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Russland vs. Ukraine: Darum ist die Eskalation vor der Krim so gefährlich


Russland vs. Ukraine
Darum ist die Eskalation vor der Krim so gefährlich


Aktualisiert am 26.11.2018Lesedauer: 3 Min.
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In Rambo-Manier: Ein Schiff der russischen Küsten wache (im Vordergrund) rammt ein ukrainisches Marineboot.Vergrößern des Bildes
In Rambo-Manier: Ein Schiff der russischen Küstenwache (im Vordergrund) rammt ein ukrainisches Marineboot. (Quelle: Russia's Federal Security Service/ap)

Im Asowschen Meer vor der Küste der Krim attackiert die russische Küstenwache ukrainische Marineboote. Was war der Auslöser der Eskalation und wie reagieren die beteiligten Länder?

Wie begann die Eskalation?

Russland hat am Sonntag vor der Küste der Halbinsel Krim mehreren ukrainischen Schiffen die Zufahrt zum Asowschen Meer verwehrt und eines davon gerammt. Auch Schüsse fielen. Drei ukrainische Marineboote wurden von der russischen Küstenwache aufgebracht und gekapert. Auf ukrainischer Seite seien dabei sechs Menschen verwundet worden, berichteten ukrainische Medien. Moskau verhängte daraufhin wegen Sicherheitsbedenken die Sperrung der Wasserstraße.

Warum ist dieses Gebiet so heikel?

Der Vorfall ereignete sich in der Straße von Kertsch, einer Meerenge, die das Schwarze Meer mit dem Asowschen Meer verbindet. Die Wasserstraße bildet den einzigen meerseitigen Zugang zu den Häfen im Südosten der Ukraine. Sie misst an der schmalsten Stelle etwa drei Kilometer. In einem 2003 unterzeichneten Vertrag erklärten Russland und die Ukraine das Asowsche Meer zu einem gemeinsam genutzten Gewässer. Handels- und Kriegsschiffe beider Länder dürften das Meer wie auch die Straße von Kertsch frei benutzen.

Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim im Jahr 2014 ließ Russland im Eiltempo eine 19 Kilometer lange Brücke zwischen seinem Festland und der Krim errichten. Kiew und die EU werfen Russland vor, mit dem Bau die Kontrolle über die Krim zu festigen. Brüssel verhängte im Juli als Reaktion Sanktionen gegen sechs am Bau beteiligte Unternehmen.

War dies der erste Vorfall im Asowschen Meer?

Seit der Eröffnung der Brücke im Mai haben die Spannungen in dem Gewässer stark zugenommen. Russland wie auch die Ukraine haben ihre militärische Präsenz verstärkt, Kampfboote und Kriegsschiffe in das Gewässer verlegt. Mehrfach brachten beide Seiten Fischerboote auf und setzten ihre Besatzungen fest, meist wegen angeblicher Verstöße gegen Landesgesetze.

Die Brücke bildet heute nicht nur eine Straßen- und Bahnverbindung. Sie stellt zugleich eine physische Barriere dar, die den Schiffsverkehr begrenzt und kanalisiert. Große Frachtschiffe über 33 Meter Höhe kommen gar nicht mehr durch. Die Durchfahrt regeln russische Lotsen. Zugleich lässt sich die nur 120 Meter breite Fahrrinne der Wasserstraße mit einem großen Frachtschiff an der Brücke blockieren, wie es Russland am Sonntag getan hat.

In den vergangenen Monaten hinderte die russische Marine Hunderte Frachtschiffe an der Weiterfahrt und ließ manche erst nach Tagen passieren. Für die Reeder ist dies mit finanziellen Einbußen verbunden, zugleich erschwert es die Belieferung der wichtigen Schwerindustrie in der Region und schwächt die auf ihre Seehäfen angewiesene Ukraine. Seit dem Bau der Brücke soll der Handel in Hafenstädten wie Berdjansk und Mariupol um rund ein Viertel eingebrochen sein. Beobachter sehen in dem russischen Vorgehen deshalb auch den Versuch, die Ukraine politisch wie wirtschaftlich weiter unter Druck zu setzen.

Wie reagiert die Ukraine und wie verteidigt sich Russland?

Am Sonntag trat der nationale Sicherheitsrat der Ukraine zu einer Krisensitzung zusammen. Präsident Petro Poroschenko warf Russland einen "Akt militärischer Aggression" vor und erklärte die Verhängung des Kriegsrechts. Das Parlament bestätigte die Anordnung am Abend. Sie gilt für 30 Tage in den Grenzgebieten zu Russland und Moldau. Bereits am Montagmorgen versetzte Kiew seine Streitkräfte in volle Kampfbereitschaft.

Moskau begründete die Konfrontation mit einer angeblichen Verletzung seiner Grenzen. Die ukrainischen Marineschiffe hätten in russischen Hoheitsgewässern illegale Aktivitäten betrieben, erklärte die Sicherheitsbehörde FSB. Der russische Außenminister Sergei Lawrow warf Poroschenko vor, mit der Verhängung des Kriegsrechts die Präsidentenwahl im Frühjahr verschieben zu wollen. Für Montag hat Russland eine Sondersitzung des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen in New York beantragt.

Was bedeutet die Verhängung des Kriegsrechts?

Präsident Poroschenko versetzte noch in der Nacht die Reservisten der Armee in Bereitschaft. Er betonte, dies sei keine Mobilmachung, die Verbände sollten sich in Bereitschaft halten. Zugleich erklärte er, eine Verhängung des Kriegsrechts bedeute nicht, dass die Ukraine offensive Operationen unternehmen wolle. Auch an den Frontlinien in der Ostukraine werde sich dadurch nichts ändern.


Dennoch droht die Eskalation im Asowschen Meer die Konfrontation im Osten der Ukraine weiter anzuheizen. Dort tragen von Moskau unterstützte Separatisten und ukrainische Verbände seit über vier Jahren einen blutigen Konflikt aus, dem bereits mehr als 10.000 Menschen zum Opfer fielen. Die Denkfabrik European Council on Foreign Relations warnte im Oktober, die Verlegung russischer Kriegsschiffe ins Asowsche Meer bedrohe ukrainische Stellungen auch an Land. Es bestehe die Gefahr einer zweiten Frontlinie, die die Position der ukrainischen Verbände an den Grenzen zum Donezker Becken schwächen könnte.

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