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Ukraine-Krieg: Russland will Veröffentlichung von Selenskyj-Video verhindern


Ukrainischer Präsident spricht über Neutralität
Russland will Veröffentlichung von Selenskyj-Video verhindern

Von afp, dpa, reuters, lw

Aktualisiert am 27.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Russisches Luftabwehrsystem bei einer Übung im Süden des Landes.
Israels "Iron Dome": So funktioniert die Raketenabwehr, die aufgrund der russischen Invasion jetzt auch für Deutschland interessant zu werden scheint. (Quelle: Glomex)
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Unabhängige russische Medien haben ein Interview mit dem ukrainischen Präsidenten geführt – doch der Kreml untersagt die Ausstrahlung. Dennoch dringen Aussagen von Wolodymyr Selenskyj an die Öffentlichkeit.

Russlands Medienaufsicht Roskomnadsor will die Veröffentlichung eines Interviews mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verhindern. "Roskomnadsor benachrichtigt russische Medien über die Notwendigkeit, von der Veröffentlichung des Interviews abzusehen", teilte die Behörde am Sonntag in Moskau mit.

Roskomnadsor kündigte zudem eine Überprüfung aller Medien an, die das Selenskyj-Interview führten, um "das Ausmaß der Verantwortung und Reaktionsmaßnahmen" zu bestimmen. Russlands Generalstaatsanwaltschaft kündigte eine "rechtliche Bewertung des Inhalts der veröffentlichten Äußerungen" an.

Unter den russischen Journalisten, die kürzlich mit Selenskyj per Videoschalte sprachen, war auch ein Reporter der bekannten Moskauer Tageszeitung "Kommersant". Die oppositionelle "Nowaja Gaseta" unterstützte das Interview eigenen Angaben zufolge. Beide Blätter veröffentlichten Selenskyjs Worte zunächst nicht.

Meduza veröffentlichte Interview trotz Warnung

Auch die Medien Meduza und Doschd, deren Seiten in Russland allerdings ohnehin bereits blockiert sind, waren vertreten. Das Portal Meduza veröffentlichte das rund anderthalbstündige Interview trotz der Warnung der Medienaufsicht am Sonntagabend auf seiner Seite, die etwa über alternative Internetverbindungen und aus dem Ausland weiter zu erreichen ist.

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Der Chefredakteur des ebenfalls bereits geschlossenen Radiosenders Echo Moskwy, Alexej Wenediktow, kritisierte auf Telegram, dass die russische Medienaufsicht nicht einmal Gründe für ihr Vorgehen nannte. Selenskyj sei immerhin der legitime Präsident der Ukraine – das habe auch der Kreml stets bekräftigt, schrieb Wenediktow.

Selenskyj: Forderung nach Neutralität wird "gründlich" geprüft

Selenskyj erklärt in dem Interview, in den Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine wolle die Regierung in Kiew die Frage der von Russland geforderten Neutralität des Landes "gründlich" prüfen. "Dieser Punkt der Verhandlungen ist für mich verständlich und er wird diskutiert, er wird gründlich geprüft."

Der ukrainische Präsident sei bei Sicherheitsgarantien durch dritte Parteien bereit, im Rahmen von Friedensverhandlungen mit Russland über einen neutralen Status seines Landes zu sprechen. Dieser müsse aber später zur Abstimmung gestellt werden. "Sicherheitsgarantien und Neutralität, nicht-nuklearer Status unseres Landes. Wir sind dazu bereit. Das ist der wichtigste Punkt", sagte Selenskyj.

Eine Einigung mit Moskau sei aber nur möglich, wenn der Kreml seine Truppen abziehe. Außerdem sprach Selenskyj sich für einen vollständigen Austausch von Gefangenen mit Russland aus. Eine entsprechende Liste habe er übergeben. Kremlchef Putin warf er eine Verzögerung der Friedensverhandlungen vor.

Eine Neutralität der Ukraine ist eine der russischen Hauptforderungen in den Verhandlungen über einen Waffenstillstand, der Kreml hatte unlängst das Modell Schwedens oder Österreichs als mögliches Vorbild genannt. Die Ukraine würde bei einem solchen Neutralitätsmodell auf einen Beitritt zur Nato verzichten müssen, was Selenskyj aber bereits in Aussicht gestellt hat.

Der Staatschef erzählte in dem Interview zudem, er habe ukrainischen Soldaten in Mariupol gesagt, dass sie die Stadt verlassen könnten, berichtete "Kyiv Independent". "Sie haben sich geweigert", sagte Selenskyj. Sie hätten sich geweigert, verletzte und tote Kameraden und Zivilisten zurückzulassen. Die Hafenstadt ist besonders von den Auswirkungen des Kriegs betroffen.

"Wir wollen die Leichen nicht behalten"

Ganze Vororte um Kiew und Städte wie Wolnowacha im Osten des Landes seien dem Erdboden gleichgemacht worden, sagte Selenskyj dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" zufolge. Die Invasion habe auch russischsprachige Städte zerstört. Der ukrainische Präsident kritisierte den Kreml demnach scharf für den Umgang mit gefallenen Soldaten. Die russische Regierung wolle die Leichname der eigenen Streitkräfte nicht haben – aus Angst, dass die tatsächliche Zahl der Gefallenen an die Öffentlichkeit komme.

"Wir wollen sie zurückgeben, wir wollen die Leichen nicht behalten", sagte Selenskyj. Zuerst habe sich Russland geweigert, "dann haben sie uns ein paar Säcke angeboten". Sie seien wie Müllsäcke gewesen, sagte der ukrainische Präsident. "So behandelt man nicht einmal einen Hund oder eine Katze, wenn sie stirbt."

Journalisten beklagen verstärkte Repressionen

Journalisten und Aktivisten beklagen seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar verstärkte Repressionen, denen kritische Medien ausgesetzt sind. Ein neues Mediengesetz sieht etwa bis zu 15 Jahre Haft für angebliche Falschnachrichten über Russlands Streitkräfte vor.

Die Medienaufsicht veröffentlichte ihre jüngste Warnung auch auf Telegram. Dort hat sie ein Z in ihrem ansonsten kyrillisch geschriebenen Namen gegen den lateinischen Buchstaben ausgetauscht und führt den Kanal nun unter der Bezeichnung RoskomnadZor. Das Z ist ein von Befürwortern des Kriegs genutztes Symbol und steht für "Za Pobedu" – "Für den Sieg".

Verwendete Quellen
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