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Abwahl in Kalifornien: Stürzt Gavin Newsom, könnte auch Joe Biden fallen


Abwahlverfahren in Kalifornien
Stürzt Gavin Newsom, könnte auch Joe Biden fallen

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

14.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Unterstützung, um sich selbst zu retten: Joe Biden hilft Gavin NewsomVergrößern des Bildes
Unterstützung, um sich selbst zu retten: Joe Biden hilft Gavin Newsom

Die Chance, dass Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom heute abgewählt werden könnte, alarmiert Demokraten im ganzen Land. Selbst für Joe Biden wird es gefährlich.

Sollte es heute in Kalifornien schlecht laufen für die Demokraten, könnte selbst Joe Bidens Präsidentschaft in Gefahr geraten. Im bevölkerungsreichsten und drittgrößten Bundesstaat der USA endet am Dienstagabend (Ortszeit) ein von den Republikanern bewerkstelligtes Abwahlverfahren gegen den demokratischen Gouverneur Gavin Newsom.

Gelingt das Vorhaben der Republikaner, droht den Demokraten nicht nur der Verlust des Gouverneurspostens. Noch vor den Zwischenwahlen im kommenden Jahr könnte auch ihre ohnehin nur hauchdünne Mehrheit im US-Senat wackeln. In jedem Fall wäre eine Niederlage Newsoms ein verheerendes Signal für Bidens Präsidentschaft. Ausgerechnet Kalifornien an die Republikaner zu verlieren. Um jeden Preis soll das verhindert werden.

Unterstützung, um sich selbst zu retten

Panik machte sich zuletzt breit bei den Demokraten. Umfragen im August ließen den Schluss zu, dass womöglich zu wenige der eigenen Wähler ihre Stimme gegen eine Abwahl Gavin Newsoms abgeben würden. Auch deshalb sind sie alle zu einer kostspieligen Notrettungsmission an die Westküste gekommen:

Vergangene Woche war bereits die US-Vizepräsidentin Kamala Harris in ihren Heimatbundesstaat gereist, um den bisweilen hilflos agierend wirkenden Gouverneur im Endspurt noch irgendwie zu unterstützen. Auch US-Präsident Joe Biden legte sich ins Zeug, reiste am Montag extra nach Kalifornien, sprach auf Newsoms Wahlkampfveranstaltung und warnte vor den Trumpisten. "Mit Nein zu stimmen heißt, Kalifornien vor Trump zu schützen", rief er.

Selbst Ex-Präsident Barack Obama ließ vor einigen Tagen einen Werbespot verbreiten, in dem er die Kalifornier dazu aufruft, mit Nein, also gegen die Abwahl des Gouverneurs zu stimmen. "Ihre Stimme könnte den Unterschied machen zwischen dem Schutz unserer Kinder oder sie einem Risiko auszusetzen."

Die Trickkiste der Republikaner

Wie aber konnte es zu dieser Situation überhaupt kommen? Seit langem bekommen die Republikaner auf dem herkömmlichen Weg der Gouverneurswahlen keinen Fuß mehr auf den Boden. Kalifornien gilt als "tiefblauer Bundesstaat", in dem die demokratische Mehrheit derzeit als unumstößlich gilt.

Darum griffen die Republikaner in die Trickkiste. Seit 1911 ist es in Kalifornien möglich, den Regierungschef per Referendum auch während seiner laufenden Amtszeit abzuwählen. Voraussetzung dafür: Eine ausreichende Anzahl von Unterschriften muss zuvor bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesammelt worden sein. Die Republikaner hatten diese Stimmen irgendwann tatsächlich zusammenbekommen, weil ein Gericht wegen der Covid-19-Situation ihnen dafür einen längeren Zeitraum gewährt hatte.

Schon im Februar 2020 hatten die Republikaner die Abwahl von Newsom angestrengt. Ihre Kritik an ihm: Er bekomme die illegale Migration nicht in den Griff, verlange zu hohe Steuern, die Obdachlosenquote explodiert, die Lebensqualität hingegen sinke immer weiter. Dann kam Covid-19 und zu den Anschuldigungen kam hinzu: Newsoms Covid-19-Regeln seien zu strikt und er selbst würde sich nicht daran halten. Tatsächlich war der Gouverneur beim Feiern ohne Maske erwischt worden.

Wenn es schiefgeht, könnte es richtig schiefgehen

Heikel ist die Situation für die Demokraten vor allem wegen des Abstimmungsverfahrens. Jeder wahlberechtige Kalifornier hat Wahlunterlagen bekommen, in denen er zwei Fragen beantworten soll. "Die erste lautet: Soll Gavin Newsom als Gouverneur abberufen werden?" In einer zweiten haben die Abstimmenden dann die Auswahl zwischen immerhin 46 Kandidaten, die stattdessen neuer Gouverneur werden sollen.

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Das bedeutet: Gavin Newsom benötigt mindestes 50 Prozent aller Stimmen, plus eine. Dann bleibt er Gouverneur. Erreicht er aber nur 50 Prozent oder weniger, ist er abgewählt und derjenige Kandidat ist Gouverneur, der bei der zweiten Frage die meisten Stimmen bekommen hat. Das heißt: Selbst ein Kandidat, der womöglich nur 18 Prozent der Stimmen bekommen hat, könnte schließlich der neue Regierungschef sein, obwohl Newsom bei der ersten Frage mehr Stimmen erreicht haben könnte.

Als einer der umstrittensten und aussichtsreichsten Kandidaten gilt der Radiomoderator Larry Elder. Er lehnt etwa schärfere Waffengesetze und den Mindestlohn ab. Er hat bereits den menschengemachten Klimawandel bestritten und Polizisten verteidigt, die schwarze Amerikaner erschossen haben.

Aber auch der ehemalige Bürgermeister von San Diego, Kevin Faulconer, liegt gut im Rennen, der Geschäftsmann John Cox, der regionale Abgeordnete Kevin Kiley und der TV-Star Caitlyn Jenner. Als einer der wenigen Demokraten stellt sich Kevin Paffrath zur Wahl.

Worstcase-Szenario: der Verlust der Senatsmehrheit

Alles in allem könnte sich schließlich ein echtes Worstcase-Szenario für die Demokraten und für den US-Präsidenten entwickeln. Denn der Gouverneur von Kalifornien ist in bestimmten Fällen berechtigt, auch einen Senator oder eine Senatorin für Washington zu ernennen. So ernannte Gavin Newsom nach der Präsidentschaftswahl den Demokraten Alex Padilla zum Nachfolger im Senat für die neue Vizepräsidentin Kamala Harris.

Für Kalifornien sitzt noch eine zweite Senatorin im Kongress: Die 88 Jahre alte Dianne Feinstein. Wegen ihres sehr hohen Alters geht bei den Demokraten die Angst um: Was, wenn Feinstein erkranken oder sogar sterben sollte? Dann könnte ein republikanischer Gouverneur einen Republikaner für den Senat benennen. Die hauchdünne Mehrheit für die Demokraten wäre dahin. Joe Bidens große Pläne noch leichter zu blockieren als ohnehin schon.

"Denkt an die Konsequenzen! Kalifornien, das alles steht am 14. September auf dem Spiel!", rief Gavin Newsom deshalb auf einer der letzten Wahlkampftermine seinen Zuschauern entgegen. Er warnte vor Chuck Schumer als einem möglichen Mehrheitsführer im US-Senat.

Es könnte tatsächlich spannend werden, bis ein endgültiges Ergebnis feststeht. Der Anteil der Briefwähler ist hoch und die Teilnehmer dürfen ihre Unterlagen einschließlich des heutigen Tages noch abschicken.

Viel hängt davon ab, wie viele demokratisch geneigte Wähler wirklich ihre Stimme abgegeben haben werden. Sind es viele, gilt es als ausgemacht, dass Newsom im Amt bleibt. In einer Umfrage von YouGov lag der Anteil der "Nein"-Wähler bei rund 57 Prozent. Für eine Abwahl wollen demnach 43 Prozent stimmen. Bei einer kürzlich veröffentlichen Umfrage der Trafalgar-Group waren es schließlich aber nur 53 Prozent, die für einen Verbleib stimmen wollen. Kritisch werden für Newsom könnte insbesondere eine geringe Wahlbeteiligung bei Latinos. Laut Zahlen von Political Data Intelligence sollen von ihnen verhältnismäßig wenige ihre Stimme abgegeben haben.

Verwendete Quellen
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