Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew/Moskau (dpa) - Der Kreml hat dem Westen vorgeworfen, gegen Russland einen Krieg zu fΓΌhren. "Es sind Feindstaaten. Weil das, was sie tun, Krieg ist", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag bei einem Auftritt auf einer Bildungskonferenz bei Moskau.
PrΓ€sident Wladimir Putin hatte zuvor schon von mit Blick auf die westlichen Sanktionen von einem wirtschaftlichen "Blitzkrieg" gesprochen. Der eigene Angriffskrieg auf die Ukraine, der inzwischen fast drei Monate dauert, wird von der russischen FΓΌhrung nur "militΓ€rische Spezialoperation" genannt.
Peskow sagte, der Westen fΓΌhre einen diplomatischen, wirtschaftlichen und politischen Krieg gegen sein Land. "Faktisch erleben wir jetzt einen perfekten Sturm und den Moment der Wahrheit." Russland mΓΌsse zeigen, dass es in der Lage sei, seine Interessen zu schΓΌtzen. "Aber jeder Krieg endet mit einem Frieden. Und dieser Frieden wird so gestaltet sein, dass unsere Stimme zu hΓΆren ist, wo wir bequem und sicher sind und fest auf unseren Beinen stehen." Als "perfekter Sturm" wird im ΓΌbertragenen Sinne eine maximale Katastrophe bezeichnet, bei dem alle negativen Faktoren zusammenkommen.
Die GesprΓ€che zur Beendigung des Krieges zwischen Moskau und Kiew sollen nur bei konkreten VorschlΓ€gen wieder aufgenommen werden. Das sagte Kiews UnterhΓ€ndler Mychajlo Podoljak am Dienstag. Auch Russland bestΓ€tigte das vorlΓ€ufige Ende von GesprΓ€chen. Eine gesichtswahrende LΓΆsung fΓΌr Kremlchef Wladimir Putin lehne Kiew ab, sagte Podoljak. Zudem kΓΆnne man ΓΌber einen Waffenstillstand nur nach einem vollstΓ€ndigen RΓΌckzug russischer Truppen diskutieren. "Der Krieg endet nicht, wenn wir irgendetwas aufgeben", so Podoljak. Nur eine vollstΓ€ndige Befreiung aller besetzten Territorien sei akzeptabel.
Verhandlungen waren am Dienstag auch Thema bei einem Telefonat zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem ukrainischen PrΓ€sidenten Wolodymyr Selenskyj. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte, tauschten sich die Politiker ΓΌber die militΓ€rische und humanitΓ€re Lage in der Ukraine aus. Den Angaben zufolge waren sich Scholz und Selenskyj darΓΌber einig, "dass eine diplomatische Verhandlu
Fragezeichen um Austausch der Gefangenen von Azovstal
In den anhaltenden Kampf um die letzte Bastion der Ukrainer in Mariupol, das Stahlwerk an der KΓΌste des Asowschen Meeres, ist Bewegung gekommen. "In den vergangenen 24 Stunden haben 265 KΓ€mpfer, darunter 51 Schwerverletzte, ihre Waffen niedergelegt und sich in Gefangenschaft begeben", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Dienstag. In Kiew war von 264 Gefangenen und 53 Schwerverletzten die Rede.
Moskau verΓΆffentlichte ein Video, das die Gefangennahme der Ukrainer, medizinische Behandlung sowie den Abtransport der Verletzten zeigen soll. Kiew hofft auf einen Austausch gegen russische Kriegsgefangene, Russlands MilitΓ€r lieΓ einen solchen Schritt zunΓ€chst offen. Unklar ist auch, was mit den im Werk verbliebenen Soldaten passiert. "Wir arbeiten an weiteren Etappen der humanitΓ€ren Operation", schrieb die ukrainische Vize-Regierungschefin, Iryna Wereschtschuk, bei Telegram.
Weltstrafgericht schickt grΓΆΓtes Ermittlerteam in die Ukraine
Im Zuge der Ermittlungen zu mΓΆglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine hat der Internationale Strafgerichtshof ein Team von 42 Experten in das Land entsandt. Es sei das bisher grΓΆΓte Ermittler-Team, das das Weltstrafgericht jemals entsendet habe, teilte ChefanklΓ€ger Karim Khan am Dienstag mit. Die Experten sollen Zeugen befragen, Beweismaterial sichern und analysieren sowie nationale Ermittler unterstΓΌtzen. Das Gericht mit Sitz in Den Haag verfolgt EinzeltΓ€ter wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und VΓΆlkermord. Russland erkennt das Gericht nicht an. Die Ukraine hat ausdrΓΌcklich die ZustΓ€ndigkeit des Gerichts fΓΌr sein Grundgebiet anerkannt.
G7 beraten ΓΌber Milliardenhilfen fΓΌr Ukraine
Die fΓΌhrenden westlichen Industrienationen (G7) beraten ΓΌber milliardenschwere ZuschΓΌsse fΓΌr die Ukraine. Beim Treffen der G7-Finanzminister in dieser Woche auf dem Petersberg bei Bonn wollen sie Budgethilfen fΓΌr das Land auf den Weg bringen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld des Finanzministeriums erfuhr. Demnach hat die Ukraine fΓΌr drei Monate um Hilfen in einer GrΓΆΓenordnung von rund fΓΌnf Milliarden Euro pro Monat gebeten. Insgesamt geht es also zunΓ€chst um rund 15 Milliarden Euro. Die Ukraine braucht das Geld, um etwa Renten und Staatsbedienstete zu bezahlen. Unklar ist, ob die gesamte Summe als Zuschuss oder ein Teil als Darlehen gewΓ€hrt wird.
MilitΓ€rexperte ΓΌbt Kritik in Russlands Staatsfernsehen
Im russischen Staatsfernsehen hat ein MilitΓ€rexperte die Zuschauer einer Talkshow mit einer pessimistischen Bewertung des Ukraine-Kriegs ΓΌberrascht. Die ukrainischen StreitkrΓ€fte seien weit von einem Zerfall entfernt und Russland in der Welt durch den Krieg isoliert, sagte Michail Chodarjonok in einer am Montag ausgestrahlten Show, die am Dienstag in sozialen Netzwerken viel kommentiert wurde. In der Sendung widersprach der ehemalige Generalstabsoffizier etwa einer Reihe von Behauptungen der Staatspropaganda, die er als "Info-Beruhigungstabletten" kritisierte. Moskau mΓΌsse einen Ausweg aus der Lage finden, "dass die ganze Welt gegen uns ist". Seine Aussagen stieΓen auf groΓes Interesse, auch weil kritische Stimmen in Russland seit Kriegsbeginn weitgehend ausgeschaltet wurden.
Britischer Geheimdienst: "Wahlloser" Beschuss als Strategie
Die russischen StreitkrΓ€fte setzen nach britischen Erkenntnissen zunehmend auf "wahllosen Artilleriebeschuss". Russland habe nur begrenzte MΓΆglichkeiten zur Erfassung von Zielen und scheue zudem das Risiko, Kampfflugzeuge ΓΌber ukrainisch kontrolliertem Gebiet einzusetzen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.
Scholz sieht kein baldiges Kriegsende
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht keine Anzeichen fΓΌr ein baldiges Ende des Ukraine-Kriegs. "Bisher ist es leider nicht so zu erkennen, dass die Einsicht gewachsen ist, dass man das jetzt hier so schnell wie mΓΆglich beendet", sagte er in der Sendung "RTL Direkt". Man mΓΌsse sich auch "Sorgen machen, dass es eine Eskalation des Krieges gibt". Scholz betonte, dass Deutschland weiter Waffen in die Ukraine liefern werde. Er rechne mit einer "relativ zΓΌgigen" Bereitstellung der versprochenen Flugabwehrpanzer der Bundeswehr vom Typ Gepard. Er verwies aber darauf, dass dafΓΌr weiterhin Munition im Ausland gesucht werde.
Scholz telefonierte am Dienstag erneut mit dem ukrainischen PrΓ€sidenten Wolodymyr Selenskyj. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte, tauschten sich die Politiker ΓΌber die aktuelle militΓ€rische und humanitΓ€re Lage in der Ukraine aus. Den Angaben zufolge waren sich Scholz und Selenskyj darΓΌber einig, "dass eine diplomatische VerhandlungslΓΆsung zwischen der Ukraine und Russland" erforderlich ist. DafΓΌr mΓΌsse Russland seine Kampfhandlungen umgehend beenden und die russischen Truppen aus der Ukraine abziehen. AuΓerdem sollen sich der Bundeskanzler und der ukrainische PrΓ€sident ΓΌber MΓΆglichkeiten der weiteren UnterstΓΌtzung ausgetauscht haben und "verabredeten, weiterhin eng in Kontakt zu bleiben".