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Energie: Olaf Scholz plant Maßnahmen gegen sprunghaft gestiegene Strompreise


Gemeinsam mit der EU
Scholz will Anstieg der Strompreise bremsen

Von reuters, afp, dpa
Aktualisiert am 29.08.2022Lesedauer: 4 Min.
Olaf Scholz und Petr Fiala in Prag: Europa solle das Problem gestiegener Strompreise gemeinsam lösen.Vergrößern des BildesOlaf Scholz und Petr Fiala in Prag: Europa solle das Problem gestiegener Strompreise gemeinsam lösen. (Quelle: DAVID W CERNY/reuters-video)
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Kanzler Scholz strebt ein gemeinsames Vorgehen der EU an, um Strompreise zu senken. Zahlreiche Politiker sehen die Lösung vor allem in einer Maßnahme.

Bundeskanzler Olaf Scholz und der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala haben EU-Maßnahmen gegen die hohen Strompreise angekündigt. Es sei nicht nötig, dass Länder national vorgehen müssten, sagte der SPD-Politiker am Montag bei einem Besuch in Prag. Es sei offensichtlich, dass die Strompreise nicht mehr die Erzeugungskosten abbildeten. Deshalb müssten die Strukturen reformiert werden.

Fiala kündigte für den 9. September ein Sondertreffen der EU-Energieminister in Brüssel an. Er habe sich am Morgen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beraten. Eine denkbare Maßnahme sei, die Berechnung des Strompreises vom Gas abzukoppeln.

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Von der Leyen sagte dazu am Montag in der slowenischen Stadt Bled bei einer internationalen Konferenz, die Kommission arbeite an einer "Sofortmaßnahme und an einer strukturellen Reform des Strommarkts". Die explodierenden Strompreise zeigten jetzt die Grenzen des "derzeitigen Strommarktdesigns", das für "andere Umstände" entwickelt worden sei.

Regierung lehnt Preisdeckel ab

Scholz wollte sich nicht zu konkreten Maßnahmen äußern. Teilweise wird – wie schon bei Gas – ein Preisdeckel gefordert. Die Bundesregierung hat dies bisher aber abgelehnt, weil damit der Anreiz für Einsparungen wegfalle. Fiala sagte, dass der sprunghafte Anstieg der Strompreise nun auch EU-Länder umdenken lasse, die vorher skeptisch gewesen seien. Südliche EU-Länder wie Spanien oder Griechenland fordern bereits seit Monaten Markteingriffe. Bisher scheiterten sie damit aber unter anderem am Widerstand aus Deutschland.

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Zuständig für Änderungen auf dem Strommarkt ist innerhalb der Bundesregierung federführend das Wirtschaftsministerium. Auch Wirtschaftsminister Habeck zeigte sich gewillt, den den Strommarkt grundlegend zu reformieren. Im ZDF-"heute journal" sagte Habeck am Sonntagabend, dass angesichts der steigenden Preise auf dem Strommarkt "an einer Lösung" gearbeitet werde. Das zugrunde liegende Prinzip lasse sich allerdings "nicht einfach so mit Fingerschnips" ändern.

Anfang des Monats hatte sein Ministerium mitgeteilt, gut 14 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland gingen auf den Einsatz von Gas zurück. Dabei werde Gas aber nur eingesetzt, wenn es wirklich benötigt werde. Dafür sorge das sogenannte Merit-Order-Prinzip, wonach zuerst günstigere Anlagen zum Einsatz kommen müssten. Hier lesen Sie mehr dazu. Im Vergleich zu erneuerbaren Energien, Atomkraftwerken und Kohlemeilern weise Gas die höchsten Kosten aus.

Merit-Order-Prinzip solle bleiben

Am Montag sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin, das Merit-Order-Prinzip solle beibehalten werden. Es müssten aber die negativen Auswirkungen auf den Strommarkt angeschaut werden. "Das geht aber nur mittelfristig."

Man befinde sich am Anfang eines Prozesses, bei dem es umfangreiche Beratungen mit den EU-Partnern und der EU-Kommission geben müsse. "So schnell kann es nicht gehen", sagte auch sie. Änderungen schon im kommenden Winter seien nicht zu erwarten.

Lindner fordert Entkopplung von Strom- und Gaspreisen

Bundesfinanzminister Christian Lindner dringt dagegen auf mehr Tempo: Der Anstieg der Strompreise müsse sehr schnell gedämpft werden. Zusätzliche Belastungen müssten verhindert werden, so der FDP-Chef im ZDF. "Da können wir jetzt eingreifen, müssen wir auch anpacken." Strom- und Gaspreise müssten entkoppelt werden. "Ganz kurzfristig muss das gelingen."

Als Vorschläge zur Dämpfung der Strompreise verwies Lindner auf zusätzliche Kapazitäten etwa in der Kernenergie oder durch die Reaktivierung von Kohlekraftwerken. "Unsere Städte werden teilweise dunkler sein, weil wir Strom sparen müssen. In einer solchen Situation verzichten wir dann aber auf sichere und klimafreundliche Möglichkeiten der Stromproduktion wie die Kernenergie? Mich überzeugt das nicht", sagte er dem Fernsehsender "Welt".

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Mit Blick auf einen laufenden Stresstest der deutschen Stromversorgung sagte er, er sei sich ziemlich sicher, dass vieles für den Weiterbetrieb der AKW sprechen werde. Er würde immer versuchen, in dieser Situation alles an Reservekapazitäten zu sichern, was wir haben. Es brauche einen Mix aus Flüssig-Erdgas, Gasförderung in Europa, Kohle – und eben auch Atomkraft. "Mein Rat an uns: Nicht zu wählerisch sein, sondern alles tun, um eine Energiekrise in unserem Land abzuwenden."

Der Finanzminister zeigte sich zudem offen für zusätzliche Entlastungen der Bürger. Er achte auf die Entwicklung der Steuereinnahmen und schaue sich sehr genau an, wie das Ausgabenverhalten des Staates sei. "Und daraus ergibt sich dann in diesem Jahr möglicherweise ein Spielraum auch für zusätzliche Maßnahmen schon beim Kalenderjahr 2022", so Lindner im ZDF. Die Ampelkoalition berät derzeit über die Details des dritten Entlastungspaketes für Verbraucher.

Dreyer: Staat müsse eingreifen

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer fordert die Regierung auf, die Möglichkeit einer staatlichen Regulierung der Strompreise zu prüfen. "Die hohen Strompreise sind nicht gerechtfertigt, sie sind das Ergebnis eines fehlgeleiteten Strommarktes. Hier muss der Staat eingreifen", sagte die SPD-Politikerin am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.

Die Regeln an der Strombörse müssten dringend angepasst werden. "Weil das nur europaweit geht, sollte die Bundesregierung auch prüfen, ob kurzfristig der Stromhandel ausgesetzt werden kann und eine staatliche Preisregulierung möglich ist."

Energiekosten werden "existenzielle Belastung"

Nach den Gaspreisen dürften nicht auch noch die Strompreise durch die Decke gehen. "Für viele Menschen werden die Energiekosten zu einer existenziellen Belastung." Dabei gebe es keine Strom-, sondern eine Gaskrise. "Wir müssen unterbinden, dass Bürger und Bürgerinnen und Teile der Wirtschaft demnächst ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können, während einige Energieversorger beim Stromhandel jetzt gewaltige Gewinne machen", verlangte Dreyer.

Auch sie ist davon überzeugt: Langfristig müssten Strom- und Gaspreis entkoppelt werden. "Dazu müssen wir die Strompreisregulierung umstellen: Aktuell gibt das teuerste Kraftwerk den Strompreis vor." Dies seien vor allem die Gaskraftwerke. Dabei stellten diese gerade mal einen Anteil von 14 Prozent bei der Stromerzeugung. Der Strom aus erneuerbaren Energien hingegen mache in Deutschland knapp 50 Prozent aus. "Dieser Strom ist klimaschonend und die Produktionskosten sind gering", betonte Dreyer.

"Dieses Missverhältnis müssen wir ändern"

"Da Strom- und Gaspreis aber nicht entkoppelt sind, steigen für Verbraucher und Verbraucherinnen die Preise und für Energieanbieter, die Strom aus erneuerbaren Energien verkaufen, die Gewinne." Die Verbraucher profitierten nicht von den geringen Produktionskosten, sondern nur die Energieversorger. "Dieses Missverhältnis müssen wir ändern. Zur Not mit einer staatlichen Strompreisregulierung."

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer sprach sich ebenfalls für eine Abkopplung der Strom- von den Gaspreisen in der EU aus. Der Strompreis müsse sich "wieder an die tatsächlichen Kosten der Erzeugung annähern", sagte er am Sonntag.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, AFP und dpa
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