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Donald Trump steht Wasser bis zum Hals vor Weihnachten


Ein Präsident in der Patsche

dpa, Michael Donhauser

Aktualisiert am 18.12.2018Lesedauer: 5 Min.
Sein Ex-Anwalt Cohen wurde zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die Einschlage kommen näher: US-Präsident Trump gerät in der Russland-Affäre zunehmend in Bedrängnis.Vergrößern des BildesSein Ex-Anwalt Cohen wurde zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die Einschläge kommen näher: US-Präsident Trump gerät in der Russland-Affäre zunehmend in Bedrängnis. (Quelle: Reuters-bilder)
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In diesen Tagen wird klar: US-Präsident Donald Trump steht vor einem großen Haufen von Problemen. Der politische Gegner spricht schon von Amtsenthebung – wohl zunächst nur eine Drohgebärde.

Melania Trump hat das Weiße Haus vor Weihnachten festlich geschmückt. Sollte die Dekorationskunst der First Lady es geschafft haben, eine friedliche Stimmungslage zu vermitteln, so täuscht diese: Vor Tannenzweigen und Christbaumkugeln kämpft ihr Ehemann derzeit das, was viele in Washington als "die Schlacht seines Politikerlebens" nennen. Richter und Staatsanwälte beschäftigen sich mit Regierungshandeln, enge Vertraute des Präsidenten werden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Donald Trump steht so nah mit dem Rücken zur Wand wie wohl nie in den fast zwei Jahren seiner Präsidentschaft.

Der politische Gegner ruft nach einer Amtsenthebung, von einer Inhaftierung des Präsidenten nach Verlassen des Oval Office ist gar die Rede. Adam Schiff, demokratischer Kongressabgeordneter und eines der politischen Schwergewichte im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses, sagt so etwas mit einem Lächeln in die Kameras. Er weiß nur zu genau: Trump hat derzeit nicht die Kraft und nicht die Munition, um adäquat zurückzuschießen.

Streit auf offener Bühne

Sein Weißes Haus ist noch mehr in Unordnung geraten, als es das ohnehin schon von Beginn seiner Präsidentschaft an war. Trump tut sich sogar schwer, einen Stabschef zu finden, als Ersatz für den ab Jahresende befreiten John Kelly. Mick Mulvaney, der Haushaltschef, macht den Job jetzt kommissarisch mit – ein Mann, der Trump noch vor einiger Zeit als "furchtbaren Menschen" bezeichnete. Selbst Chris Christie, der sich noch zu Wahlkampfzeiten so oft wie möglich in Trumps Nähe gedrängelt hatte, winkte ab.

Trumps General im Weißen Haus hatte sich in internen Streitigkeiten aufgerieben und war bei Trumps Familienmitgliedern, Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, in Ungnade gefallen. "Sie schmeißen jetzt den Laden", zitierte die "New York Times" jüngst einen Insider. Kelly soll das Paar als "Dilettanten" bezeichnet haben, die versuchten, "Regierung zu spielen."

Dass er den Abschied Kellys bekannt gab, ohne einen Nachfolger sicher zu haben, und sein Favorit Nick Ayers ihn dann brüsk sitzen ließ – all das ist nur eine Personalie, aber auch ein wichtiges Indiz dafür, wie sich die Zustände im Hause 1.600 Pennsylvania Avenue derzeit präsentieren. Selbst mit allen Wassern gewaschene politische Reporter wie die CNN-Chefkorrespondentin Dana Bash riefen entgeistert "Wow!", als Trump sich am Dienstag auf offener Bühne und vor laufenden Kameras mit den Demokraten Nancy Pelosi und Chuck Schumer stritt – und dabei argumentativ nicht besonders gut aussah.

Gefängnisstrafe für Cohen

Den Boden für solcherlei Spektakel bereiten im Hintergrund juristische Auseinandersetzungen, gegen die Trump kein Gegenmittel zu haben scheint. Im Verfahren gegen seinen früheren Anwalt Cohen wurde ihm nunmehr selbst implizit vorgeworfen, mögliche Straftaten begangen zu haben – mit der Anordnung von Schweigegeldzahlungen an eine mutmaßliche frühere Gespielin.

Es gebe kaum eine Organisation, die jemals von Trump geleitet wurde, gegen die nicht ermittelt werde, schrieb die "Washington Post" jüngst. Eine Studie der britischen Universität Oxford kam fast zeitgleich zu dem Schluss, Russland habe kaum ein Mittel sozialer Medien ausgelassen, um die Regierung Trump zunächst ins Amt zu hieven und dann zu stützen. 2017 wurde der Aufwand noch einmal verdoppelt.

Cohen – von Trump inzwischen offen als "Ratte" bezeichnet, geht nun für drei Jahre ins Gefängnis – nicht ohne Trump auf dem Weg dahin noch gehörig einen mitzugeben: "Ich übernehme die volle Verantwortung für jede Tat, zu der ich mich schuldig bekannt habe: Meine persönlichen und diejenigen, an denen der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika beteiligt war", sagte Cohen laut CNN. Er habe es immer wieder als Pflicht empfunden, die "schmutzigen Taten zu vertuschen", die Trump begangen habe.

Lügen?

Auch in den Russland-Ermittlungen wird das Geläuf für Trump tiefer. Die Gefahr, in dem Sumpf irgendwie stecken zu bleiben, ist virulent. Spekuliert wird darüber, ob Cohen nach seinem Haftantritt am 6. März eingedenk der dann für ihn eintretenden Realität möglicherweise noch mehr einfallen könnte, was er den Ermittlern mitzuteilen hat.

Es ist wenig klar bei all den Ermittlungen gegen Trumps einstige Helferschar, gegen Leute wie Michael Flynn, Michael Cohen und Paul Manafort. Ein Wort aber kommt in all den Prozessakten besonders häufig vor: Lüge! Flynn hat gelogen, Cohen hat gelogen, Manafort hat nach Überzeugung der Ermittler gelogen.

Trump war angetreten mit der Ankündigung, Politik anders zu machen als das Establishment im für viele Amerikaner verhassten Politikbetrieb von Washington. Mit diesem Versprechen hat er bei seinen Stammwählern im Mittleren Westen gepunktet, der Hass auf die politische Klasse ist ausreichend groß. Allmählich aber lichtet sich das Dickicht, und zum Vorschein kommt ein Trump, der von Medien inzwischen vorsichtig mit einem Mafioso verglichen wird.

Mueller und die Russland-Affäre

Russland-Sonderermittler Robert Mueller, so schrieb der britische "Guardian" jüngst, wende bei seinem Vorgehen die Ermittlungsmethoden an, die auch im Kampf gegen das organisierte Verbrechen genutzt werden. Ob solcherlei Vergleiche tatsächlich berechtigt sind, mögen erst die nächsten Monate, vielleicht auch Jahre zeigen. Die Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre um Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2016 geht langsam voran und steht unter politischem Dauerbeschuss aus dem Weißen Haus. Kaum ein Tag vergeht, an dem Trump nicht per Twitter Stimmung gegen Mueller machen würde – mit wackerer Mithilfe seiner Parteisoldaten.

Der von Trump gefeuerte FBI-Chef James Comey sprach von "einer immerwährenden Schmach", die die Republikaner auf sich nähmen, wenn sie Trump weiter stützten. "Früher verstanden Republikaner, dass das Handeln eines Präsidenten wichtig ist, dass die Worte eines Präsidenten wichtig sind, die Gesetzestreue wichtig ist und dass die Wahrheit wichtig ist. Wo sind diese Republikaner heute", fragte er.

Fest steht auch, dass Trump es nie schwerer hatte als derzeit. Chuck Schumer und Nancy Pelosi, die führenden Demokraten in Senat und Abgeordnetenhaus, zeigten ihm in der vergangenen Woche schon einmal deutlich auf, woher der Wind mit einer demokratischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus wehen wird, wenn das Ergebnis der Parlamentswahlen vom November im Januar zum Tragen kommt. Dass es zum Impeachment, also zu einem Amtsenthebungsverfahren, kommen kann, damit beschäftigt sich nach Medienberichten der Präsident inzwischen auch selbst.

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Doch bei den Demokraten herrscht erst einmal große Zurückhaltung – nicht nur deswegen, weil die wohl notwendige Unterstützung aus Trumps eigener republikanischer Partei nicht erkennbar ist. "Es kann sein, dass wir dahin kommen, aber wir sind noch nicht dort", sagt der unabhängige Senator Angus King.

"Die Lügen müssen aufhören"

Bei den Demokraten besteht die Hoffnung, dass Muellers Team mit jedem Tag der Ermittlungsarbeit noch mehr Belastbares gegen den Präsidenten hervorbringt. Solange dies der Fall ist, wäre ein Schritt in ein formelles Verfahren geradezu töricht. Zu groß ist die Angst, dass die Wählerschaft den politischen Zirkus in Washington erneut abstraft und sich mit Trump solidarisiert, weil man dessen Vergehen als entschuldbar ansieht.


Ex-FBI-Chef James Comey vertritt die Ansicht: "Alle von uns müssen jeden Atemzug dazu nutzen, um sicherzustellen, dass die Lügen am 21. Januar 2021 aufhören." Mit anderen Worten: Trump muss abgewählt werden – mithilfe einer freien Wahl, dem schärfsten Schwert eines demokratischen Rechtsstaates.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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