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Notlandung in Belarus: Lukaschenko-Lüge entlarvt? Peinlicher Fehler bei E-Mail


Erzwungene Notlandung in Belarus
Lüge entlarvt? E-Mail bringt Lukaschenko in Bedrängnis

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 28.05.2021Lesedauer: 3 Min.
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Alexander Lukaschenko: Nach der erzwungenen Notlandung des Ryanair-Flugzeugs gerät der Diktator immer mehr unter Druck.Vergrößern des Bildes
Alexander Lukaschenko: Nach der erzwungenen Notlandung des Ryanair-Flugzeugs gerät der Diktator immer mehr unter Druck. (Quelle: imago-images-bilder)

Eine angebliche Bombendrohung der Hamas war laut des belarussischen Regimes Grund für die Notlandung des Ryanair-Flugzeugs. Doch Lukaschenkos Geschichte bröckelt, die angebliche Drohmail enthält einen peinlichen Fehler.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko gerät nach der erzwungen Notlandung der Ryanair-Maschine und der anschließenden Verhaftung des Regimekritikers Roman Protassewitsch immer weiter in Bedrängnis. Das Regime will das Flugzeug aufgrund einer Drohmail der radikalislamischen Hamas umgeleitet haben. Doch ein internes Dokument weckt nun große Zweifel an dieser Geschichte.


Das Passagierflugzeug war am Sonntag von Athen (Griechenland) nach Vilnius (Litauen) unterwegs, um 12.30 Uhr erreichte es den belarussischen Luftraum, um 12.47 Uhr drehte es nach dem Funkverkehr mit der dortigen Flugkontrolle nach Minsk ab. Das geht aus einem Funkprotokoll zwischen den Piloten und Fluglotsen hervor, das vom Verkehrsministerium in Belarus veröffentlicht wurde.

"Nachdem die Kommunikation zwischen dem Fluglotsen und der Besatzung des Flugzeugs hergestellt war, wurde die Besatzung sofort über die eingehende Bedrohung informiert", erklärt das Verkehrsministerium.

Flugkontrolle warnte vor dem Erhalt der Drohung

Die angebliche Drohmail der Hamas soll nun aufgetaucht sein, sie wurde dem Londoner "Dossier Center" zugespielt. Dabei enthält sie einen für den belarussischen Diktator peinlichen Fehler: Die E-Mail ging laut Zeitstempel erst um 12.57 Uhr beim Flughafen in Minsk ein, knapp 27 Minuten nachdem die dortige Luftkontrolle die Piloten erstmals auf eine Bombe hingewiesen hatte.

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"Allahu Akbar" steht in der Betreffzeile der E-Mail, die Adresse des Absenders laut "ahmed_yurlanov1988@protonmail.com". "Wir, die Soldaten der Hamas, fordern Israel auf, das Feuer im Gazastreifen einzustellen. Wir fordern, dass die Europäische Union ihre Unterstützung für Israel in diesem Krieg aufgibt", heißt es in dem Schreiben. "Wir wissen, dass die Teilnehmer des 'Delphi Economic Forum' am 23. Mai mit dem Flug 'FR4978' nach Hause zurückkehren. In diesem Flugzeug wurde eine Bombe platziert. Wenn Sie unseren Forderungen nicht nachkommen, wird sie über Vilnius explodieren."

Lukaschenko hatte erklärt, dass er die Terrorwarnung aus der Schweiz bekommen habe. Damit ist offenbar der E-Mail-Anbieter Protonmail gemeint, dessen Sitz in Genf ist. Laut Informationen des "Spiegel" hat auch der Flughafen Vilnius um 12.25 Uhr die gleiche Mail erhalten, an den Flughafen Athen sei sie allerdings nicht geschickt worden.

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Hamas: "Haben gar nichts damit zu tun"

Auch andere Punkte an Lukaschenkos Version erscheinen unglaubwürdig. Es gab zum Zeitpunkt des Fluges bereits eine Waffenruhe und keine Angriffe im Gaza-Krieg mehr. Außerdem bleiben weitere Fragen offen: Warum sollte die Hamas einen Flug von Griechenland nach Litauen angreifen? Warum sollte sie an Belarus schreiben?

Selbst die radikalislamische Hamas aus dem Gazastreifen schien überrascht und hat eine Beteiligung am Dienstag bestritten. Die Hamas habe keine Erkenntnisse darüber, teilte Sprecher Fawzi Barhoum mit. Man habe "gar nichts damit zu tun".

Lukaschenko beharrt dagegen auf seiner Version der Geschichte. "Ich habe rechtmäßig gehandelt, um die Menschen zu schützen, in Übereinstimmung mit allen internationalen Vorschriften", sagte er am Mittwoch vor dem belarussischen Parlament. Der autoritär regierende Staatschef verwahrte sich gegen Kritik an seiner Regierung. Belarus werde von "unseren Feinden im In- und Ausland" attackiert, sagte Lukaschenko. "Sie haben viele rote Linien sowie die Grenzen des gesunden Menschenverstands und der menschlichen Moral überschritten."

Internationale Empörung

Der Vorfall rief internationale Empörung hervor. Westliche Länder werteten die Erklärungen der belarussischen Behörden als Vorwand für die Festnahme Protassewitschs. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach beim EU-Gipfel am Montag von einem "beispiellosen Vorgehen" und nannte die belarussischen Angaben zu dem Vorfall "vollkommen unglaubwürdig". Die neuen Enthüllungen über die angebliche Hamas-Drohmail scheinen diese These zu festigen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten die Sperrung des Luftraums für Flugzeuge aus Belarus sowie ein Landeverbot auf EU-Flughäfen. Mehrere europäische Fluggesellschaften änderten inzwischen ihre Flugrouten und kündigten an, den belarussischen Luftraum vorerst zu meiden.

Protassewitsch ist der ehemalige Chefredakteur des Telegram-Nachrichtenkanals Nexta. Dort wurden nach der von Betrugsvorwürfen begleiteten belarussischen Präsidentschaftswahl im vergangenen August Hunderttausende Demonstranten mobilisiert. Protassewitsch wird vorgeworfen, Massenproteste ausgelöst zu haben, worauf in Belarus bis zu 15 Jahre Haft stehen.

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