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G20-Gipfel in Buenos Aires: Lasst gut sein, macht eine Pause


G20-Gipfel in Argentinien
Lasst gut sein, macht eine Pause

  • Gerhad Spörl
MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

03.12.2018Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Donald Trump in Buenos Aires: Der US-Präsident mag keine Großveranstaltungen.Vergrößern des Bildes
Donald Trump in Buenos Aires: Der US-Präsident mag keine Großveranstaltungen. (Quelle: Pablo Martinez Monsivais/ap-bilder)

Die einen reden nicht mit den anderen, und weder China noch Amerika sind an internationalen Großveranstaltungen wie in Buenos Aires interessiert, sie ziehen bilaterale Gespräche vor. Was soll das Ganze dann noch?

Der Zufall wollte es so, dass George Herbert Walker Bush starb, als Donald Trump schlecht gelaunt auf dem G20-Gipfel herumstolzierte. Der Verblichene war zu seiner Zeit kein großer, aber ein großzügiger Präsident. Ohne ihn hätten die Deutschen ihre Wiedervereinigung weder so schnell noch so umsichtig gewonnen.

Er warf sich nicht in Siegerpose, er maßregelte weder François Mitterrand noch Margaret Thatcher für ihr Hadern mit der Geschichte, er genoss auch nicht lauthals den Triumph, dass der kapitalistische Westen den kommunistischen Osten besiegt hatte. Er rief nicht das ewige Zeitalter der liberalen Demokratie aus und auch nicht das Ende der Geschichte.

Bush tat, was notwendig war. In seine Präsidentschaft fiel eine Weltneuordnung, die Amerika mit seinem politischen und wirtschaftlichen Gewicht besiegelte. Mehr war nicht zu sagen, Größeres musste man nicht denken. Die Geschichte geht niemals nur geradeaus, sie vollzieht sich nicht linear und der Frieden ist nie ungefährdet. Skepsis grundiert die Erfahrung der Generation, der George H. W. Bush angehörte.

Der alte Geist ist tot

In diesem Geist könnten die 20 Staaten aus vielen Winkeln der Erde, die sich seit zehn Jahren regelmäßig treffen, eine Weltregierung bilden. Ins Leben gerufen wurden die Gipfeltreffen im Gefolge der Weltfinanzkrise im Jahr 2008. Das war damals sinnvoll und wäre es heute auch noch, wenn der alte Geist nicht inzwischen tot wäre. Das Wunder des Treffens in Buenos Aires bestand darin, dass ein Minimum an Kommuniqué zustande kam.

Wir sind bescheiden geworden in unseren Ansprüchen an internationale Veranstaltungen. Es bleibt den Europäern überlassen, die Vorzüge des Multilateralismus zu beschwören. Mir gefiel, wie Emmanuel Macron auf Mohammed bin Salman einredete. Ich finde es auch gut, dass Angela Merkel als Vermittlerin auftrat und in dieser Rolle verspätet hochwillkommen war. Kanada ist eine sichere Größe, wenn es um Fairness und Gerechtigkeit und Menschenrechte geht. Aber sonst?

Sicherlich sollten wir anerkennen, dass Amerika und China ihren Handelskrieg erst einmal nicht verschärfen. Verschoben ist aber nicht aufgehoben. Strafzölle sind ja nur ein Symptom für den kalten Krieg zwischen der Weltmacht von heute und der von morgen, der sich in politischer und militärischer Konkurrenz austobt. Durch Gespräche im großen Kreis lässt sich daran leider nichts ändern.

Wo bleiben die einst aufstrebenden Staaten?

Auffällig bleibt, wie wenig Indien im Großmachtkonflikt mithält. Es ist noch nicht allzu lange her, da sahen Experten im Wettbewerb zwischen der Kasten-Demokratie und der Einparteiendiktatur das Signum des 21. Jahrhunderts. Kam nicht so, wird unter Narendra Modi auch nicht mehr so kommen, vielleicht später, man soll ja nie nie sagen.

Auf Brasilien richteten sich vor wenigen Jahren viele Hoffnungen. Ein Schwellenland auf sicherer Umlaufbahn, so sah es aus. Tja, so schnell kann es von oben nach unten gehen. Lula da Silva, an der Macht von 2003 bis 2011, noch immer der Messias der Armen, sitzt im Gefängnis, verurteilt zu zwölf Jahren als Inbegriff der Korrumpierbarkeit eines linken Politikers. Präsident ist nun Jair Bolsonaro, ein Mann, der die Militärdiktatur verherrlicht und voller Ressentiments steckt.

Oder Argentinien: die Beute des Ehepaares Kirchner, Inflation bei 46 Prozent. Präsident Mauricio Macri versucht, die Staatsschulden zu reduzieren, was notwendig ist, aber auch die Sehnsucht nach der alten Verschwendungssucht verstärkt.

So ist der G20-Gipfel sinnfrei

In dieser Welt bewegt sich das Amerika, das Donald Trump prägt. Lateinamerika gehört eigentlich zu seiner traditionellen Interessensphäre. Interessiert ihn aber nicht, Remedur bleibt dem Internationalen Währungsfonds vorbehalten.

Wir wissen ja hinlänglich, wie unwohl sich Donald Trump in größerer Gesellschaft fühlt. Noch auf dem Gipfel fiel ihm wieder ein, dass er das Freihandelsabkommen mit Mexiko und Kanada neu fassen will. Was bleibt ihm noch als stornierbares Ärgernis? Na, zum Beispiel die Nato oder die UN.

Unter den herrschenden Umständen sind Treffen der 20 Staaten sinnfreie Übungen. Amerika will nicht mehr die Ordnungsmacht sein, die sie einmal war. China erfreut sich an dem Vakuum und weitet seinen ökonomischen Imperialismus bis nach Montenegro aus. Russland ist der Scheinriese in Syrien und der Riese rund um die Krim.

Einigungen auf Nebenkriegsschauplätzen

Die einen reden nicht mit den anderen. Die Großen ziehen bilaterale Verhandlungen vor. Länder von geringerer Bedeutung sind bloße Zuhörer und Zuschauer. Was sich wirklich in der Welt ereignet, von Syrien angefangen bis zur chinesischen "Seidenstraße", bleibt unerwähnt. Einigung erzielen die Zwanzig nur auf Nebenkriegsschauplätzen.

Wo zwanzig Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, muss sich einer von ihnen oder ein Bündnis für das Ganze verantwortlich fühlen. Wenn jeder nur an sich denkt und auf seinen Vorteil bedacht ist, kann kein Gipfeltreffen zum Erfolg werden. Dann sollte man es besser sein lassen.


Die Zwanzig könnten eine Pause einlegen. Der Geist kann sich auch wieder ändern. Es muss nicht linear nach unten gehen. Interessen ändern sich, die Welt sowieso und Amerika auch. So lehrt uns das Vermächtnis des verstorbenen George H. W. Bush. Dann sind Treffen wie in Argentinien wieder sinnvoll und produktiv.

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