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Coronavirus: Ein Urlauber aus Österreich berichtet von seinen Eindrücken


Chaos wegen Coronavirus
Tirol-Urlauber: "Wir sind Hals über Kopf von der Skipiste weg"

  • Melanie Muschong
InterviewVon Melanie Muschong

Aktualisiert am 14.03.2020Lesedauer: 4 Min.
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Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze: Urlauber müssen teils länger warten.Vergrößern des Bildes
Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze: Urlauber müssen teils länger warten. (Quelle: Revierfoto/imago-images-bilder)

Das Robert Koch-Institut hat Tirol in Österreich als Risikogebiet wegen des Coronavirus eingestuft. Im Interview mit t-online.de berichtet ein Urlauber vom Chaos und den Ausreise-Schwierigkeiten.

Eigentlich wollte Maximilian Juncker aus Hamburg mit seiner zwölfköpfigen Reisegruppe einfach nur einen Skiurlaub in einem Nachbarort von Ischgl verbringen. Doch am Freitagabend wurde das Bundesland Tirol in Österreich vom RKI als weiteres Risikogebiet wegen des sich verbreitenden Coronavirus eingestuft. Zuvor hatten die österreichischen Behörden die Region unter Quarantäne gestellt. Für Urlauber eine unangenehme Situation, wie Juncker im Interview mit t-online.de berichtet.

t-online.de: Herr Juncker, wie ist Ihr Urlaub verlaufen?

Maximilian Juncker (32): Wir waren in Ischgl zum Skifahren und haben einen Ort daneben, in Kappl, übernachtet. Wir wollten eigentlich am heutigen Samstag abreisen. Nachdem klar war, dass die Skigebiete am Samstag schließen, kam am Freitagnachmittag plötzlich eine Nachricht des Vermieters unserer Ferienwohnung, dass die Ausreise am Samstag aus dem Tal womöglich nicht gesichert sei und wir doch bitte am Freitag abreisen sollen.

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Wie war dann Ihr weiteres Vorgehen?

Wir sind Hals über Kopf von der Skipiste weg, haben unsere Sachen gepackt und sind losgefahren. Wir sind 1,5 Kilometer weit gekommen und standen dann in einer zehn Kilometer langen Autoschlange, die versucht hat, aus dem Paznauntal herauszufahren. Wir haben für diese zehn Kilometer knapp fünf Stunden gebraucht, weil die österreichische Polizei am Talausgang einen Checkpoint eingerichtet hatte, an dem sie alle Autos einzeln kontrolliert hat. Zwischendurch kam die Feuerwehr in Atemschutzmasken und hat Wasser und Schokoriegel verteilt. Das war nur der Versuch, aus dem Tal herauszukommen.

Wie sah Ihre Kontrolle dann genau aus?

Am Ende dieser zehn Kilometer haben die Polizisten das Auto angehalten, reingeschaut und gefragt, woher wir kommen. In unserem Fall waren sie zufrieden, weil wir in Kappl übernachtet haben und wir wurden durchgewunken. Es gab aber auch Autos, die herausgewunken wurden. Ich denke bei diesen PKWs ging es um Personen, die direkt in Ischgl übernachtet haben, aber das kann ich nicht sicher sagen. Im Radio wurde gesagt, dass die Gäste aus Ischgl einzeln namentlich erfasst werden sollten, damit die österreichischen Behörden das Heimatland informieren können.

Wie haben Sie sich bei der Ausreise und während des Staus gefühlt?

Die Nachricht hat sich gegen 15, 16 Uhr verbreitet, und letztlich standen wir von kurz nach 18 Uhr bis 23 Uhr in dem Stau, ohne Informationen zu haben oder zu wissen, was am Ende des Staus passiert. Wenn man danach noch eine ordentliche Autoreise vor sich hat und zuerst fünf Stunden nur auf der Stelle steht, ist das unglücklich. Zudem gab es auf der Piste, nachdem die Information kam, kein anderes Thema mehr. Auf einmal sind alle aufgebrochen.

Wie war die Stimmung allgemein?

Man hatte den Eindruck, dass jedes Touristen-Auto auf einmal versucht hat, das Tal zu verlassen. Auch als wir an der Tankstelle gehalten haben, wussten die Verkäufer nicht, was vor sich geht. Erst macht man eine Panik und sagt, dass jeder Urlauber das Tal verlassen soll und dann macht man die Straße zu und hält die Leute fünf Stunden im Stau fest und wird durchgewunken. Das war unverständlich.

Was hätten Sie sich an dieser Stelle gewünscht?

Die ganze Woche über hieß es, dass der Skibetrieb ab Samstag eingestellt werde. Jeder hatte sich darauf eingestellt, dass der letzte Skitag am Freitag sein würde, die Abreise am Samstag sein wird. Wir hätten uns gewünscht, dass wir in Ruhe abreisen können und nicht sinnlos in einem Stau stehen müssen. Alle Leute sind in Ski-Klamotten losgefahren. Alle Autos waren voll mit Personen, die noch in ihren Skihosen waren, weil jeder schnell abgereist ist.

Gab es an der Grenze zu Deutschland noch Kontrollen?

An der Grenze selbst war noch ein Kontrollposten, es war kein Stau mehr und wir konnten einfach durchfahren. Das war allerdings dann auch erst um 2 Uhr in der Nacht.

Herr Spahn hat gesagt, dass sich Leute aus Österreich nun selbst in Quarantäne begeben sollen. Wie verhalten Sie sich nun?

Unsere ganze Reisegruppe ist komplett abgereist und richtet sich darauf ein, zuhause zu bleiben. Alle haben vom Arbeitgeber gesagt bekommen, dass sie erst einmal nicht ins Büro kommen sollen. Wir haben uns alles Gute für die zwei Wochen Quarantäne gewünscht. Wir kommen aus dem Urlaub wieder, der Kühlschrank ist leer, wir gehen jetzt einkaufen und bewegen uns vorsichtig. Wir haben die Maßnahme von Herrn Spahn so verstanden, dass wir keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren und keine Freunde mehr treffen, aber einkaufen müssen wir noch. Man war nur zufällig in einem Skigebiet, aus dem wohl viele Leute infiziert zurückkamen.

War die Stimmung bereits am Anfang Ihres Urlaubs angespannt?

Die Stimmung war die ganze Woche über bereits komisch. Nachdem am Mittwoch durchgesickert ist, dass die Skisaison abgebrochen werden soll, war es nur noch ein Drittel so voll. Es sind keine Skibusse mehr gefahren. Die Gondeln haben nur vier bis sechs Personen aufgenommen. Die Après-Ski-Bars waren alle geschlossen. Wenn man sich umgehört hat, gab es kein anderes Gesprächsthema. Die Kellner und die Angestellten vor Ort waren genervt, weil die Skisaison zwei Monate früher als sonst beendet wurde und sie auch nicht wussten, wie es weitergehen soll. Alle waren verunsichert. Nun fährt man nach Hause und weiß, man soll sich daheim aufhalten, niemanden treffen, das ist schon eine merkwürdige Situation. Es ist eine Vorsichtsmaßnahme. Es kann ja genauso gut sein, dass wir völlig gesund sind.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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