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Pressestimmen zum UN-Klimagipfel: "Auf welchem Planeten leben die Teilnehmer eigentlich?"


Pressestimmen zum UN-Klimagipfel
"Das ist ein Zeugnis des Scheiterns"

Von dpa, aj

Aktualisiert am 16.12.2019Lesedauer: 5 Min.
Antonio Guterres: Der UN-Generalsekretär spricht beim Klimagipfel in Madrid – die Erwartungen waren hoch.Vergrößern des BildesAntonio Guterres: Der UN-Generalsekretär spricht beim Klimagipfel in Madrid – die Erwartungen waren hoch. (Quelle: Sergio Perez/reuters)
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40 Stunden Verlängerung – und als Ergebnis ein Minimal-Kompromiss. Der UN-Klimagipfel sollte die Welt retten, hat aber viele Menschen enttäuscht. Auch die deutsche Presse ist kritisch. Ein Überblick.

Der Klimagipfel der UN in Madrid ist nach zwei Wochen zäher Verhandlungen zu Ende gegangen. Die Staaten konnten sich dabei aber nur auf wenige verbindliche Maßnahmen einigen. Eine Auswahl von Pressestimmen zu den Ergebnissen der Konferenz:

Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" schreibt zum Klimagipfel: "Es zeigt sich das Versagen des Multilateralismus, das wir schon aus dem Umgang mit dem Syrien-Krieg und der Migrationskrise kennen, nun auch beim Klimaschutz in voller Blüte. Das ist besonders tragisch, weil die Konferenz auch die marktwirtschaftlichen Systeme reformieren sollte, die den CO2-Ausstoß nicht durch Verbote senken, sondern durch Anreize im Rahmen eines globalen Handels steuern wollten. Vor ein paar Jahren hätte dieser Ansatz noch bessere Chancen gehabt. So ist auch das eine Lehre aus Madrid: Zu langes Zögern macht alles nur noch schwieriger."

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kommentiert: "Aber von einem generellen Scheitern des Systems internationaler Verträge und auch Konferenzen könnte man nur sprechen, wenn es ein besseres gäbe. Jeder Staat für sich? Die Bürger nach Gutdünken direkt befragen? Es ist zweifelhaft, ob sich so der Klimawandel wirksamer bekämpfen lässt. So sind es vor allem die wichtigen, aber nicht demokratisch legitimierten Nichtregierungsorganisationen, die sich über das Ergebnis der Klimakonferenz empören.

Es bleibt dabei, dass die Staaten und Regierungen, ihren Bürgern verantwortlich, um Lösungen ringen müssen. So schmerzlich das bei eher schleichenden globalen Veränderungen sein mag: Wenn es nötig ist, wird gehandelt werden – womöglich sogar, so es dafür eine Mehrheit insbesondere im UN-Sicherheitsrat gibt, mit Zwang gegen sich verweigernde Länder."

In der "Süddeutschen Zeitung" ist zu lesen: "Die Klimapolitik entwickelt sich quälend langsam und frustrierend – ein buchstäbliches Spiel mit dem Feuer. Umso frustrierender ist das, weil die ultimativen Tagungsparolen von Madrid einen Aktionismus suggerieren, den keine der 25 Klimakonferenzen je entfachen konnte. Abgründe tun sich auf zwischen dem, was getan wird – und dem, was geschehen müsste.

Und doch bleibt das Abkommen von Paris der einzige und wichtigste Ankerpunkt für den globalen Klimaschutz. Seine Ziele geben Orientierung für Staaten und Gesellschaften, sie legitimieren alle, die für die Einhaltung dieser Ziele eintreten – auch auf der Straße. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen."

Die "Landeszeitung" aus Lüneburg schreibt: "Der Weltklimagipfel von Madrid endet mit einem Desaster. Das dünne Abschlussdokument ist keine Einigung auf einen Minimalkompromiss, sondern Zeugnis des Scheiterns. UN-Generalsekretär António Guterres irrt, wenn er betont, dass die internationale Gemeinschaft eine wichtige Gelegenheit verstreichen lassen habe. Denn es gibt keine Gemeinschaft, sondern gefährlichen Unilateralismus. Rechtspopulisten und Anhänger der Kohleverfeuerung haben alles blockiert, was notwendig gewesen wäre, um die ehrgeizigen Ziele des Pariser Gipfels von 2015 zumindest ein kleines Stück weit voranzubringen."

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Der "Südkurier" aus Konstanz kommentiert: "Auf welchem Planeten leben die Teilnehmer der Klimakonferenz eigentlich? Nicht dort offenbar, wo seit einem guten Jahr Millionen von jungen Leuten für das Klima auf die Straße gehen. All das Demonstrieren, all die Appelle und Debatten wurden von der Konferenz in Madrid letztlich ignoriert. Wichtige Beschlüsse, wie der Handel von CO2-Verschmutzungsrechten, wurden vertagt, andere umschifft, wie die Gründung eines Fonds für die Folgen des Klimawandels.

So, das zeigt dieser Gipfel wieder einmal, wird das nichts mit dem Klimaschutz. Der multilaterale Ansatz bringt uns nicht weiter: Obwohl die Welt ein gemeinsames Interesse daran haben müsste, kommt sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Es ist Zeit, die kostspieligen, langwierigen und letztlich sinnlosen Gipfel endlich bleiben zu lassen."

In der "Volksstimme" aus Magdeburg heißt es: "Besonders enttäuschend ist es, dass es nach diesem Klimagipfel keine Fortschritte beim Ausbau des weltweiten Emissionshandels geben wird. Könnten sich die Staaten hier auf den Preis von CO2 einigen und gäbe es – wie in Europa – zentrale Stellen, die Zertifikate vergeben, würde Klimaschutz endlich überall in der Welt ein echter wirtschaftlicher Faktor. Die Chance ist erst einmal vertan.

Das hat auch Folgen für Europa, wo steigende Preise für Emissionen einen globalen Wettbewerbsnachteil ergeben könnten. Die Voraussetzungen für stärker steigende Preise für Klimagas werden schlechter. Eine Einigung über die Hilfen für Weltregionen, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, ist demgegenüber weit komplizierter. Wie sollen Länder bedacht werden, die schon den Großteil ihrer Entwicklungshilfe unter ihren Eliten verteilen? Länder, die damit überfordert sind, Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Das sind Probleme, die in vielen Jahrzehnten nicht gelöst werden konnten."

Bei t-online.de werden die Ergebnisse so kommentiert: "Die Welt bewegt sich in Sachen Klimaschutz nicht voran – sie steckt fest. Besonders kleine Staaten und arme Länder sind gefangen in einer Todeszelle, deren Wände Verantwortungslosigkeit, Egoismus, Profitgier und vor allem mangelnde Weitsicht heißen. Doch unser Lebensstil droht uns alle in Haft zu nehmen. Und zwar bald."

Die "Nordsee-Zeitung" aus Bremerhaven fragt: "Was also tun? Mutig vorangehen wäre eine Möglichkeit. Hier bietet sich für Europa und vor allem für Deutschland eine riesige Chance. Denn wer heute selber die Technologie einsetzt, die klimafreundliches Wirtschaften ermöglicht, hat die besten Verkaufsargumente, wenn die anderen, die heute noch zögern, endlich handeln müssen, weil ihnen das Land verdorrt oder die Regenmassen die Ernten wegschwemmen. EU-Kommissionschefin von der Leyen hat jetzt einen ambitionierten Plan der EU auf den Tisch gelegt. Mit Blick auf Deutschland heißt das: Verharmloser und Zögerer wie Verkehrsminister Scheuer oder Wirtschaftsminister Altmaier kommen endlich in die Hufe für ein echtes Klimapaket, oder sie müssen gehen. Da gibt es kein Aufschieben, Frau Merkel."

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" schreibt: "Der UN-Klimagipfel ist auch gescheitert, weil Populisten in einigen Ländern das Ruder übernommen haben und längst nicht mehr den Klimawandel bekämpfen, sondern den Klimaschutz – so wie die USA und Brasilien in Madrid. So erwies sich dort der Stillstand als Kompromiss zwischen deren gezielter Rückkehr zur Umweltzerstörung und einem aktivem Klimaschutz."

Die "Mittelbayerische Zeitung" kommentiert: "Was lange währt, wird nicht immer gut. Trotz der Marathonüberziehung von mehr als 36 Stunden, trotz eindringlicher Appelle der Wissenschaft und trotz massiver Proteste von Klimaaktivisten ist bei der Madrider Klimakonferenz nur ein dürftiger, ein sehr enttäuschender Minimalkompromiss heraus gekommen. Doch der hilft beim Kampf zur dringend notwendigen Begrenzung der Erderwärmung aber kaum weiter. In Madrid hat der gesamte Globus verloren. Und es steht zu befürchten, dass der Schwung, der mit dem Pariser Vertrag von 2015 in die Klimarettung kam, weiter abnimmt."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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