5.000 Soldaten in Litauen Ein Kraftakt für die Bundeswehr

Die Zeitenwende erreicht die Nato-Ostflanke: Bis 2027 sollen rund 5.000 Bundeswehrangehörige in Litauen stationiert sein.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) reisen am Donnerstag zum offiziellen Aufstellungsappell der neuen Bundeswehr-Brigade in Litauen nach Vilnius. Mit der Brigade betritt die Bundeswehr Neuland: Erstmals entsendet sie eine Kampfbrigade dieser Größe dauerhaft ins Ausland.
Rund 5.000 Soldaten sollen in dem Baltenstaat stationiert werden, um die Nato-Ostflanke angesichts der Bedrohung durch Russland zu stärken. Die Bundesregierung betrachtet die neue Brigade als ein "Leuchtturmprojekt" der sicherheitspolitischen Zeitenwende infolge des Ukraine-Kriegs.
Was ist das Besondere an der Bundeswehr-Brigade in Litauen?
Das Bundesverteidigungsministerium bezeichnet die Aufstellung der Panzerbrigade in Litauen als "eines der komplexesten und ambitioniertesten Vorhaben der Bundeswehrgeschichte". Nie zuvor hatte sie so viele Soldatinnen und Soldaten auf Dauer im Ausland stationiert. Die Kampfbrigade soll bis 2027 rund 5000 Bundeswehr-Angehörige umfassen, unter ihnen 200 zivile Mitarbeiter.
Wenn sie wollen, können sie dabei ihre Familien nach Litauen mitnehmen. Für Ehepartner und -partnerinnen sowie Kinder sollen in den Großstädten Vilnius und Kaunas Wohnsiedlungen, Arbeitsmöglichkeiten, Kitas, Schulen und Freizeitangebote geschaffen werden.
Welches politische Signal soll von der Stationierung ausgehen?
Mit der Brigade in Litauen will die Bundesregierung nach eigenen Angaben ein klares Bekenntnis zur Nato und zu den Bündnisverpflichtungen abgeben. Deutschland leiste damit seinen "Beitrag zur Abschreckung an der Nato-Außengrenze", sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Januar bei einem Besuch in Litauen.
Litauen und die beiden anderen Baltenstaaten Lettland und Estland fürchten, sie könnten von Russland ins Visier genommen werden, da Präsident Wladimir Putin sie als Teil der russischen "Einflusssphäre" betrachtet.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Den Fahrplan für die Stationierung hatten die deutsche und die litauische Regierung 2023 vereinbart. Im April 2024 machte sich zunächst ein Vorkommando auf den Weg nach Litauen, um den Aufbau der Brigade vorzubereiten. Inzwischen sind rund 400 Bundeswehrangehörige vor Ort. Anfang April wurde die Brigade formal in Dienst gestellt. Sie soll schrittweise aufgebaut werden, Mitte 2026 soll die Personalstärke bei rund 2000 Soldaten liegen.
Voll einsatzfähig soll die Brigade im Jahr 2027 sein. Beteiligt werden sollen ein Panzergrenadierbataillon aus dem bayerischen Oberviechtach und ein Panzerbataillon aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen. Auch die Soldaten des von der Bundeswehr geführten multinationalen Nato-Kampfverbandes in Litauen werden in die Brigade eingegliedert.
Wie ist die aktuelle Lage in Litauen?
Die kleine Republik liegt eingekeilt zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und Russlands Verbündetem Belarus. Damit ist Litauen nach Einschätzung des Bundesverteidigungsministeriums "der gefährdetste Staat an der Ostflanke der Nato".
Als Reaktion auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim hatte die Nato bereits 2017 mehrere sogenannte Battlegroups an die Ostflanke verlegt. Eine Battlegroup unter deutscher Führung ist in der litauischen Stadt Rukla stationiert.
Gibt es Zweifel an den Plänen?
Für die Bundeswehr bedeutet die Stationierung in Litauen einen Kraftakt. In der Truppe fehlt es aber vielerorts an Material und Personal. Das Dauer-Engagement im Baltikum, so die Befürchtung, könnte die Bundeswehr überfordern. Unklar ist zudem, inwieweit Familienangehörige von Soldaten überhaupt bereit sind, dauerhaft nach Litauen umzusiedeln.
Der Bundestag verabschiedete Ende Januar – insbesondere mit Blick auf die neue Brigade in dem Baltenstaat – ein Gesetz, das die Arbeit in der Bundeswehr attraktiver machen soll. Es umfasst unter anderem flexiblere Arbeitszeitregelungen, finanzielle Anreize bei Besoldung und Versorgung sowie Änderungen im soldatischen Dienstrecht.
- Nachrichtenagentur AFP