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Impeachment von Donald Trump: Ein 145 Jahre alter Fall wird zum Problem


Ein 145 Jahre alter Fall wird zum Problem für Donald Trump


13.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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"Jetzt müssen die Republikaner Farbe bekennen": Washington-Korrespondent Fabian Reinbold kommentiert das Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten und schätzt ein, was die Republikaner jetzt machen müssen. (Quelle: t-online)

Rassismus, Korruption, Machtmissbrauch: Das Impeachment ist so alt wie die amerikanische Verfassung. In 233 Jahren gab es einige Affären und Skandale. Einer könnte den Demokraten nun im Verfahren gegen Trump in die Karten spielen.

Donald Trump hat etwas geschafft, was noch kein anderer US-Präsident vollbracht hat: Zum zweiten Mal wird gegen ihn ein Amtsenthebungsverfahren gestartet. Schon mit dem ersten vor einem Jahr schrieb er Geschichte: Vor ihm mussten sich nur zwei Präsidenten einem solchen Verfahren stellen. Ein Überblick über die Historie des Impeachments:

Das Konzept der Amtsenthebung durch das Parlament kommt aus England und wurde von dort von den Gründungsvätern der Vereinigten Staaten übernommen. Die Idee: Ein Regierungsmitglied oder -beamter kann vom Repräsentantenhaus angeklagt werden, der Senat entscheidet in Gerichtsfunktion über die Zukunft des Amtsträgers. 1789 begann das erste Verfahren gegen einen Senator aus Tennessee, seitdem endete etwa die Hälfte mit der Entfernung des Angeklagten aus seiner Position.

"Hochverrat, Bestechlichkeit oder andere schwerwiegende Verbrechen oder Fehlverhalten"

Die Gründe für eine Amtsenthebung sind bereits in der ursprünglichen US-Verfassung von 1788 festgelegt: "Hochverrat, Bestechlichkeit oder andere schwerwiegende Verbrechen oder Fehlverhalten". Über die Auslegung dieser Formulierung streitet man sich jedoch, seitdem sie existiert. Zur Interpretation der Verfassung werden häufig die sogenannten "Federalist Papers" hinzugezogen – anonym veröffentlichte Aufsätze einiger Gründerväter, die die Bevölkerung in den Jahren 1787 und 1788 vom Verfassungsentwurf überzeugen sollten. Dort wird das Impeachment als eine Methode beschrieben, mit der das Verhalten von Personen in öffentlichen Positionen untersucht werden kann, die im Verdacht stehen, das öffentliche Vertrauen verletzt zu haben.


Vergangene Impeachment-Verfahren haben jedoch gezeigt, dass der Erfolg oder Misserfolg vor allem vom politischen Willen abhängt: In der Regel müssen sich auch Mitglieder der eigenen Partei gegen den Beschuldigten stellen. Während im Repräsentantenhaus eine einfache Mehrheit ausreicht, braucht es im Senat für eine Amtsenthebung eine Zweidrittelmehrheit.

Das erste Verfahren gegen einen Präsidenten

Deutlich wurde dies auch beim ersten Amtsenthebungsverfahren, dem sich ein Präsident stellen musste: Nach dem Tod Abraham Lincolns wurde 1865 Andrew Johnson, der vorherige Vize, Präsident der USA. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg plädierte er für einen nachsichtigeren Umgang mit den Südstaaten – Johnson war bekannter Rassist. Er blockierte etliche Gesetzesvorhaben des Kongresses zur Gleichstellung ehemaliger Sklaven, begnadigte hunderte Konföderierte und forderte den Tod seiner Gegner.

Als er den noch von Lincoln eingesetzten Kriegsminister Edwin Stanton absetzte, welcher sich für Bürgerrechte für die befreiten Afroamerikaner einsetzte, und ohne den Senat einen neuen Minister ernannte, war das Fass übergelaufen.

Im Kongress wurde er offiziell wegen der Causa Stanton angeklagt – im Grunde ging es jedoch um seine Unterwanderung des Ziels der Rassengleichheit. Im Repräsentantenhaus kam sogar eine Zweidrittelmehrheit zusammen, im Senat fehlte jedoch eine einzige Stimme für seine Amtsenthebung.

Richard Nixon: Rücktritt vor der Amtsenthebung

1974 kam es fast zu einem zweiten Impeachment-Verfahren gegen einen Präsidenten: Die Watergate-Affäre sollte Richard Nixon das Amt kosten. Der Justizausschuss des Repräsentantenhauses hatte wegen des Lauschangriffs auf die Demokraten eine Anklageerhebung gegen den Präsidenten beschlossen. Es war schon alles für das Verfahren vorbereitet – Nixon kam der Abstimmung jedoch zuvor, indem er am 9. August 1974 zurücktrat. Seine Absetzung durch den Senat hatte damals als nahezu sicher gegolten.

Clinton: Fehlverhalten, aber nicht schwerwiegend

Der zweite Präsident, der sich tatsächlich einem Impeachment-Verfahren stellen musste war Ende 1998 Bill Clinton. Seine Affäre mit der Weißes-Haus-Praktikantin Monica Lewinsky wurde im Januar 1998 öffentlich und sorgte für einen Skandal – zumal er eine sexuelle Beziehung zunächst vehement abstritt.

Nachdem Clinton sein Dementi auch vor Gericht wiederholte, obwohl es Beweise für die Affäre gab, und er somit offensichtlich vor der Justiz log, wurde im Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gestartet. Im Senat entstand jedoch keine Mehrheit – der Tenor hier: Das Verhalten Clintons war nicht richtig, entspräche aber nicht dem Vorwurf "schwerwiegende Verbrechen oder Fehlverhalten".

Trump, Runde eins

2019 begann dann das erste Verfahren gegen Donald Trump. Auslöser hier: die Ukraine-Affäre. Trump hatte Kiew zu Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden und dessen Sohn gedrängt, er wollte damit an belastendes Material gegen seinen späteren Wahlherausforderer gelangen. Damit habe er die Nation betrogen, urteilte der Justizausschuss des Repräsentantenhauses. Im Senat fiel die Abstimmung jedoch fast parteigetreu aus, es kam zu keiner Mehrheit. Die Wähler sollten über die Zukunft Trumps entscheiden, hieß es damals von den Republikanern.

Nun ist Donald Trump abgewählt – und muss sich aller Voraussicht nach dennoch einem zweitem Amtsenthebungsverfahren stellen. Die Abstimmung im Senat kann wahrscheinlich jedoch erst am 20. Januar stattfinden, nach der Vereidigung Bidens als neuer Präsident. Trump wäre somit gar nicht mehr im Amt, während über seine Amtsenthebung entschieden wird.

Amtsenthebung nach Ende der Amtszeit?

Das ist in der Geschichte der USA zwar ungewöhnlich, aber nicht einzigartig: 1876 startete das Repräsentantenhaus ein Verfahren gegen den Kriegsminister William Belknap. Dieser hielt sein Amt fast acht Jahre, und wurde in Washington für seinen extravaganten Lebensstil und seine ausschweifenden Partys bekannt. Er verdiente jedoch als Minister nur 8.000 Dollar im Jahr – auch zu damaligen Zeiten viel zu wenig für solch eine Lebensweise. Anfang 1876 kam dann die Wahrheit ans Licht: Ein Komitee des Repräsentantenhauses hatte Beweise für Belknaps Verstrickungen in Korruption und Bestechung.

Am 2. März 1876 sollte das Repräsentantenhaus abstimmen – wenige Minuten vorher reichte Belknap unter Tränen seinen Rücktritt bei Präsident Ulysses Grant ein. Im Repräsentantenhaus stimmte man trotzdem ab – einstimmig für die Amtsenthebung Belknaps. Im Senat beriet man sich daraufhin, wie mit dem Verfahren umzugehen sei, und kam zu dem Schluss, auch zum Impeachment von ehemaligen Regierungsmitgliedern berechtigt zu sein. Es kam jedoch keine Zweidrittelmehrheit zustande und Belknap wurde nicht weiter belangt.

Für Donald Trump könnte der Fall jetzt aber zum Problem werden: Unter amerikanischen Verfassungsrechtlern wird derzeit debattiert, ob der Noch-Präsident auch nach dem Ende seiner Amtszeit noch Konsequenzen zu fürchten haben kann. William Belknap könnte zum Präzedenzfall werden.

Verwendete Quellen
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