Er ist in der EU angekommen Warum Lawrow auf Malta nicht verhaftet wird
Russlands Außenminister Lawrow ist auf Malta eingetroffen. Verhaftet wurde er nicht. t-online erklärt, warum das so ist.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist auf der Mittelmeerinsel Malta gelandet. Er nimmt an einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teil, das vom 5. bis zum 6. Dezember im kleinen Mittelmeerstaat, der außerdem EU-Mitglied ist, stattfindet.
Es ist das erste Mal seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine, dass der Spitzendiplomat in ein EU-Land reist. Die Europäische Union hat gegen Lawrow genauso wie gegen Kremlchef Wladimir Putin im Februar 2022 Sanktionen wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt.
Zuletzt war Lawrow im Dezember 2021 in einem EU-Land, auch damals zu einem OSZE-Außenministertreffen. Als im Dezember 2022 die OSZE im polnischen Lodz tagte, verweigerte Warschau Lawrow die Einreise, obwohl die EU-Sanktionen kein Einreiseverbot bedeuten. Im Gegensatz zu mehreren anderen europäischen Institutionen wie dem Europarat ist Russland aus der OSZE nicht ausgetreten. Moskau sieht die Organisation als Plattform, um dort eigene Positionen zum Krieg verbreiten zu können.
Lawrow reist in seiner Funktion als Außenminister
Die Reise des russischen Außenministers ist ein Schritt, den sich Kremlchef Wladimir Putin womöglich nicht so einfach erlauben würde. Denn gegen ihn liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag vor. Wenn er ins Ausland reist, müsste er in vielen Ländern theoretisch mit einer Festnahme rechnen.
Lawrow droht das indes nicht. Er hat in diesem Punkt das Völkerrecht auf seiner Seite. Das sieht vor, dass hochrangige Funktionsträger eines Staates für Handlungen, die sie in ihrer amtlichen Funktion ausüben, vor der Strafverfolgung durch Drittstaaten geschützt sind. Sie besitzen eine sogenannte funktionelle Immunität. Lesen Sie hier mehr darüber.
Eigentlich sind auch Staatsoberhäupter durch die Regelung geschützt. Aber die Immunität hat auch Grenzen. Sie endet dann, wenn es einen internationalen Strafbefehl gibt – so wie gegen Putin. Würde gegen Lawrow ein solcher verhängt, müsste er sich bei Reisen ins Ausland voraussichtlich mehr Sorgen machen. Das aber ist bislang nicht der Fall.
Die Hürden für einen internationalen Strafbefehl sind ohnehin hoch. Wird er etwa für Kriegsverbrechen erteilt, muss dem hochrangigen Funktionsträger nachgewiesen werden, dass er diese auch befohlen hat. So hat der Internationale Strafgerichtshof erst im März 2023, ein Jahr nach Beginn des russischen Überfalls, Haftbefehl gegen Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Der Grund: mutmaßliche Kriegsverbrechen in der Ukraine.
Mongolei hat für Putin eine Ausnahme gemacht
Allerdings zeigte Putins Besuch in der Mongolei vor rund zwei Monaten: Im Zweifelsfall kann es sein, dass Länder auch Menschen, die vom Strafgerichtshof in Den Haag gesucht werden, nicht festnehmen. Selbst dann, wenn sie das eigentlich müssten. In der Mongolei ist Putin ungeachtet des Haftbefehls offen empfangen worden. Lesen Sie hier mehr darüber.
Damals hatte Kiew die mongolischen Behörden aufgefordert, den Haftbefehl gegen Putin zu vollstrecken. Das Gericht in Den Haag erinnerte daran, dass seine Mitglieder die "Verpflichtung" hätten, gesuchte Verdächtige festzunehmen. Wenn sich Länder nicht daran halten, kann der IStGH allerdings kaum etwas unternehmen.
Putins Reise in die Mongolei war sein erster Besuch in einem IStGH-Mitgliedstaat seit der Ausstellung des Haftbefehls. Der Kreml hatte im Vorfeld der Reise mitgeteilt, dass Putin sich "keine Sorgen" wegen einer möglichen Festnahme in der Mongolei mache.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa