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Donald Trump: Was wusste er über das angebliche Kopfgeld auf US-Soldaten?


Brisante Geheimdienstberichte
Kopfgeld auf US-Soldaten: Was wusste Trump?


Aktualisiert am 01.07.2020Lesedauer: 4 Min.
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Donald Trump, Wladimir Putin: Schwere Vorwürfe gegen Russland.Vergrößern des Bildes
Donald Trump, Wladimir Putin: Schwere Vorwürfe gegen Russland. (Quelle: Susan Walsh/ap)

Geheimdienstberichte über russische Kopfgeldzahlungen auf US-Soldaten sorgen für Empörung in Washington. Donald Trump will von alldem nichts gewusst haben. Wie kann das sein?

Jeden Morgen wird der amerikanische Präsident üblicherweise über neue Geheimdienst-Informationen unterrichtet. Der sogenannte "President's Daily Brief" ist ein streng geheimes, knappes Dokument zu Themen nationaler Sicherheit.

Es ist Pflichtlektüre – oder war es zumindest bis vor dreieinhalb Jahren.

Donald Trump hat an den schriftlichen Präsentationen nur begrenztes Interesse. Laut zahlreichen Medienberichten liest der Präsident nicht so gern, er möchte lieber mündlich informiert werden. Doch zuletzt wurden die Termine für das Geheimdienst-Briefing in seinen öffentlich zugänglichen Terminkalendern seltener. An vielen Tagen fallen sie demnach aus.

Ob der Präsident wirklich das wahrnimmt, was ihm seine Geheimdienste präsentieren, wird in Washington in diesen Tagen heftig diskutiert. Denn Trump steht unter heftiger Kritik. Berichte über angebliche Kopfgeldzahlungen in Afghanistan sorgen für Entrüstung. Der russische Militärgeheimdienst GRU soll Taliban-nahen Kämpfern Prämien für Anschläge auf Nato-Soldaten geboten haben, namentlich Briten und Amerikanern.

"Der Präsident liest sehr wohl"

Die Geheimdiensterkenntnisse hierzu landeten laut übereinstimmenden Medienberichten bereits Ende Februar auch im "President's Daily Brief" – doch das Weiße Haus behauptet, die Informationen seien bei Trump nicht angekommen. Am Dienstag gab seine Pressesprecherin zu Protokoll: "Der Präsident liest sehr wohl." Dies gelte auch für Geheimdienstberichte. (Ihre Aussage sehen Sie oben im Video oder hier.)

Das außergewöhnliche Statement war offenbar nötig, denn in Washington fokussiert sich die Debatte auf diese Fragen: Was wusste Trump wirklich über die Vorwürfe gegen Russland, die eine Eskalation in der amerikanisch-russischen Konfrontation bedeuten würden, weit über Afghanistan hinaus? Falls er wirklich nichts davon wusste: Wie kann das sein? Und falls er es doch wusste: Warum ließ er die Russen offenbar gewähren?

Verhöre, Bargeldfund, Spuren von Überweisungen

Ausgelöst wurde die Affäre durch einen Bericht der "New York Times" am Freitagabend. Mehrere US-Medien zogen nach und mittlerweile ist klar: Es gibt seit Anfang des Jahres Geheimdiensthinweise zu solchen Kopfgeldzahlungen. Die Informationen speisen sich laut den Berichten aus Verhören in Afghanistan, aus einem großen Bargeldfund in einem Talibanversteck und auch aus Spuren von großen Geldüberweisungen von einem Konto, das dem GRU gehören soll. Es wird in diesem Zusammenhang etwa ein Autobombenanschlag untersucht, bei dem im April 2019 drei US-Marineinfanteristen getötet wurden.

Im März hat der Nationale Sicherheitsrat im Weißen Haus über mögliche Gegenmaßnahmen gegen Russland diskutiert. Sogar die Briten wurden vergangene Woche darüber informiert. Das alles ohne Wissen des Präsidenten?

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

NSA gegen CIA

Tatsächlich beurteilt die NSA, die für elektronische Überwachung zuständig ist, die Faktenlage wohl skeptischer als die CIA, die in ihrer Arbeit eher auf menschliche Informanten setzt. Das berichtet das "Wall Street Journal". Es gibt mehr als ein Dutzend US-Geheimdienste und es kommt häufig vor, dass sie Informationen unterschiedlich beurteilen – das ist aber in der Regel kein hinreichender Grund für den Geheimdienstkoordinator, dem Präsidenten im "Daily Brief" eine Information mit solcher Tragweite vorzuenthalten.

Die Enthüllungen sorgen in Washington für Unverständnis und Zorn. Herausforderer Joe Biden warf dem Oberbefehlshaber Trump am Dienstag eine Verletzung seiner Amtspflichten vor, weil er sich nicht um den Schutz seiner Soldaten kümmere. Auch unter Trumps Parteifreunden ist die Verwunderung groß. Die ranghohe Republikanerin Liz Cheney aus dem Repräsentantenhaus verlangte vom Weißen Haus Erklärungen, wer wann davon gewusst habe und "was als Reaktion getan wurde, um unsere Truppen zu beschützen und Putin zur Rechenschaft zu ziehen".

Am Montag begann das Weiße Haus, hinter verschlossenen Türen Abgeordnete über die Kenntnisse zu den Vorwürfen zu unterrichten. Dass der Kreml und die Taliban die Berichte dementierten, macht in Washington keinen Eindruck.

Hier liegt Trump mit seiner Regierung über Kreuz

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf zwei Politikfelder, bei denen Trump und sein Regierungsapparat immer wieder über Kreuz liegen: den Abzug aus Afghanistan sowie den Umgang mit Russland.

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Aus Afghanistan will Trump die US-Soldaten abziehen, lieber gestern als heute. Noch vor der Präsidentschaftswahl im November soll ein Großteil der Truppen heimkommen – es war eines seiner Wahlversprechen. Nach der Unterzeichnung eines grundsätzlichen Friedensabkommens im Februar sind die Gespräche mit den Taliban sowie die innerafghanischen Verhandlungen ins Stocken geraten.

Trump wollte im vergangenen Jahr eine Delegation der Taliban sogar auf den Präsidentensitz Camp David einladen, ausgerechnet Anfang September, drei Tage vor dem Jahrestag des 11. September, der ursprünglich zum Afghanistankrieg geführt hatte. Nach einem Aufschrei innerhalb seines Apparats legte Trump die Idee beiseite.

Heikles Thema einfach verschwiegen?

Trumps nachsichtiger Umgang mit Russlands Präsident Wladimir Putin ist wohlbekannt. So zweifelt der US-Präsident etwa öffentlich immer wieder die Erkenntnisse seiner Geheimdienste zur russischen Wahleinmischung an. Trump sieht Berichte über Russlands Aktivitäten oft als Makel auf seinem Wahlsieg 2016.

Diese Dynamik hat laut einem Enthüllungsbericht der "Washington Post" aus dem Jahr 2017 so weit geführt, dass die Geheimdienstler in ihrem Briefing geneigt seien, das Thema Russland ganz auszusparen – weil der Präsident so empfindlich darauf reagiere.

Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht und wird es womöglich nie geben. Doch im momentanen Rätselraten könnte der Bericht einen zumindest halbwegs plausiblen Hinweis darauf liefern, warum Trump von den explosiven Berichten über russische Kopfgeldzahlungen nichts gewusst haben könnte.

Verwendete Quellen
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