen weiträumig zu meiden.

US-Präsident Donald Trump wies darauf hin, dass China aktuell Truppen an der Grenze zu Hongkong in Stellung bringt. Darüber sei er von den US-Geheimdiensten informiert worden, schrieb Trump auf Twitter. Alle Parteien sollten in dieser Lage Ruhe bewahren und für Sicherheit sorgen. Kurz zuvor hatte Trump vor Journalisten mit Blick auf die angespannte Lage gesagt: "Ich hoffe, niemand wird verletzt. Ich hoffe, niemand wird getötet."

Verschiedene Medien hatten zuletzt über eine zunehmende Präsenz des chinesischen Militärs an der Grenze zu Hongkong berichtet. Zu Beginn der Woche verbreiteten auch Staatsmedien Videos von gepanzerten Fahrzeugen der paramilitärischen Polizei, die in Shenzhen an der Grenze zusammengezogen wurden. Es habe sich um eine Übung gehandelt, hieß es dazu.

Zwei amerikanische Kriegsschiffe in der Region

Die chinesische Regierung verweigerte nach Angaben des US-Außenministeriums zwei amerikanischen Kriegsschiffen einen Aufenthalt im Hafen von Hongkong. Die Regierung in Peking habe entsprechende Anfragen abgelehnt. Der Aufenthalt der beiden Schiffe in Hongkong sei "in den nächsten paar Wochen" geplant gewesen.

Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums kritisierte anhaltende Einmischungen der USA. "Kümmert Euch um eigene Angelegenheiten", so Sprecherin Hua Chunying: "Hongkong geht Euch nichts an."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte davor, die verbrieften Rechte der Bürger Hongkongs infrage zu stellen. Es müsse angesichts der jüngsten Spannungen jetzt "alles daran gesetzt werden, Gewalt zu vermeiden und die Möglichkeiten einer Lösung im Rahmen des Dialogs zu finden", sagte sie in Berlin. Die Bundesregierung setze sich für einen solchen Dialog ein, "aber auf der Basis auch der in Hongkong geltenden Gesetze", die Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sicherten.

"Ein Land, zwei Systeme"

Ein konservativer Politiker in Großbritannien schlug vor, Bürgern der ehemaligen Kronkolonie die volle britische Staatsbürgerschaft zu geben. Diesen Schritt hätte sein Land bereits nach der Übergabe Hongkongs an China 1997 tun sollen, argumentierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im britischen Parlament, Tom Tugendhat, nach einem Bericht des "Guardian" (Mittwoch).


Die frühere britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe an China nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Hongkonger Bürger erhielten danach eine eingeschränkte britische Staatsbürgerschaft. Diese berechtigt sie, einen britischen Pass zu führen und konsularischen Beistand in Anspruch zu nehmen. Ohne weiteres in Großbritannien leben und arbeiten dürfen sie aber nicht.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und afp
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