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Olaf Scholz in den USA: Einmal Star und zurück


Scholz' Kurztrip in die USA
Einmal Star und zurück

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 14.10.2021Lesedauer: 4 Min.
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Kanzler ante portas? Olaf Scholz vor dem Weißen Haus in Washington.Vergrößern des Bildes
Kanzler ante portas? Olaf Scholz vor dem Weißen Haus in Washington. (Quelle: Thomas Köhler/photothek.de/imago-images-bilder)

Olaf Scholz fliegt nach Washington, während SPD, Grüne und FDP um eine Koalition ringen. Was in Berlin manchen irritiert, könnte dem Finanzminister jedoch dabei helfen, Kanzler zu werden.

Als Olaf Scholz die Weltbühne in Washington betritt, will er seinen Erfolg zunächst auf Englisch verkünden: "This is a very special moment", sagt der Finanzminister, der gerne Deutschlands nächster Kanzler werden will. Hinter ihm das Weiße Haus, das er als Kulisse für sein Statement zur globalen Mindeststeuer aufgesucht hat. Vor ihm die deutsche und auch die internationale Presse. Neben ihm die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland. Sie lobt ihn überschwänglich.

"Thank you very much, Olaf", bedankt sich Freeland. Sie sei sehr glücklich, hier mit ihm zu stehen. Denn er persönlich sei es gewesen, der seit Jahren ganz besonders für die globale Mindeststeuer von 15 Prozent für Unternehmen gekämpft habe. Für einen Moment neigt Scholz seinen Kopf freundlich in Richtung seiner Verbündeten. Es wirkt, als würde er gern ganz leise Danke sagen.

Es ist Mittwochvormittag in Washington. Scholz, Freeland und die anderen G20- und G7-Finanzminister verhandeln bei der jährlichen IWF-Herbsttagung in Washington gerade ein verbindliches Abschlussdokument zu einer globalen Mindeststeuer. Dieser wichtige Abschlussakkord ist auch der Grund für Scholz' Reise in die USA, die mitten in die Ampelsondierungen in Berlin fällt. Darum ist er nur mal eben in den USA: rund anderthalb Tage, eng getaktet, wenig Schlaf. Bereits am Freitag soll in Berlin Vollzug vermeldet werden, um in die Koalitionsverhandlungen einzutreten.

Scholz ist gefragt wie nie zuvor

136 Länder haben sich bereit erklärt, bei dem Projekt mitzumachen, auch die großen Weltkonzerne zumindest minimal zu besteuern. Schon ab dem Jahr 2023 soll die Mindeststeuer von 15 Prozent gelten. Das "race to the bottom" werde damit beendet, sagt Scholz stolz und meint damit den Wettkampf der Länder, Unternehmen mit immer geringeren Steuersätzen anzulocken. Damit habe vor ein paar Jahren noch keiner gerechnet, sagt der Finanzminister. Seine implizite Botschaft: Ebenso wenig, wie die meisten mit meiner Kanzlerschaft.

Bei dieser Reise nach Washington geht es natürlich auch ums Gesehenwerden. Der SPD-Minister kann es genießen. Er ist in der US-Hauptstadt gefragt wie nie. Vor allem die internationale Presse will gerne Interviews. Nur ein Team der BBC bekommt zu spät mit, dass da gerade der mögliche Merkel-Nachfolger vor dem Weißen Haus steht. Doch noch ist Scholz nicht Kanzler. Und darum muss er schnell zurück nach Berlin. "Vor Weihnachten", sagt er, solle die Koalition stehen. Dann will er Kanzler sein.

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Ein bisschen Kitt für Ampel-Verhandlungen

Für diesen Plan kommt ihm die globale Mindeststeuer nicht ungelegen. Das hat nicht nur damit zu tun, dass Scholz seit Jahren für sie kämpft, also beweisen kann, dass er Dinge hinbekommt. Für Scholz wäre sie auch ein finanzieller Erfolg, der ihm bei der Ampel helfen könnte. Das Ifo-Institut prognostiziert, Deutschland habe dadurch rund fünf Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen pro Jahr.

Das wäre zwar nur rund ein Prozent des aktuellen Bundeshaushalts. Aber es ist Geld, das Scholz gut gebrauchen kann, wenn er die Wünsche der FDP (keine Steuererhöhungen), der Grünen (große Klimainvestitionen) und der SPD (viel sozialer Ausgleich) in Einklang bringen will.

Ausgerechnet die USA, deren Finanzministerin Janet Yellen Scholz bei den G20- und G7-Beratungen ebenfalls getroffen hat, könnten aber doch noch zum Problem werden. Ein neues Steuergesetz müsste womöglich durch den US-Senat, der chronisch blockiert ist. Eine vertrackte Situation, auf die sich der mögliche Kanzler Scholz bei den transatlantischen Freunden auch bei vielen anderen Themen schon einstellt.

Ein wenig vom Glanz des internationalen Pomps will Scholz von seinem Washingtonbesuch aber auch nach Berlin mitbringen, wo er am Donnerstagvormittag landet. Er unterstreicht auf der internationalen Bühne seinen Führungsanspruch, betont – ganz Angela Merkel – den Multilateralismus und lässt die Welt von seinen Verhandlungsfähigkeiten und seiner internationalen Vernetztheit wissen. Dafür sind Bilder vor dem Weißen Haus immer hilfreich.

Wann trifft Olaf Scholz auf Joe Biden?

Den darin amtierenden US-Präsidenten Joe Biden hat Scholz bislang allerdings noch nie getroffen. Auch bei diesem Kurztrip nach Washington ist das nicht geschehen. Protokollarisch wäre es dafür auch einen Schritt zu früh. Ende Oktober könnte es allerdings zu einem ersten Treffen mit Biden kommen. Die Kanzlerin reist mit Scholz zum G20-Gipfel nach Rom. Und auch zu dem für Joe Biden wichtigen Klimagipfel nach Glasgow könnte Scholz mitkommen. Das sei allerdings noch nicht entschieden, heißt es aus dem Finanzministerium.

Am Washingtoner Flughafen Dulles hat Scholz den Airbus der Flugbereitschaft am Mittwochabend vorerst noch als Finanzminister bestiegen. Im Gepäck hat er das historische Abschlussdokument der G20-Finanzminister. Darin ist dieser wichtige Satz zu lesen: "We endorse the final political agreement." In der Diplomatensprache ist diese Formel – "Wir befürworten die endgültige politische Einigung" – die deutlich verbindlichere Variante, als ein bloßes "Wir nehmen zur Kenntnis".

Zurück in Berlin könnte Scholz allerdings schnell merken, dass es komplizierter sein kann, drei Parteien in Deutschland zusammenzubringen als 136 Staaten. Aber Scholz ist sich sicher, dass er auch das schafft. Bis Weihnachten soll die Regierung stehen. Und die nächste Neujahrsansprache entsprechend von ihm kommen.

Verwendete Quellen
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