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Putins Kampfpanzer: Der T-72 zeigt, wie verwundbar die russische Armee ist


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Exportschlager T-72
Dieser Panzer zeigt, wie verwundbar Putins Armee ist


Aktualisiert am 16.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Russische Separatisten auf einem T-72 in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol.Vergrößern des Bildes
Russische Separatisten auf einem T-72 in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol. (Quelle: Ilya Pitalev / Sputnik/imago-images-bilder)

Der T-72 ist der meistbenutzte Kampfpanzer der Welt. Im Ukraine-Krieg wird er zum Symbol für Putins entzauberte Armee. Das Gerät hat eine Schwachstelle. Und die Ukrainer kennen sie genau.

"Aber sicher", sagte Wladimir Putin im Frühjahr 2020 auf die Frage, ob die russische Armee stark sei und ihre Panzer schnell. "Ich beneide niemanden, der gegen sie kämpfen muss." Dabei setzte Russlands Präsident ein maliziöses Lächeln auf. "Oh, gegen wen werden wir denn kämpfen?", fragte Andreij Vandenko, Journalist der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS. "Gegen niemanden", versicherte Putin.

Es kam bekanntlich anders. Sowohl was den Krieg betrifft als auch die Unverwundbarkeit der russischen Armee und ihrer Panzer. Laut des Dokumentationsprojekts Oryx haben die russischen Streitkräfte im Ukraine-Krieg bereits 2.885 Militärfahrzeuge verloren (Stand: 14. April). Davon allein 505 Panzer. Darunter sind Schützenpanzer, Aufklärungspanzer, gepanzerte Truppentransporter und auch der Kampfpanzer T-72.

Der T-72 gilt als ebenso tödliche wie ikonische Waffe der russischen Streitkräfte. Ein Exportschlager in aller Welt. Doch nun sind im Laufe der vergangenen Wochen schon 314 T-72 von der ukrainischen Armee gestoppt worden. Entweder wurden sie zerstört oder die Panzer fielen ihr in die Hände, weil die russische Besatzung ihr Fahrzeug aufgegeben hatte.

"Russische Panzer sind enorm verwundbar"

Oft war für das Aufgeben aber keine Gelegenheit mehr. Es gibt immer mehr Bilder, auf denen zu sehen ist, wie der noch in der Sowjetunion entwickelte T-72 nach einem Beschuss mit Panzerabwehrwaffen förmlich explodiert ist. Nicht selten hat es dabei den kompletten Gefechtsturm von der Fahrzeugwanne gerissen.

"Dass die russischen Kampfpanzer enorm verwundbar sind, das war im Grunde vorher schon bekannt", sagt Gustav Gressel, Militärexperte von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations, "aber das führen die Bilder aus diesem Krieg sehr eindrucksvoll vor Augen."

Gustav Gressel ist als Senior Policy Fellow bei der politischen Denkfabrik European Council On Foreign Relations (ECFR) tätig. Er beschäftigt sich in seiner Forschung schwerpunktmäßig mit den militärischen Strukturen in Osteuropa und insbesondere mit den russischen Streitkräften.

Zwar wurde der T-72 von der russischen Militäradministration seit vielen Jahrzehnten weiterentwickelt und verbessert. So ist der Panzer mit einer mehr als zehn Zentimeter dicken Verbundpanzerung verkleidet, neuere Modelle besitzen eine Reaktivpanzerung, mit der sich gegnerische Projektile neutralisieren lassen. Dennoch, so Gressel, seien die russischen Soldaten ständig in der Gefahr, in ihrem Panzer umzukommen. "Teilweise verbrennen die Soldaten oder die gesamte Besatzung explodiert mit ihren Fahrzeugen."

Fatale Folgen für die Besatzung des T-72

Der Grund dafür liegt in der besonderen Konstruktion des T-72. Es handelt sich bei dem Modell um einen Panzer mit Selbstlademechanismus. Das spart Platz, denn statt der üblichen vier Mann Besatzung (wie etwa im amerikanischen M1 Abrams), braucht der russische T-72 nur eine Crew aus drei Soldaten – bestehend aus Fahrer, Richtschütze und Kommandant. Ein Ladeschütze, der die 125 mm-Glattrohrkanone mit Munition bestückt, ist damit nicht nötig.

Der Vorteil der kleineren Besatzung liegt auf der Hand: Das russische Modell ist deutlich kompakter und leichter gebaut als viele Kampfpanzer, die im Dienst westlicher Armeen stehen. Es ist schnell, wendig und verfügt über eine hohe Feuerkraft.

Seine Schwachstelle ist der Selbstlademechanismus. Zwar gilt das Hauptgeschütz als ausgesprochen zuverlässig. Doch wird die Hälfte der insgesamt 44 Schuss umfassenden Munition in einem Ladekarussell im Boden des Kampfraumes gelagert, in dem sich eben auch die Besatzung befindet. Es kommt vor, dass sich die Munition – sie besteht aus Geschoss und Kartusche mit einer Teilabbrandladung – beim Abfeuern entzündet und ein Feuer im Kampfraum des Panzers auslöst. Mit fatalen Folgen für die Besatzung.

Gressel: "Eine Vorführung russischer Militärtechnik"

Ukrainische Schützen sind mit dem T-72 bestens vertraut, sie wissen, wo die Munition im T-72 lagert und zielen darauf. Trifft ein Geschoss die entsprechende Stelle und durchschlägt die Panzerung, explodiert die gesamte Munition im Inneren des Fahrzeugs. Nicht selten wird dabei der gesamte Gefechtsturm des Panzers von der Wanne gerissen und in die Höhe geschleudert (auch bekannt als "Jack-in-the-Box-Effekt"). Spötter haben ihm daher den Spitznamen "Deathtrap" gegeben, Todesfalle. Wer drinnen sitzt, hat kaum eine Überlebenschance.

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Trotz dieser Schwachstelle ist der T-72 immer noch der am meisten verwendete Kampfpanzer der Welt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bat die westlichen Länder erst kürzlich wieder um die Lieferung schwerer Waffen, darunter auch T-72. Oder, wie Selenskyj betonte, auch gerne Panzer aus westlicher Produktion.

Wladimir Putins Militär erweckt in der Ukraine bislang jedenfalls nicht den Eindruck technologischer Überlegenheit. "Dieser Krieg ist keine Werbung für die russische Armee", sagt Gustav Gressel. "Da war Syrien ein viel besseres Versuchsfeld, weil der Gegner dort schwächer war und man leichter die Überlegenheit der eigenen Waffensysteme demonstrieren konnte. Der Ukraine-Krieg ist eine Vorführung der russischen Militärtechnik."

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Das gilt nicht nur für die Panzer. Die Bilder von im tiefen ukrainischen Boden festgefahrenen Truppentransportern und Versorgungsfahrzeugen mit zerbröselten Reifen gingen um die Welt. Nach wie vor fehlen Belege dafür, dass die von Präsident Putin hochgelobten Hyperschallwaffen wirklich funktionieren. So feiert die russische Propaganda zwar hartnäckig deren erfolgreichen Einsatz, wie effektiv sie wirklich sind, zeigen die bisher bekannten Satellitenbilder aber nicht.

Gehen Olaf Scholz bald die Argumente aus?

Und nun musste der Kreml auch noch den Untergang der "Moskwa" einräumen, dem Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte. "Insofern hat hier schon eine Entzauberung stattgefunden", sagt Militärexperte Gressel.

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Noch etwas stellt der Kenner der russischen Streitkräfte fest. Etwas, das in Deutschland Beachtung finden dürfte. So habe der Ukraine-Krieg eindrucksvoll gezeigt, dass die ukrainischen Verteidiger nicht nur sehr gut ausgebildet sind und strategisch klug vorgehen, sie könnten auch mit westlichen Waffensystemen umgehen.

Genau diese adaptiven Fähigkeiten werden derzeit von deutschen Politikern, auch von Bundeskanzler Olaf Scholz, immer wieder infrage gestellt, wenn es um die Frage nach der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine geht. "Alle Argumente, dass die ukrainische Armee nur alte Systeme bedienen könne und mit den neuen Systemen nicht umgehen könne, die ziehen jetzt nicht mehr", sagt Gressel.

Verwendete Quellen
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